Vogel vs. VG Wort: DJV verteidigt Ausschüttungsstopp
Das Langericht München (LG München I) hatte Ende Mai einer Klage des Richters Martin Vogel in Teilen stattgegeben (AZ 7 O 28640/11, Volltext) und die Verteilungspraxis der VG Wort für teilweise unzulässig erklärt. Der pauschale Abzug des Verlegeranteils bei Vogels Ausschüttungen war demnach rechtswidrig. Die VG Wort kündigte Berufung gegen das Urteil an. Bis zu einer Prüfung des Urteils durch die zuständige Aufsichtsbehörde, das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA), stoppte die VG Wort sämtliche Ausschüttungen an ihre Berechtigten, auch die Zahlungen an die Autoren.
DJV: Auch der Autorenanteil ist umstritten
DJV-Justiziar Benno Pöppelmann verteidigt diese Entscheidung der VG Wort. Nach dem Urteil des LG München I komme es auf die „genaue Rechteverteilung“ der individuellen Rechte an. Pöppelmann interpretiert das Urteil so, dass möglicherweise nicht nur Verlage, sondern auch Autoren zu Unrecht begünstigt worden sind. „Weil das Urteil des LG München I den Schluss nahe legt, dass Ansprüche auch zu 100 Prozent Verlagen zustehen könnten, müssen alle Bereiche genau geprüft werden”, heißt es in der Stellungnahme des DJV.
Der Kläger Martin Vogel hatte im Interview mit iRights.info den generellen Ausschüttungsstopp der VG Wort kritisiert. „Den unstreitigen Anteil der meisten Autoren könnte man problemlos ausschütten”, so Vogel. „Nur der Verleger-Anteil ist umstritten.”
DJV: Entscheidung des DPMA abwarten
Vogel argumentiert außerdem, der pauschale Abzug des Verlegeranteils bei den VG-Wort-Ausschüttungen hätte schon vor Jahren aus rechtlichen Gründen gekippt werden müssen. Pöppelmann sieht das anders. Bis zum jüngsten Urteil des Landgerichts München konnte die VG Wort laut Pöppelmann auf der Grundlage des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes, des Urheberrechtsgesetzes, ihrer Satzung und der Beschlüsse der Mitgliederversammlung davon ausgehen, “dass die Verteilung der Einnahmen, die seit ihrer Gründung so festgelegt ist, nicht zu beanstanden ist”.
Aus der Entscheidung des Landgerichts München ergeben sich laut Vogel Schadensersatzansprüche der Autoren. Der DJV empfiehlt den Autoren allerdings, mögliche Ansprüche gegen die VG Wort erst geltend zu machen, wenn die Aufsichtsbehörde DPMA die Folgen des Urteils geprüft hat. Die VG Wort hat das DPMA aufgefordert, spätestens bis zum 1. August mitzuteilen, ob Bedenken gegen eine Ausschüttung an Urheber, Verlage, Urheberorganisationen sowie an die Verlegerverbände BDZV und VDZ bestehen.
Hintergrund
In der 1958 gegründeten VG Wort haben sich Autoren und Verlage zur gemeinsamen Verwertung von Urheberrechten zusammengeschlossen. Einnahmen erzielt die Gesellschaft aus Tantiemen für Zweitverwertungsrechte an Sprachwerken. 2011 lagen sie laut Geschäftsbericht bei 120 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte der Einnahmen stammt aus Kopiergeräteabgaben, mit denen die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke pauschal vergütet wird.
Die Verlage erhalten im Bereich der schöngeistiger Literatur in der Regel 30 Prozent, im Wissenschaftsbereich 50 Prozent der VG Wort-Ausschüttungen. Die Beteiligung der Verlage an den Einnahmen steht seit zehn Jahren zur Debatte. Die rot-grüne Bundesregierung änderte 2002 die Rechtsgrundlage zugunsten der Autoren. Am Gesetzesentwurf maßgeblich beteiligt war der heutige Kläger und Urheberrechtler Martin Vogel. Warum die VG Wort ihren Verteilungsschlüssel trotzdem nicht änderte, zeichnet ein iRights.info-Dossier von Ilja Braun nach. 2008 wurde die Rechtsgrundlage der VG-Wort-Ausschüttungen nochmals geändert.
Wie Verwertungsgesellschaften prinzipiell funktionieren, erklärt iRights.info in dem Übersichtsartikel „Abgaben für Urheber“.
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