Freie Lizenzen sind für Bildungsmaterialien nur der zweitbeste Weg
Gerade im Umfeld von Open Content und Open Educational Resources (OER) wird eine grundsätzliche Frage der Herangehensweise oft übergangen: die nach dem Verhältnis von Lizenzmodellen und Gesetzesrecht. Dabei genügt ein Blick in die Geschichte des Open Content, um das Verhältnis zu verstehen.
Die verschiedenen heute bekannten Lizenzsysteme und der Ansatz, an die Allgemeinheit gerichtete, sogenannte „Jedermannlizenzen“ zu entwickeln, sind eine Reaktion auf gesetzgeberisches Unterlassen. Statt ein ausgewogenes, auch die Nutzerinteressen angemessen berücksichtigendes Urheberrecht zu schaffen, haben die Gesetzgeber weltweit über Jahrzehnte vor allem dessen Verschärfung und eine Verlängerung der Schutzfristen vorgenommen.
OER
Unter „Open Educational Resources“, kurz OER, werden meist Lehr- und Lernmaterialien verstanden, die ungehinderter genutzt, kopiert, verändert und wiederveröffentlicht werden können als herkömmliche Materialien wie etwa klassische Schulbücher. Erreicht wird das durch freie Lizenzen, die den Verwendenden mehr erlauben als das Urheberrecht allein.
Lizenzmodelle wie das von Creative Commons versuchen, auf dem Umweg über vertragliche Regelungen einen alternativen Standard zu etablieren, der mehr Raum für Kreativität und Zugang lässt als das klassische, auf Verknappung angelegte Urheberrechtssystem. Da hierfür rechtliche Regeln in Form von standardisierten Lizenzverträgen eingesetzt werden, sprechen manche auch von einem „rechtlichen Hacking“ durch die Lizenzsysteme.
Lizenzen sind Verträge – nicht mehr, nicht weniger
Ein Vorteil des durch Lizenzen eingeschlagenen Weges gegenüber veränderten gesetzlichen Regeln ist zweifellos, dass man sich – anders als bei Gesetzen – für oder gegen ihn entscheiden kann und dadurch die Selbstbestimmtheit des Einzelnen in den Vordergrund gerückt wird. Aber es ist und bleibt ein Umweg, eine zweitbeste Lösung für das Problem, dass der gesetzliche Normalschutz des „alle Rechte vorbehalten“ von vielen als zu restriktiv angesehen wird.
Doch dieser Umweg hat rechtstechnisch auch massive Schwächen gegenüber gesetzlichen Regeln. Eine der größten liegt darin, dass Lizenzen immer nur zwischen denen wirken, die als Lizenzgeber und Lizenznehmer und damit als Parteien dieser Verträge anzusehen sind. Für alle anderen gilt dagegen der gesetzliche Normalfall. Lizenzen sind insofern relatives Recht, das Urheberrechtsgesetz dagegen gewährt absolute Rechte.
Was wie ein theoretischer Unterschied klingen mag, hat in der Praxis weitreichende Folgen: Schon beim Zustandekommen eines Lizenzvertrages kann so einiges schiefgehen: Lizenzhinweise können übersehen werden oder im Zuge der Weitergabe von Inhalten ganz verloren gehen, aus dem Kontext kann die rechtliche Reichweite einer Lizenz ganz unterschiedlich zu bewerten sein. All dies gilt für gesetzliche Regelungen nicht. Sie gelten, ob man sie kennt oder nicht.
Innere Komplexität von Lizenzverträgen
Aufgrund der weitreichenden Vertragsfreiheit müssen in Verträgen zudem viel mehr Dinge viel genauer und immer wieder neu geregelt werden als bei gesetzlichen Regelungen. Dort ergeben sich die Dinge im Zweifel aus grundlegenden Gesetzen des jeweiligen Rechtsgebiets, also beim Zivilrecht etwa aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. In Lizenzen wird daher meist nicht nur geregelt, was man darf und was nicht, sondern auch, für wie lange man es darf, welche Haftungsregeln gelten sollen, wann der Vertrag wie endet, wie die Haftung verteilt sein soll und vieles mehr.
