EuGH kassiert das sechs Jahre alte Presseleistungsschutzrecht

Foto: G. Fessy/ Gerichtshof der Europäischen Union
Mit seinem heutigen Urteil folgte der EuGH den Auffassungen des Generalanwalts Gerad Hogan, der bereits 2018 in seinem Gutachten feststellte, dass dieses Gesetz der EU-Kommission vorgelegt werden müssen. Er bestätigte damit wiederum die Ansicht des Landgerichts Berlin, wonach es sich bei den „fraglichen neuen deutschen Vorschriften über ein dem Urheberrecht verwandtes Schutzrecht für Presseverleger“ um eine technische Vorschrift im Sinne der EU-Richtlinie 98/34 handele.
Presse-Leistungsschutzrecht
Leistungsschutzrecht für Presseverlage
Das im August 2013 in Kraft getretene Presse-Leistungsschutzrecht gibt Verlagen das „ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen“. Es zielt auf kurze Text-Anreißer (Snippets) in Suchmaschinen wie Google und bei Aggregator-Diensten, die „Inhalte entsprechend aufbereiten“. Umstritten ist unter anderem, wer wann dafür zahlen muss und wer als „Presseverleger“ gilt.
Hiernach sind nationale Gesetze, die „technische Vorschriften“ enthalten, die speziell auf Online-Dienste abzielen, vor deren Verabschiedung der Kommission zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen. Doch genau dies hatte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung versäumt und das Leistungsschutzrecht für Presseverlage (LSR) am 1. März 2013 ohne EU-Notifizierung beschlossen. Dieses Versäumnis fiel dem Landgericht Berlin auf, als es in einem Rechtsstreit zwischen der VG Media und dem Suchmaschinenbetreiber Google über Lizenzzahlungen auf Basis des LSR zu entscheiden hatte. Das Gericht legte die Notifizierungs-Frage 2017 dem EuGH vor.
LSR-basierte Aktivitäten der VG Media wirkungslos
Der EuGH stellt mit seinem Urteil aber nicht allein den formalen Fehler der Bundesregierung fest. Vielmehr erklärt es, dieser sei im Nachhinein nicht nachzubessern, womit das Gesetz gar nicht hätte angewendet werden dürfen. Das heißt nichts anderes, als dass sich alle das LSR betreffenden Aktivitäten der VG Media – als einziger Verwertungsgesellschaft, die entsprechende Rechte von ihr angeschlossenen Presseverlagen wahrnimmt – als wirkungslos erweisen, weil deren Rechtsgrundlage rückwirkend weggefallen ist.
Dazu gehören beispielsweise die von der VG Media aufgestellten Tarife über Vergütungszahlungen betroffener Aggregatoren und Suchmaschinenbetreiber, aber eben auch das Eintreiben der Zahlungen. Nicht zuletzt entbehren damit auch mehrere Klagen und Gerichtsverfahren, die die VG Media auf Basis des LSR anstrengte, einer gesetzlichen Grundlage.
Das deutsche Leistungsschutzrecht – darauf weisen zahlreiche Medienberichte zum heutigen EuGH-Urteil hin – wurde auf massiven Druck von Presseverlagen und VG Media kurz vor Ende der Legislaturperiode im März 2013 noch eilig durch die gesetzgebenden Instanzen getrieben. Auf die erforderliche Vorlage bei der EU-Kommission wurde offenbar bewusst und entgegen vorliegender Gutachten verzichtet. Dies rächt sich nun und die VG Media sowie die beteiligten Presseverlage stehen vor einem großen Scherbenhaufen.
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