EuGH: Privatkopie-Abgabe auch bei Speicherkarten möglich
Mit Pauschalabgaben für privates Kopieren befasst sich ein heute veröffentlichtes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, C-463/12): Die dänische Verwertungsgesellschaft „Copydan Båndkopi“ liegt darüber mit Nokia im Streit. Nokia wollte für die Speicherkarten keine Abgabe zahlen, Copydan Båndkopi dagegen wollte, dass Nokia zahlt. Nach dem dänischen Modell zahlt hier der Hersteller die Abgabe.
In dem Streit geht es zum einen darum, ob die dänische Abgabe für Speicherkarten bei Mobiltelefonen überhaupt mit EU-Recht vereinbar ist. Zum anderen geht es darum, wie solche Regelungen gestaltet werden müssen, was den Streit über Dänemark hinaus relevant macht.
Abgabe auch ohne „Hauptzweck“ Kopieren
Der Gerichtshof hat entschieden, dass auch Speicherkarten für Mobiltelefone mit einer Abgabe belegt werden können, weil das grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar sei. Das gelte auch dann, wenn die Karten nicht hauptsächlich dafür gedacht sind, urheberrechtlich geschützte Werke zu vervielfältigen. Wie weit solche Speicherkarten zum Kopieren zum Beispiel von Musik genutzt werden, habe aber Auswirkungen auf die Höhe der Abgabe.
Privatkopie
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es erlaubt, von urheberrechtlich geschützten Werken Kopien herzustellen, um sie im privaten Rahmen zu nutzen. Zum Beispiel, wenn man man eine Musik-CD für ein anderes Familienmitglied, einen Freund oder eine Freundin kopiert. Häufig hat man dafür an anderer Stelle bereits bezahlt. Die Privatkopie-Regelung ist ein Beispiel für eine Pauschalvergütung. Mehr zum Thema.
Allerdings stellt der Gerichtshof ebenfalls fest: Wenn der „Schaden“ für Rechteinhaber durch privates Kopieren „minimal“ und damit vernachlässigbar sei, könne die Abgabe auch ganz entfallen. Es liege im Ermessen Dänemarks, hier eine Grenze festzulegen. Damit lässt das Urteil eine Möglichkeit offen, die Abgabe auch wieder abzuschaffen.
Weiter heißt es im Urteil: Auch wenn bei Speichergeräten Kopierschutz eingesetzt werde, sei eine Abgabe möglich, falle dann aber womöglich niedriger aus. Weiterhin sei die dänische Regel zulässig, die Abgabe zwar auf Wechselmedien, aber nicht auf internen Speicher wie bei MP3-Playern zu erheben, wenn das durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei.
Auswirkungen auf andere Länder möglich
Insgesamt scheint der Europäische Gerichtshof bei Privatkopien-Abgaben Spielraum für die dänische Regelung zu lassen: Die Abgabe ist im Prinzip mit EU-Recht vereinbar, aber auch ihr Wegfall ist nicht ausgeschlossen. Was für die konkrete Regelung gilt, muss vor allem der dänische Gerichtshof Østre Landsret entscheiden, der sich in dem Streit an den Europäischen Gerichtshof wandte.
Der Streit über Abgaben für Privatkopien ist seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner zwischen der Geräteindustrie, Handel und Verwertungsgesellschaften, der auch den EuGH schon mehrfach beschäftigte, zuletzt etwa im Fall von Amazon. Ob das Urteil auch auf weitere Regelungen solcher Abgaben in den EU-Ländern abfärbt, muss sich jetzt zeigen.
Die Gegner der „Festplattenabgabe“ in Österreich sehen in dem Urteil bereits einen „Sargnagel“ für das dortige Modell. Sie argumentieren, dass etwa bei iTunes gekaufte Inhalte bereits „lizenziert“ seien und für das Kopieren nicht zweimal bezahlt werden müsse. Der Europäische Gerichtshof habe jetzt in ihrem Sinne entschieden. Bei diesem Ansatz hängt es allerdings weitgehend von Anbietern und Rechteinhabern ab, was sie Nutzern etwa beim Kopieren erlauben wollen.
Keine Abgabe für Kopien aus rechtswidriger Quelle
Weiterhin macht der Europäische Gerichtshof im Urteil die Vorgabe, dass die Abgabe nicht für Kopien aus rechtswidrigen Quellen erhoben werden kann. Modelle wie eine „Kulturflatrate“ oder andere Abgaben für Filesharing würden also auch nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs voraussetzen, dass zuerst die Urheberrechts-Richtlinie geändert wird.
Für Nutzer bringen Abgaben zur Privatkopie einerseits höhere Preise, wenn sie Geräte oder Speichermedien kaufen – andererseits sorgen sie auch dafür, dass bestimmte Freiheiten erst möglich sind. Das jetzige Modell der Privatkopie beruht darauf, dass Nutzer „unsichtbare“ Abgaben zahlen und im Gegenzug nicht jede Kopie einzeln erlaubt und vergütet werden muss. Ob dieser Ansatz beibehalten werden soll, hat auch die letzte EU-Kommission bereits beschäftigt.
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