Dadurch entsteht eine innere Komplexität, die gegenüber gesetzlichen Regelungen oft deutlich kleinteiliger und schwieriger zu handhaben ist. Sie birgt deutlich mehr Stoff für Unklarheiten, Fehler und Streit als gesetzliche Regeln – die natürlich auch mitunter komplexe Geflechte bilden können. Auch ist es keineswegs so, dass man in Lizenzen wenigstens alle entscheidenden Regeln an einem Ort versammelt finden könnte. Das Gesetzesrecht überlagert die relativen Regeln des Vertrages, moduliert sie, lässt sie unwirksam sein oder regelt Ausnahmefälle auf ganz unerwartete Weise.
Probleme durch Wegfall von Lizenzen
Spätestens wenn Lizenzverträge nach ihrer Entstehung aus irgendwelchen Gründen scheitern, wird es auch für gestandene Juristen sehr schwierig. Dann brechen unter Umständen nachfolgende Teile einer Lizenzkette nachträglich weg oder werden nur noch im Rahmen ausgefeilter Sukzessionsregeln als teilweise bestehend angesehen. Diese Regeln sind größtenteils Richterrecht, stark an Einzelfällen entlang entwickelt worden und reichen bis weit ins Insolvenzrecht hinein. Bei gesetzlichen Regeln dagegen kann es zu dieser Art rechtlicher Unfälle kaum kommen.
Die Open-Content-Lizenzmodelle versuchen zwar, die hier genannten Schwierigkeiten durch bestimmte Konstruktionen zu umschiffen und der ein oder andere Paragraf im Urheberrechtsgesetz wurde auch angepasst, um dies zu erleichtern. Aber auch der beste Standardvertragstext kann keine Wunder vollbringen und einen wirklich mit gesetzlichen Regeln gleichwertigen alternativen Standard etablieren. Es bleiben immer ganz grundlegende Schwierigkeiten bestehen, die dem Vertrag als Mittel von Natur aus anhaften.
Urheberrecht bleibt Stückwerk für die Bildung
Umso mehr kommt es auch in der Praxis daher auf die Funktionsweise des Urheberrechtsgesetzes an. Darin sind durchaus Privilegien für die Bildung vorgesehen, die eine Nutzung von Werken in und durch Bildungseinrichtungen erleichtern sollen. Diese Regeln sind jedoch zum einen über diverse Paragrafen verstreut und zum anderen unter Juristen geradezu legendär durch die Art und Weise, in der sie mit unbestimmten Rechtsbegriffen, Ausnahmen, Ausnahmen von den Ausnahmen (Rückausnahmen) und Vorbehalten versehen sind.
Dies ist das Ergebnis der historischen Entwicklung, durch die in immer neuen Überarbeitungsrunden und zähem Gezerre verschiedener Interessengruppen letztlich so unübersichtliche Regeln entstanden sind, dass es externer Krücken wie Verträgen zwischen staatlichen Stellen und dem Verband der Bildungsmedienhersteller bedarf, um all die unklaren Einzelregelungen mit irgendeiner konkreten Bedeutung zu versehen. Und gerade das Internet und die digitalen Medien werden von den Regelungen zugunsten der Bildung häufig ganz außen vor gelassen.
Man mag sich kaum vorstellen, wie viele rechtliche Friktionen beseitigt und wie viel neue Möglichkeiten entstehen würden, wenn eine einfach formulierte, zentrale gesetzliche Regelung zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte in Bildungseinrichtungen geschaffen würde – eine allgemeine Bildungsschranke. Selbst wenn diese nur auf den staatlichen Bildungssektor beschränkt bliebe, würden sich zumindest die Lehrenden und Lernenden in diesem Sektor nicht länger einem absurden Regelungs-Urwald gegenüber sehen oder auf bürgerschaftliche Initiativen wie lizenzbasierte Open-Content-Konstrukte verwiesen sein, mit all den Schwächen, die diese Ansätze von Natur aus haben.
