OLG München: VG Wort darf nicht pauschal an Verlage ausschütten (Update)
Das Gericht entschied: der Verlegeranteil wäre nur dann berechtigt, wenn die Urheber den Verlagen die entsprechenden Ansprüche zuvor abgetreten haben. Das war bei Vogel nicht der Fall. Das vollständige Urteil inklusive Begründung wird den Beteiligten erst in den kommenden Tagen zugestellt. Die VG Wort will erst dann Stellung beziehen. Der Pressesprecher des OLG gab allerdings eine Erläuterung heraus.
Vogel hatte 2011 gegen die VG Wort geklagt, weil er deren Vergütungspraxis für rechtswidrig hält. Diese benachteilige die Autoren. Das Landgericht München gab ihm Ende Mai 2012 in erster Instanz Recht (das Urteil als PDF, 1,6 Mb). Der pauschale Abzug des Verleger-Anteils bei Vogels VG-Wort-Ausschüttungen sei unzulässig, weil Vogel – so wie viele andere Autoren – seine Vergütungsansprüche komplett der VG Wort abgetreten hatte – und eben nicht an die Verlage. Zudem verurteilte das Gericht die VG Wort dazu, offen zu legen, wer in welcher Höhe an den Tantiemen des Autors beteiligt wurde (Aktenzeichen: 7 O 28640/11).
Hintergrund: 2008 war Paragraf 63a des Urheberrechtsgesetzes geändert worden. Damit wurde es möglich, gesetzliche Vergütungsansprüche an Verlage abzutreten, wenn die Verlage sie durch eine gemeinsame Vergütungsgesellschaft wahrnehmen lassen. Doch weil die VG Wort nicht im Einzelfall prüft, welcher Urheber welche Vergütungsansprüche an Verlage abgetreten hat, sondern den Urhebern pauschal einen Verlegeranteil von ihren Ausschüttungen abzieht – bei Wissenschaftsliteratur 50 Prozent –, hatte Vogel geklagt. Nach dem Urteil vom Mai 2012 war die VG Wort in Berufung gegangen und hatte die Ausschüttungen an ihre Berechtigten zunächst komplett gestoppt. Später entschied sie, das Geld „unter Vorbehalt“ auszuzahlen, entsprechend dem bislang praktizierten Schlüssel.
Das Urteil des OLG München könnte zur Folge haben, dass die Verlage dieses Geld an die VG Wort zurückzahlen müssen, und die VG Wort es dann an die Autoren nachträglich umverteilen muss. Nach Vogels eigener Einschätzung sind in den Jahren seit 2008 mehrere Hundert Millionen Euro falsch verteilt worden.
Die VG Wort muss nun entscheiden, ob sie weiterhin nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel ausschüttet und in Revision geht. Sollte es zur Revision kommen, wäre mit einer abschließenden Klärung erst in etwa 2 Jahren zu rechnen.
Reaktionen (Update)
Der Urheberrechtler Thomas Hoeren (Uni Münster) hält es für möglich, dass Verlage in Folge des Urteils die Urheber unter Druck setzen. „Wenn es dem Urteil zufolge darauf ankommt, was vertraglich vereinbart ist, werden die Verlage zukünftig versuchen, sich die Rechte im Voraus von den Autoren abtreten zu lassen“, so Hoeren bei carta.info. Sowohl Hoeren als auch der Kläger Martin Vogel bezweifeln allerdings, ob solche Verträge mit dem AGB-Recht vereinbar sind. So könnten sie eine unangemessene Benachteiligung der Urheber darstellen.
Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) befürchtet weitere Rechtsunsicherheit für die Wahrnehmungsberechtigten der VG Wort bis der Fall letztgültig geklärt ist. Auch könne der Rechtsstreit eine Schwächung der VG Wort zur Folge haben, sollten etwa einzelne Verlage aus der gemeinsamen Verwertungsgesellschaft aussteigen, so DJV-Sprecher Hendrik Zörner gegenüber iRights.info. Für eine echte Bewertung müsse man allerdings das schriftliche Urteil abwarten.
3 Kommentare
1 dr. motte am 17. Oktober, 2013 um 19:44
ich persönlich empfinde es als gute sache, dass es jetzt ein urteil des OLG münchen gibt, welche die position der urheber stärkt. pauschale beträge fließen ja nicht nur bei der vg wort zu den gr. verlagen, sondern auch bei der gema zu den majors. der börsenverein hatte doch die vg wort gegründet?
genauso wie die musiker, sich eine GEMA alternative mit der C3S gegründet haben, können sich autoren ebenfalls eine alternative zur vg wort gründen. das genossenschafts-model ist dabei die richtige körperschaft. vor 1933 gab es eine vielzahl an verwertungsgeselschaften, die von dr. joseph goebbels monopolisiert wurden siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Gesellschaft_f%C3%BCr_musikalische_Auff%C3%BChrungs-_und_mechanische_Vervielf%C3%A4ltigungsrechte#Vorl.C3.A4ufer_in_den_Jahren_1902_bis_1933
außerdem brauchen wir in deutschland ein gesetz für die urheberverwerter, welches genau definiert, was verwerter dürfen und was nicht…
2 John Hendrik Weitzmann am 22. Oktober, 2013 um 14:51
Zwei Hinweise dazu:
Es gibt für die Verwertungsgesellschaften bereits das spezielle “Urheberrechtswahrnemungsgesetz” (siehe Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Urheberrechtswahrnehmungsgesetz) und die sonstigen Verwertungsregeln machen den Hauptteil des Urheberrechtsgesetzes aus.
Und in Sachen Alternativen zur VG-Wort sei darauf hingewiesen, dass die C3S durchaus so konzipiert zu sein scheint, dass sie beliebige Werkarten wahrnehmen kann. Nur geht das natürlich nicht aus dem Stand. Sie fangen mit Musikrechten an, können dann aber mit dem Wachsen der Struktur auch Bild- und Textrechte bewirtschaften (so zumindest die Idee, wie sie beim Vorbereitungs-Workshop im Supermarkt letztes Jahr diskutiert wurde).
3 Prof.Dr- B. Gramberg-Danielsen am 25. August, 2014 um 15:17
Empörend, dass die Autoren derart lange um ihr Geld gebrach werden. Dr Prozess ist ja schon vor Jahren vom LG München überzeugend beendet worden.
Was sagen Sie dazu?