Weshalb das Kartellamt die Google-Beschwerde der VG Media ablehnt

Der Axel-Springer-Verlag in Berlin. Foto: Jean-Pierre Dalbéra, CC BY
Mit der Beschwerde beim Kartellamt hatten die Verleger versucht, Google dazu zu zwingen, auf ihre Texte in der Suche und bei Google News auch nach der Einführung des Leistungsschutzrechts zu verlinken. Als Konsequenz einer solchen Entscheidung hätte Google Lizenzen von der VG Media einholen und Zahlungen nach dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger leisten müssen.
Das Kartellamt hat dieses Ansinnen nun mit deutlichen Worten abgelehnt. Wir veröffentlichen das vollständige offizielle Schreiben des Amtes, aus dem sich die Begründung ergibt (PDF).
Bundeskartellamt an VG Media, 11.08.2014
Die wesentlichen Sätze finden sich auf Seite 3 und 4 des Schreibens, das an eine die VG Media vertretende Kanzlei gesendet wurde. Hier heißt es:
Die Beschlussabteilung hält es daher weder für rechtlich angezeigt noch für zweckmäßig, ein Verwaltungsverfahren auf der Basis der Beschwerde einzuleiten. Insbesondere ergibt sich aus der Tatsache, dass Google für die Listung von Suchergebnissen in den Google-Diensten grundsätzlich kein Entgelt zahlen will, als solcher kein hinreichender Anfangsverdacht für einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Eine kartellrechtliche Verpflichtung Googles zum entgeltlichen Erwerb von Leistungsschutzrechten ist aus Sicht der Beschlussabteilung nicht anzunehmen. Eine Pflicht von Google zur Darstellung der Webseiten deutscher Presseverlage in einem so großen Umfang, dass das Leistungsschutzrecht nach § 87f UrhG berührt würde, kommt aus Sicht der Beschlussabteilung ebenfalls nicht in Betracht.
Übersetzt heißt das: Wenn Google keine Zahlungen nach dem Leistungsschutzrecht leisten will, könne es hierzu mit dem Kartellrecht nicht gezwungen werden. Schon gar nicht ist Google hiernach verpflichtet, Verweise auf Verlagsinhalte zu setzen, die unter das Leistungsschutzrecht fallen. Unter das Leistungsschutzrecht fallen nur Snippets, die einen gewissen Umfang erreichen. Ganz kurze Vorschautexte sind hiervon jedenfalls ausgenommen, ebenso nackte Links.
Leistungsschutzrecht für Presseverlage
Das im August 2013 in Kraft getretene Presse-Leistungsschutzrecht gibt Verlagen das „ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen“. Es zielt auf kurze Text-Anreißer (Snippets) in Suchmaschinen wie Google und bei Aggregator-Diensten, die „Inhalte entsprechend aufbereiten“. Umstritten ist unter anderem, wer wann dafür zahlen muss und wer als „Presseverleger“ gilt.
Die Entscheidung des Kartellamts ist ein deutlicher Rückschlag für die in der VG Media organisierten Presseverlage. Auch deshalb, weil das Bundeskartellamt sich im Schreiben nun seinerseits vorbehält, den Zusammenschluss der Verlage in der VG Media im Hinblick auf den EU-Binnenmarkt zu untersuchen. Damit verdichten sich auch die Indizien, dass das Leistungschutzrecht zu einem Szenario führt, in dem es jahrelang die Gerichte beschäftigt und Rechtsunsicherheit verursacht. Selbst wenn ein Gericht entscheiden würde, dass die bisher üblichen Verweise und Snippets unter das Leistungsschutzrecht fallen, werden die Suchmaschinen-Anbieter und Aggregatoren sie einfach kürzen.
Am Ende verlieren alle: Die Verlage, die auf das Leistungsschutzrecht bestehen, werden nicht nur keine Vergütungen erhalten, sondern auch dauerhaft nicht mehr – oder zumindest nicht mehr mit sinnvollen Verweisen – bei den Suchmaschinen auftauchen. Sie verlieren also massenhaft Nutzer. Die Internetnutzer selbst wiederum leiden darunter, dass Suchmaschinen nicht mehr so funktionieren, wie sie es erwarten.
Wäre im Lexikon das Wort Lose-Lose-Situation erklärt, würde man es wohl an dieser Geschichte veranschaulichen.
3 Kommentare
1 Moon am 23. August, 2014 um 09:33
Nette Klatsche für die Stümper. Mal sehen, welcher Keese zum Schönreden/Jammern benutzt wird.
2 Seb am 23. August, 2014 um 11:41
https://www.vg-media.de/images/stories/pdfs/presse/2014/140822_pm_vgmedia_kartellamt.pdf
So geht Steinbruch-Exegese :-D
3 Krischn am 23. August, 2014 um 17:33
…und wenn in ein paar Jahren die letzten Agenturtexteumformulierer-Klitschen, pardon: Verlage für Qualitätsjournalismus endlich das Licht ausmachen, wird natürlich auch Google Schuld gewesen und nicht die einfache Tatsache, dass denen keiner mehr ihren Schmonzes abkauft (im doppelten Sinne).
Good riddance!
Was sagen Sie dazu?