Allgemeine Open-Content-Lizenz vs. spezielle OER-Lizenz
Regelmäßig ist in Debatten der Vorschlag zu hören, es solle eine spezielle OER-Lizenz entwickelt werden. Gemeint ist dann üblicherweise eine neue Standardlizenz. Diese wäre an etablierte Open-Content-Lizenzmodelle wie das von Creative Commons angelehnt, würde die rechtliche Freigabe jedoch auf eine Nachnutzung zu Bildungszwecken begrenzen.
Allgemeine Open-Content-Lizenzen machen dagegen keinerlei sachliche Vorgaben, was den Zweck weiterer Nutzungen angeht. Einzig die Creative-Commons-Lizenzvarianten mit der Einschränkung „Non-commercial“ (NC) grenzen die Freigabe auf nicht-kommerzielle Zwecke ein, machen aber auch dabei keinen Unterschied, was dieser nicht-kommerzielle Zweck sachlich umfasst.
Die Argumente für eine spezielle OER-Lizenz hören sich oft zunächst plausibel an. Es wird bespielsweise darauf verwiesen, dass manche Ersteller von Materialien eher dazu bereit sein könnten, ihre Werke freizugeben, wenn diese Freigabe auf Bildungszwecke begrenzt ist und damit die Nutzung etwa durch Werbeagenturen oder die Waffenindustrie ausschließt. Es mag sogar sein, dass der Schritt der Freigabe dann leichter fällt und eine solche spezielle OER-Lizenz gerade für Institutionen eine Art Brücke sein könnte, um irgendwann später dann zu einer noch freieren Lizenzpraxis überzugehen.
Das Ergebnis einer speziellen OER-Lizenz aber wäre eine ganze Menge an Inhalten, deren praktische Nachnutzbarkeit stark reduziert wäre und die schon wegen der sachlichen Eingrenzung auf Nachnutzbarkeit nur für Bildung keinesfalls als Open Content anzusehen wären. Keines der klassischen Grundsatzdokumente für Open Access wie etwa die Budapester Erklärung, die Berliner Erklärung oder freedomdefined.org lässt diese Eingrenzung zu. Auch ganz unabhängig von dieser formalen Betrachtungsweise würden neue Unklarheiten entstehen.
Eingrenzung von Bildungszwecken bleibt schwierig
Die Unklarheiten beginnen bereits bei der Frage, wie man „Bildungszwecke“ abstrakt so definieren können sollte, dass sich eine praktikable Richtschnur ergibt. Wenn man dem Paradigma des lebenslangen Lernens folgt, könnte eine solche Definition wohl kaum an institutionelle Bildungsprozesse anknüpfen. Und selbst bei einer solchen Anknüpfung würde sich die Frage stellen, ob, wo und wie eine Grenze zum kommerziellen Bildungsmarkt gezogen werden sollte.
Hierzu muss man sich nur die seit über einer Dekade anhaltende Diskussion um das bereits genannte Creative-Commons-Lizenzmerkmal „Nicht-kommerziell“ (NC) und die vielfältigen Abgrenzungsprobleme anschauen, die man sich mit einhandeln würde, etwa:
- Ist eine Hochschule, die Studiengebühren verlangt, noch vom privilegierten Bildungszweck der OER-Lizenz erfasst?
- Falls ja, gilt das dann nur, wenn einzig für Zweitstudiengänge Gebühren verlangt werden, und unabhängig von deren Höhe?
- Wie sieht es mit unternehmensinterner Weiterbildung aus? Ist diese nach der speziellen OER-Lizenz zulässig?
