Springer unterliegt mit Adblocker-Klage – Privat-o-Mat vorgestellt – Wissenschaftsrat zu Open Access

Screenshot: bild.de
Springer scheitert mit Klage gegen Adblocker – keine Urheberrechtsverletzung
Das Hamburger Landgericht hat eine Klage des Medienkonzerns Axel Springer gegen den Adblock-Anbieter Eyeo aus Köln abgewiesen. Hintergrund des Rechtsstreits war die Frage, ob Adblocker die Darstellung einer Webseite so verändern, dass eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Das verneinte das Gericht.
Adblocker, zu Deutsch Werbeblocker, sind Programme, die Werbeanzeigen auf Webseiten blockieren, also verhindern, dass Website-Nutzer*innen Werbung angezeigt bekommen. 2019 hatte der Verlag gegen Eyeo Klage eingereicht und argumentiert, dass die Werbeblocker die Programmiercodes von Webseiten veränderten. Das sei ein Eingriff in das rechtlich geschützte Angebot von Verlagen. Springer sah in den Adblockern eine Urheberrechtsverletzung von Computerprogrammen im Sinne von Paragraf 69a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG).
Das Landgericht konnte dagegen keine Urheberrechtsverletzung erkennen. Dabei ließ es offen, ob Webseiten wie welt.de oder bild.de und ihr zugrundeliegender HTML-Code überhaupt Computerprogramme im Sinne des Urheberrechts darstellten. Die Adblocker würden aber ohnehin nicht die Inhalte, sondern nur ihre Darstellung verändern, so das Gericht. Damit fehle es an einer verletzenden Handlung wie der Vervielfältigung oder Umarbeitung.
Adblocker vermiesen Anzeigengeschäft
Springer sind die Adblocker ein Dorn im Auge, denn das Medienunternehmen generiert über Werbeanzeigen Geld. Werden diese nicht angezeigt, geht Springer leer aus. Auch deshalb ist es wahrscheinlich, dass Springer gegen das Urteil weiter vorgehen wird. Der Rechtsstreit ist zudem nicht der erste zwischen Springer und Eyeo: Seit 2014 klagt Springer gegen das Kölner Unternehmen.
Für Eyeo ist das Urteil des Landgerichts Hamburg ein großer Erfolg. In einer Pressemitteilung erklärte es, dass kein Unternehmen das Recht habe, „Nutzer*innen zu verbieten ihre Browsereinstellungen selbst festzulegen“. Das Urteil sei ein „wichtiger Sieg für ein freies und sicheres Internet“.
Mehr zu den Hintergründen des Rechtsstreits und dem früheren Verfahren vn Springer gegen Eyeo gibt es bei iRights.info in chronologischer Reihenfolge hier, hier und hier.
Privat-o-Mat: Den Umgang mit Datenschutz selbst einschätzen lernen
Wie gehe ich mit dem Thema Datenschutz in meinem digitalen Alltag um? Wie wichtig ist mir die Sicherheit meiner Daten? Welche Rolle spielt der Datenschutz bei meinen Entscheidungen für digitale Produkte? Wer sich solche und ähnliche Fragen schon mal gestellt hat, kann ihnen mit dem „Privat-o-Mat“ nun auf den Grund gehen. Angelehnt ist der Privat-o-Mat an die Funktionsweise des „Wahl-o-Maten“, der Wahlentscheidungshilfe, die von der Bundeszentrale für politische Bildung bei anstehenden Wahlen angeboten wird.
Mit dem Privat-o-Maten können Nutzende die eigene Einstellung und persönliche Gewohnheiten zum Thema Datenschutz reflektieren und besser verstehen. Das geschieht anhand von 15 Fragen aus verschiedenen Bereichen des digitalen Alltags. Dabei sollen sie sich zunächst einem von fünf „Datenschutztypen“ zuordnen.

Privat-o-Mat Datenschutztypen (Screenshot: iRights.info)
Nach der Beantwortung aller Fragen zeigt das Tool an, zu welchem Datenschutztyp das eigene Profil am ehesten passt und inwieweit die eigene Anfangseinschätzung richtig war.
Welcher Typ bist Du?
