Leistungsschutzrecht: Beteiligung der Urheber noch völlig offen
Dass Urheber am Leistungsschutzrecht für Presseverlage beteiligt werden sollen, ist im Gesetz verankert, ausdrücklich im Paragraf 87h. Da die VG Media jetzt ihren Tarif vorlegte, um damit bei Suchmaschinenbetreibern Vergütungsabgaben einzutreiben, müsste sie in diesem Zug auch eine Verteilungssystematik entwickelt haben, nach der sie einen Teil der Einnahmen an die Urheber abführt – oder abführen lässt. Dazu scheint sie nach eigenem Bekunden auch bereit, wie die grüne Bundestags-Abgeordnete Tabea Rößner auf Nachfrage von iRights.info berichtet.
Rößner und weitere Abgeordnete waren am Donnerstag bei der VG Media zu einem „Lunch and Lecture“ eingeladen. Ihr zufolge sagte Geschäftsführer Markus Runde, dass die VG Media die Urheberbeteiligung wolle, und dafür entsprechende Anteile im Verteilungsplan vorsehe. Um aber überhaupt etwas verteilen zu können, müssten die Unternehmen zu Vergütungen bereit sein oder verpflichtet werden. Dazu, so Markus Runde, seien die Klagen gegen Google, Yahoo und 1&1 ein erster Schritt.
Noch keine Aussage über Verteilung
Über die Verteilung könne man jedoch noch keine Aussagen treffen, da noch nicht klar sei, welche Einnahmen zusammenkommen – sofern es welche gibt. Die VG Media habe keinen Einblick in die Bücher der Unternehmen, besonders von Google.
Leistungsschutzrecht für Presseverlage
Das im August 2013 in Kraft getretene Presse-Leistungsschutzrecht gibt Verlagen das „ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen“. Es zielt auf kurze Text-Anreißer (Snippets) in Suchmaschinen wie Google und bei Aggregator-Diensten, die „Inhalte entsprechend aufbereiten“. Umstritten ist unter anderem, wer wann dafür zahlen muss und wer als „Presseverleger“ gilt.
Der Streit dürfte sich noch hinziehen. Damit ist auch deshalb zu rechnen, weil bisher kein Unternehmen erklärt hat, unters Leistungsschutzrecht zu fallen. Mehrere dagegen erklärten, dass sie gerade nicht darunter fielen – so Google, 1&1 und Web.de. Der Branchenverband Eco, in dem zahlreiche Suchmaschinenbetreiber und Web-Portale organisiert sind, forderte jüngst, das Leistungsschutzrecht abzuschaffen.
Nach wie vor steht damit die Frage im Raum, welche Unternehmen als vom Leistungsschutz betroffen gelten können. Hier gab es von der VG Media bislang nur den Hinweis auf den Gesetzestext, der Suchmaschinen und ähnliche Dienste aufzählt. Der VG-Media-Geschäftsführer Markus Runde habe nun gesagt, an „die kleinen Anbieter“ sei dabei nicht gedacht, berichtet Rößner. Die VG Media betonte demnach auch, dass sie nicht zwischen Googles Websuche und Google News unterscheide, sondern dessen Angebote als Einheit betrachte und der Tarif deshalb so weit gefasst sei.
Trotz vieler vager Aussagen gab es beim VG-Media-Lunch mit den Abgeordneten zumindest Hinweise, wie die Urheberbeteiligung organisiert sein könnte. So wolle die VG Media darüber mit der Verwertungsgesellschaft Wort sprechen, die die Rechte von Journalisten und anderen Text-Urheber wahrnimmt, berichtet Rößner. Die VG Wort hatte allerdings bislang ebenfalls angekündigt, das Leistungsschutzrecht wahrnehmen zu wollen.
DPMA: Zusammenarbeit der Verwertungsgesellschaften denkbar, VG Wort hält sich bedeckt
Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hält eine solche Kooperation der Verwertungsgesellschaften für möglich. Auf Anfrage von iRights.info verweist das DPMA auf die Musikbranche, in der die GEMA und die GVL Einnahmen nach einem Verteilungschlüssel in Anteilen an den Kooperationspartner weiter reichten. „Das maßgebliche Urheberrechtswahrnehmungsgesetz kennt kein gesetzliches Monopol zugunsten einer einzigen Verwertungsgesellschaft.“ Eine solche Zusammenarbeit sei daher üblich und unproblematisch. Beim Presse-LSR wäre es also möglich, dass die VG Media einen Teil möglicher Vergütungen an die VG Wort weiter reicht, diese dann die Urheber vergütet.
Die VG Wort hingegen hält sich bedeckt und erklärt auf Nachfrage von iRights.info: „Zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger gibt es unsererseits keine Neuigkeiten. Einen entsprechenden Tarif haben wir bislang nicht aufgestellt“. Aus dem Umfeld der VG Wort hört man, es gäbe ja auch noch gar keine Einnahmen oder die Aussicht darauf, stattdessen viele Unklarheiten, weshalb es sich für die VG Wort nicht lohne, Ressourcen aufzuwenden.
Patentamt am Zug
Der Ball des Handelns liegt derzeit bei der Aufsichtsbehörde DPMA. Zum einen muss ihr Schiedsgericht über die Klagen der VG Media gegen Google, Yahoo und 1&1 verhandeln. Hier wird allgemein und auch vom DPMA selbst erwartet, dass die Verfahren in die nächsten gerichtlichen Instanzen gehen.
Zum anderen prüft das DPMA den von der VG Media veröffentlichten Tarif und wird sich auch darauf basierende Lizenzverträge näher ansehen. Zwar sieht das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz nicht vor, dass Tarife von der Behörde genehmigt werden. Die DPMA kann zur Aufsicht aber an Gremiensitzungen der Verwertungsgesellschaften teilnehmen, zudem müssen die Verwertungsgesellschaften dem DPMA neue Tarife und Änderungen mitteilen. Details zu den „laufenden Verfahren“ der VG-Media-Klagen gegen Unternehmen und zum Tarif nennt das DPMA erklärtermaßen nicht.
Den im Tarif verankerten Vergütungssatz von elf Prozent der LSR-relevanten Umsätze begründet die VG Media damit, dass 10 Prozent üblich und 1 Prozent mehr als Zuschlag für besondere Verwertungen im Digitalen zulässig, so Rößner. Es wird allgemein erwartet, dass über die wesentlichen Fragen beim Leistungsschutzrecht nun Gerichte entscheiden: Etwa zur Snippet-Länge und den vom Leistungsschutz betroffenen Diensten. Das alles kann sich über Jahre hinziehen. Jahre, in denen keine Vergütungen eingenommen werden und damit ohnehin nicht an Urheber ausgeschüttet werden können.
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