- Was ist mit Plattformen, bei denen der Bildungszweck nur einer von mehreren ist und sich jeweils aus dem Nutzungskontext ergibt?
In die Wikipedia als einen der wichtigsten Wissensspeicher der Allgemeinheit könnten speziell lizenzierte Inhalte ohnehin nicht integriert werden, da von der Wikipedia-Community aus den hier genannten Gründen nur allgemeine Open-Content-Lizenzen zugelassen werden.
Je mehr man sich klarmacht, auf wieviele verschiedene Arten Menschen inzwischen täglich und lebenslang lernen, desto absurder muss einem der Versuch erscheinen, dies für eine spezielle OER-Lizenz in eine sinnvolle Definition zu pressen. Jeder denkbare Wortlaut würde einen amorphen Graubereich von Nutzungen erzeugen, bei denen wahrscheinlich sogar in Auslegung geschulte Juristen ihre Mühe hätten, zu ermitteln, ob die Lizenz nun greift oder nicht.
Das verweist auf das übergeordnete Problem der Komplexität anzuwendender rechtlicher Regeln und die beiden negativen Folgen, die aus dieser Komplexität erwachsen:
- Selbst wenn sich die verschiedenen zu beachtenden Lizenzen als Regelsysteme juristisch einigermaßen sicher auslegen ließen, würden sie sich in ihrer Aussage zwangsläufig teilweise widersprechen (rechtliche Inkompatibilität)
- Die meisten Nicht-Juristen würden wahrscheinlich schon deutlich vor dem Stadium der rechtlichen Analyse überfordert aufgeben (Verwirrung der Nutzer).
Diese Probleme liegen in der Natur der Sache und sind letztlich unvermeidlich.
Rechtliche Inkompatibilitäten
Wie bereits beschrieben, sind Nutzungsszenarien, die sich auf eine Vielzahl bilateraler Lizenzverträge stützen, immer komplexer und fehleranfälliger als eine Nutzungserlaubnis per Gesetz, die für alle gleichermaßen gilt. Einen großen Anteil an dieser Fehleranfälligkeit haben die im Vergleich zu Gesetzen deutlich komplexere innere Struktur von Lizenzverträgen und der Umstand, dass Verträge unter Umständen scheitern können und, wie beschrieben stets nur zwischen den Parteien gelten.
Noch deutlich komplexer als bei lizenzbasierten rechtlichen Konstrukten ohnehin wird es aber, wenn verschiedene und sich teils widersprechende Lizenzverträge aufeinander treffen. Das passiert sehr oft, wenn – wie bei OER typisch – verschiedene Inhalte aus unterschiedlich lizenzierten Quellen miteinander vermischt werden sollen. Es ist zum Beispiel dann der Fall, wenn für ein Video die Free Art License gilt und es mit einem Musikstück unterlegt werden soll, das unter der Creative-Commons-Lizenz des Typs „BY-NC-SA“ freigegeben ist, also verschiedene Lizenzmodelle aufeinandertreffen. Doch auch innerhalb des Sets der sechs verschiedenen Creative-Commons-Lizenzen gibt es Kombinationen, die sich widersprechen. Das kann zum Ergebnis führen, dass man die verschieden lizenzierten Inhalte voneinander getrennt halten muss.
Weniger ist – manchmal – mehr
Dies ist einer der Gründe, weshalb auch an Creative Commons seit Jahren wiederholt die Forderung gestellt wird, die Anzahl der verfügbaren Lizenzvarianten zu reduzieren – etwa alle Varianten mit der Einschränkung „nicht-kommerziell“ (NC) oder „keine Bearbeitung“ (ND) zurückzuziehen. Da sich in der Zeit seit dem Start von Creative Commons im Jahr 2001 bereits verschiedene Einsatzszenarien zu allen sechs Lizenzvarianten entwickelt haben, bleibt das komplette Set zwar im Angebot. Um aber die Lizenzlandschaft überschaubar zu halten, wird mit Blick auf OER von wichtigen Organisationen wie der UNESCO mittels Definitionen ein Standard gesetzt. Bei diesem sind nur bestimmte Lizenzvarianten von Creative Commons geeignet, um eine den Definitionen entsprechende OER-Freigabe zu erreichen.