Ob Digital-Enthusiastin, Egalo oder Teilzeit-Datenschützer – das Tool erläutert, zu wie viel Prozent ein Nutzer oder eine Nutzerin welchem Datenschutztyp angehört und erläutert umfassend die Charakteristika der einzelnen Typen.
Zum Schluss hält der Privat-o-Mat noch Lese-Empfehlungen bereit, um sich weiter mit der eigenen Einstellung zum Datenschutz zu befassen. Im Nachgang zu den Fragen kann man außerdem sehen, welche Antwort zu welchem Datenschutztyp passt. So gibt der unbedarfte Surfer etwa an: „Ich nutze den Messenger, der in meinem persönlichen Umfeld am häufigsten genutzt wird.“ Die reflektierte Datenschützerin meldet sich dagegen „nach jeder Nutzung von Sozialen Netzwerken wieder aus“ oder nutzt „gar keine Sozialen Netzwerke aus Datenschutzgründen“. Auf diese Weise lernen Nutzer*innen, das eigene Verhalten im Netz besser einzuschätzen.
Entwickelt wurde der Privat-o-Mat in Zusammenarbeit von Studierenden und Mitarbeiter*innen des Instituts für Digitale Ethik (IDE) an der Hochschule der Medien Stuttgart und dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg.
Open Access bald als Standard für wissenschaftliche Publikationen?
Der Wissenschaftsrat, das wissenschaftliche Beratungsgremium für Bund und Länder, will Open Access zum Standard für wissenschaftliches Publizieren machen. Das geht aus den am 24. Januar 2022 veröffentlichten „Empfehlungen zur Transformation des wissenschaftlichen Publizierens zu Open Access” hervor.
Open Access
bezeichnet den offenen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen. Open-Access-Literatur im engeren Sinn ist online kostenfrei zugänglich und unter offenen Lizenzen veröffentlicht, die die weitere Nutzung erleichtern. Es gibt mehrere Ansätze: Anderswo veröffentlichte Publikationen können online zugänglich gemacht werden („Green Road“) oder in eigenen Open-Access-Zeitschriften erscheinen („Golden Road“). Beim Diamond-Open-Access-Modell fallen weder für Autor*innen noch Leser*innen Gebühren an; finanziert wird die Publikationsinfrastruktur hier von wissenschaftlichen Einrichtungen oder Wissenschaftsverbänden. In Deutschland gilt seit 2014 unter bestimmten Voraussetzungen ein Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaftler*innen.
Wissenschaft lebe „davon, dass Forscherinnen und Forscher Hypothesen, Daten, Methoden und Ergebnisse miteinander teilen, um sie zur Diskussion zu stellen“, so der Wissenschaftsrat. Der freie und offene Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen sei damit essenziell für den Fortschritt der Wissenschaft und für die Gesellschaft.
„Der freie Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen stärkt die Forschung, steigert die gesellschaftliche Rezeption und erhöht die Wirtschaftlichkeit“, heißt es in der Pressemitteilung zur Veröffentlichung. Das gut 130 Seiten starke Papier selbst steht unter der Lizenz CC BY-SA-4.0.
Damit mehr Forscher*innen offen publizieren, sei es insbesondere Aufgabe der Hochschulleitungen, die Transformation zu mehr Open Access zu fördern. Erforderlich seien transparente Informationen und eine Neuregelung der Publikationsfinanzierung. Dazu gehöre für die Hochschulen, sich zuerst ein „Gesamtbild ihrer Ausgaben zu verschaffen“.
Wann wird Open Access Standard? Und zu welchem Preis?
Auch wissenschaftliche Verlage versuchen den Übergang zu Open Access für sich zu nutzen, etwa mit Gebühren für Autor*innen und Datentracking. Erst kürzlich hat Tilman Reitz für iRights.info erläutert, wie sich wissenschaftliches Publizieren im Übergang zu Open Access verändert. Wie ein faires Publikationssystem für die Wissenschaft aussehen kann, das skizziert Amrei Bahr bei iRights.info.
Wer jetzt schon die eigene wissenschaftliche Arbeit offen nachnutzbar und frei zugänglich veröffentlichen möchte, kann sich Tipps und Anregungen im Leitfaden „Rechtsfragen bei Open Science“ holen. Dieser steht in zweiter Auflage – ebenfalls als Open-Access-Publikation – zur Verfügung.
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