Internet Archive wegen Urheberrechtsverletzung verklagt, Anti-Porno-Filter schlagen bei britischem Politiker an, TikTok und die Musikindustrie
Vier US-Verlage sehen ihr Urheberrecht verletzt und verklagen das Internet Archive. Ein britischer Politiker wird aufgrund seines Namens zu einem Zensurfall für Twitter. Und die chinesische Plattform TikTok bringt neuen Schwung in die Musikindustrie. Das sind die drei Themen unserer Webschau.
US-Verlage verklagen das Internet Archive wegen Urheberrechtsverletzungen
Das Internet Archive hat seit dieser Woche eine Urheberrechtsklage am Hals. Der Grund: Mit der „National Emergency Library“ – zu deutsch etwa „Notstandsbibliothek“ – hatte die Website Ende März mehr als eine Million Buchscans digital und ohne Einschränkungen verfügbar gemacht. Damit wollte die Website vor allem Schüler*innen, Forschende und Lehrende unterstützen, die aufgrund der Corona-Krise und der in Folge geschlossenen Bibliotheken keine Bücher mehr ausleihen konnten. Den vier großen Verlagen Hachette, Harpercollins, Wiley und Penguin Random House gefiel diese Öffnung ganz und gar nicht. In ihrer Anklageschrift (Bericht und PDF bei heise.de) verlangen die Verlage die Schließung der digitalen Notstandsbibliothek und pochen wegen mutmaßlich entgangener Umsätze auf Schadensersatz. Bis zum Beginn der digitalen „National Emergency Library“ funktionierte das Leihsystem des Internet Archive wie eine Bibliothek mit Präsenzbestand: Für einen Zeitraum von maximal zwei Wochen konnte sich immer nur eine Person ein gescanntes Buch ausleihen.
Anti-Porno-Filter und Dominic Cummings – Missverständnis auf Twitter
Vor kurzem geriet Dominic Cummings – einer der wichtigsten Berater von Großbritanniens Premierminister Boris Johnson – in die Schlagzeilen, weil er gegen die britischen Ausgangsbestimmungen verstoßen hatte. In der Folge entstand eine hitzige Debatte, die aber auf Twitter teilweise automatisiert zensiert wurde – von sogenannten „Anti-Porn-Filtern“. Alle Tweets, die das Wort oder den Hashtag „Cummings“ enthielten, wurden automatisch geblockt, weil die Filtertechnologie diese fälschlicherweise als sexuell explizite Darstellungen einstufte. Dies verhinderte offensichtlich, dass die Diskussion um den Berater auf Twitter in den Trends auftauchte. Im Gegensatz dazu trendeten Fehlschreibweisen von Cummings‘ Namen wie #cummnings oder #cummigs. Der Fall ist nicht nur kurios, sondern auch brisant, weil er die Befürchtungen der Gegner*innen der sogenannten „Uploadfilter“ erfüllt. Diese nehmen an, dass die Filtertechnologien nicht nur Urheberrechtsverletzungen verhindern, sondern sich prinzipiell auch gegen rechtlich unbedenkliche, aber politisch nicht erwünschte Aussagen einsetzen lassen und damit die Meinungsfreiheit beschneiden können.
Warum TikTok zu neuen Songstrukturen führt
Die chinesische Social Media-Plattform TikTok ist bunt, laut und schrill. Wer dort auffallen will, muss sich originelle Inhalte überlegen, die die User*innen zum Mitmachen bewegen. Auch für die Musikindustrie scheint TikTok mehr und mehr Bedeutung zu entfalten, wie ein Bericht beim Deutschlandfunk nahelegt: Musiker*innen können sich auf der Plattform durch geschicktes Self-Marketing bekannt machen und durch Mitmach-Challenges Reichweite generieren, bis sie von den großen Labels der Musikindustrie entdeckt werden. Auch auf die Songstruktur nimmt TikTok Einfluss: Die Länge von 15 Sekunden, die TikTok-Clips maximal haben dürfen, wirkt sich auf den Aufbau der dort kreierten Musik aus, zum Beispiel nach dem Schema elf Sekunden Intro und vier Sekunden Höhepunkt. Ob und wie die kurzen Songs von der Plattform vergütet werden (zum Beispiel nach Höhe der Klickzahlen), steht allerdings noch nicht fest. Derzeit verhandelt die Musikindustrie mit der Plattform um angemessene Vergütungen.
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