Auf diese Weise werden die in der Praxis zur OER-Freigabe nutzbaren Creative-Commons-Lizenzen auf die Varianten „Namensnennung (BY)“ und „Namensnennung–Share-alike“ (BY-SA)“ eingegrenzt. Teilweise wird zusätzlich noch die Lizenz „BY-NC-SA“ anerkannt, also mit der Einschränkung auf nicht-kommerzielle Nutzung.
Dieser Schritt entschärft die Komplexität für Nutzer und Ersteller von OER deutlich. Jede weitere Lizenz würde das wieder konterkarieren. Auch eine auf weltweite Verwendung angelegte neue Creative-Commons-Lizenzvariante „CC EDU“ würde daran nichts ändern. Noch viel komplexer würde es jedoch, wenn nicht nur Creative Commons eine einzelne spezielle Lizenz für Bildungszwecke entwerfen würde, sondern jedes Land – in Deutschland gegebenenfalls sogar jedes Bundesland – oder gar einzelne Institutionen.
Verwirrung aller Beteiligten
Selbst wenn diese speziellen OER-Lizenzen dann den gängigen OER-Definitionen entsprechen würden, müssten die Verwender von OER, also Lehrende und Lernende, all diese verschiedenen Regelsätze lesen, verstehen und korrekt anwenden. Die Folge wäre eine für juristische Laien nicht mehr zu überblickende Lizenzlandschaft. Deren schlechte Handhabbarkeit wiederum dürfte oft genug die im Einzelfall entscheidende Hürde sein, die ein OER-Projekt zu aufwändig oder rechtlich anfällig werden lässt.
Schon die seit Jahren etablierten allgemeinen Open-Content-Lizenzen – neben denjenigen von Creative Commons sind hier vor allem die des GNU-Projekts sowie einige auf Daten zugeschnittene Lizenzen zu nennen – sind für Menschen ohne Jurastudium alles andere als simpel in der Handhabung, wenn man genauer hinsieht.
Bei der Creative-Commons-Lizenzbedingung „Namensnennung“ etwa, die gemeinhin als einfache Bedingung gilt, passieren in der Praxis regelmäßig Fehler. Mitunter lesen sich Nutzer nicht genau durch, welche Angaben zu machen sind, oder Lizenzgeber machen ihrerseits unklare Vorgaben oder verlangen Nennungen, die über das in der Lizenz geregelte hinausgehen. Auch die Bedingung „Share-alike“ (SA) hat ihre Tücken, denn sie greift nur dann, wenn durch Bearbeitung ein einheitliches neues Werk entsteht, nicht aber, wenn Werke lediglich kombiniert werden und rechtlich gesehen eigenständig bleiben. Dies zu unterscheiden, überfordert bereits viele Anwender.
Jede weitere Lizenzoption macht das zu beherrschende Regelwerk größer und stiftet so letztlich mehr Verwirrung, jedenfalls potenziell. Gerade im schulischen und übrigen Bildungsbereich sollten aber Inhalte vermittelt werden und nicht das juristische Hochreck im Vordergrund stehen.
Es bleiben noch ein paar Dinge übrig, die als Argument für spezielle OER-Lizenzen ins Feld geführt werden. Dazu zählt etwa die Ansicht, dass sich dadurch leichter bestimmte lokale, regionale oder nationale Qualitätsstandards durchsetzen ließen. Das aber ist kaum mehr als eine Behauptung und es bliebe zu zeigen, inwiefern Lizenzen überhaupt der geeignete Ansatzpunkt für Qualitätssicherung sind. Viel stärker scheint es auf organisatorische Faktoren und die Rahmenbedingungen in der Gruppe der Beteiligten anzukommen, wenn man die Qualität der Inhalte beeinflussen will. Hier wären etwa die Teilnahmebedingungen kollaborativer Projekte oder Community-gestützte Bewertungssysteme zu nennen.
