Exklusiv: Bundesregierung beantwortet kleine Anfrage zu ACTA, IPRED und Warnhinweisstudie
Die am 21.Februar 2012 von der Linksfraktion gestellte kleine Anfrage (DS 17/8679), hat die Bundesregierung nun beantwortet. iRights.info veröffentlicht diese nun exklusiv und im Volltext. Die Abgeordnete Halina Wawzyniak und ihre Kollegen haben dabei nach einem aktuellen “Sachstand zu ACTA, IPRED, TRIPS und der Warnhinweisstudie” gefragt.
In ihren Antworten bestätigt die Bundesregierung nochmal dass “ACTA allerdings Besorgnis und Widerstände in Teilen der Öffentlichkeit ausgelöst, die Beachtung verdienen.” Unter anderem deswegen sei der deutsche Botschafter in Tokyo am 08. Februar 2012 angewiesen worden, das Abkommen vorerst nicht zu unterzeichnen. Auf die Frage, welche Behörden für die Bundesregierung an den Verhandlungen des Abkommens teilgenommen haben, wird erklärt:
Die Bundesregierung hat an den ACTA-Verhandlungen lediglich als Beobachter teilgenommen.
Weitergehende Abstimmungen hinsichtlich der Verhandlungsposition Deutschlands mit “anderen privaten und öffentlichen Institutionen” seien mit Außnahme der Fachbehörden nicht erfolgt. In der Antwort heißt es:
Die Bundesregierung hat sich aufgrund der zwischen den ACTA-Verhandlungspartnern vereinbarten Vertraulichkeit nicht mit privaten oder öffentlichen Institutionen abgestimmt. Fachbehörden, wie zum Beispiel das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Eine weitergehende Bewertung der Aussage der Europäischen Kommission dass man die Abgeordneten im Europäischen Parlament davon überzeugen müsse, dass die Proteste nicht berechtigt seien, will die Bundesregierung nicht vornehmen. Das gleiche gilt für die Antwort auf die Frage in der kleinen Anfrage “Inwieweit teilt die Bundesregierung die Ansicht der Kommission, wonach es misslich sei, dass sich die Diskussion um ACTA von den Freihandelsaspekten hin zu den Grundrechten verschoben habe?” Die Bundesregierung verweist in ihren Antworten jeweils darauf, dass man die von der Europäischen Kommission angeregte Überprüfung des Vertragstextes durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) abwarten wolle.
Zur geplanten Überarbeitung der IP Enforcement-Richtlinie (IPRED) führt die Bundesregierung folgendes aus:
Die Novellierung der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (IP Enforcement Directive, kurz: IPRED) beruht nicht auf ACTA, sondern auf Artikel der Richtlinie. Nach dieser Vorschrift legt die EU-Kommission drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Bericht über deren Anwendung vor, einschließlich einer Bewertung der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen und Auswirkungen auf die Innovation und die Entwicklung der Informationsgesellschaft. Soweit erforderlich legt die EU-Kommission zusammen mit dem Bericht Vorschläge zu deren Änderung vor. Die Richtlinie ist 2004 in Kraft getreten.
Und weiter:
Die Roadmap dient der Information über die Überlegungen der EU-Kommission zur Revision der Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG. Sie steht unter dem Vorbehalt von Änderungen und greift der endgültigen Entscheidung der EU-Kommission darüber, ob die Initiative weiterverfolgt wird und wie ggf. deren endgültiger Inhalt aussehen wird, nicht vor. Die Bundesregierung hat zu einer Novellierung bereits dahingehend Stellung genommen, dass aus deutscher Sicht Aänderungen der Richtlinie nicht veranlasst sind. Die Stellungnahme wurde dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages übersandt.
Ebenfalls wurden in der kleinen Anfrage verschiedene Fragen zu den Umständen der Vergabe des sogenannten “Warnhinweisgutachtens” des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), ausgeführt durch Prof. Schwartmann von der Fachhochschule Köln, gestellt. Es haben sich laut Bundesregierung insgesamt 14 Institute um die Vergabe bemüht, die genaue Auflistung der Bewerber wurde aus Geheimhaltungsgründen als “Verschlussache – nur für den Dienstgebrauch VS-NfD” klassifiziert. Die Vergabe an die Fachhochschule Köln erfolgte weil:
das eingereichte Angebot im Rahmen der bekannt gemachten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung nach vergaberechtlichen Kriterien das Wirtschaftlichste war. Die verursachten Kosten stehen noch nicht abschließend fest, da das Projekt noch nicht abgeschlossen ist.
Die Linksfraktion will weiter wissen, warum im vorgelegten Gutachten “durchgängig von Raub und Piraterie gesprochen wird.” Dazu die Bundesregierung:
Die Studie verwendet den Begriff “Raub” überhaupt nicht, sondern lediglich an einigen Stellen den Begriff “Raubkopie”. Der Begriff “Piraterie” wird nicht isoliert, sondern als Bestandteil des Begriffes “Online-Piraterie” oder “Internetpiraterie” als Bestandteil zitierter Quellen oder als Kurzform für “Internetpiraterie” verwendet. Bei den Begriffen, die vom Autor im Rahmen seiner wissenschaftlichen Freiheit gewählt wurden, handelt es sich um die umgangssprachlichen Bezeichnungen für Urheberrechtsverletzungen im Internet. Urheberrechtsverletzungen sind nach Auffassung der Bundesregierung nicht mit schwerster Gewaltkriminalität gleichzusetzen.
Zu den Teilnehmern des “Wirtschaftsdialogs für mehr Kooperation bei der Bekämpfung der Internetpiraterie”, ausgerichtet vom BMWi, äußert sich die Bundesregierung dahingehend, dass es sich um einen festen Kreis von Unternehmen Verbänden der Rechteinhaber- und der Providerseite handele. Interessant dabei ist, dass ein Teilnehmer als “Intellectual Property and Media Law” bezeichnet wird. Um wen oder was es sich dabei handelt, ist nicht nachvollziehbar. Zudem sitzt der europäische Ableger des US-Filmwirtschaftsverbandes MPAA, die Motion Picture Association mit am Tisch. Der weitere Teilnehmerkreis umfasst zumeist die zu erwartenden Teilnehmer. Verbraucherverbände und -organisationen sind nicht Teil des Dialogs.
1 Kommentar
1 solo viola am 27. März, 2012 um 19:55
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