Fazit
Es wäre höchste Zeit, dass die Gesetzgeber nicht nur in Deutschland und Europa, sondern international einheitliche und alltagstaugliche gesetzliche Regelungen schaffen, durch die in der Bildung rechtlich zulässig gemacht wird, was technisch längst möglich und pädagogisch sinnvoll ist. Bis es soweit ist, führt an vertragsrechtlich basierten Lizenzmodellen und einer übergeordneten Koordination durch internationale Organisationen und Initiativen kaum ein Weg vorbei. Spezielle OER-Lizenzen würden dabei jedoch mehr schaden als nützen. Vielmehr sollten alle Beteiligten darauf hinarbeiten, den Weg über Lizenzmodelle nicht durch Lizenzproliferation steiniger zu machen, als er ohnehin bereits ist.
Dieser Beitrag entstand für das Projekt „Mapping OER – Bildungsmaterialien gemeinsam gestalten” von Wikimedia Deutschland und ist dort unter der Lizenz CC BY 4.0 erschienen.
3 Kommentare
1 Schmunzelkunst am 19. Dezember, 2015 um 20:28
Der Bund hat es ja gemacht. Die “Lizenz” für die Nutzung von Geodaten des Bundes ist eine Rechtsverordnung, die auf der Grundlage eines Gesetzes erlassen wurde:
http://www.gesetze-im-internet.de/geonutzv/
Aber es bleibt trotzdem schwierig. Auf welchem Weg werden z. B. Streitigkeiten über nicht korrekte Quellenvermerke (§ 3) ausgefochten. Sind da die Zivil- oder die Verwaltungsgerichte zuständig? Oder ist das egal?
Die Behörden tun sich unendlich schwer mit der Wahl einer geeigneten Lizenz für Open Data. Warum nicht einfach CC0 empfehlen?
MfG
Johannes
2 John Hendrik Weitzmann am 21. Dezember, 2015 um 16:57
Ja, das ist der Weg über das Verwaltungsrecht, den Fraunhofer FOKUS in einer Studie vor dem Start des Regierungsdatenportals https://www.govdata.de/ empfohlen hatte.
Die Planung war damals sehr mit heißer Nadel gestrickt und das Ergebnis ist unglücklich gewählt. Unter anderem deshalb gab es in letzter Minute viel Kritik, die zur Streichung des “Open” aus dem Namen des Portals geführt hat.
Ohne es geprüft zu haben, dürfte der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Das hat dann zum einen zur Folge, dass sich ein Gericht damit befasst, das mit “urheberrechtsähnlicher” Materie mglw. noch nie zu tun hatte, was aber wohl nicht so tragisch sein dürfte wie der Umstand, dass die verwaltungsrechtsbasierte Lizenz auch noch den einzelnen Datensatz erfasst, der nach dem UrhG (aus gutem Grund) nicht vom Schutz erfasst wäre.
3 Tobias Grüterich am 27. Dezember, 2015 um 23:44
Guten Tag Herr Weitzmann, Ihre Vermutung trifft zu: Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. So sehen es zumindest die Herren Martini und Damm von der Uni Speyer (http://www.uni-speyer.de/files/de/Lehrst%C3%BChle/Martini/PDF%20Dokumente/eigene%20Texte/2013_DVBl_AufdemWegzumOpenGovernment_Damm.pdf) Das Nebeneinander von Privatrecht (Lizenzeinräumung) und öffentlichem Recht (Widmung) irritiert und führt zu lästigen Folgeproblemen. Hier (auf S. 41 f.) hatte ich die Thematik auch mal angesprochen: http://www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/Redakteure/Dokumente/Publikationen/moderne_verwaltung/noev2015_1.pdf
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