Rechte an der wissenschaftlichen Arbeit

Nathan Oakley via Flickr CC BY-2.0.
Notwendige Vorfrage einer jeden Publikation urheberrechtlich geschützter Werke ist: Wer kann eigentlich über die Publikation entscheiden, wer hat das Recht zur Veröffentlichung? Diese Frage ist nicht immer leicht zu beantworten.
Grundsätzlich steht dem Urheber das Recht zur Publikation zu (sogenanntes Erstveröffentlichungsrecht). Wer einen Text verfasst, einen Song komponiert oder eine Grafik gestaltet hat, erlangt das Urheberrecht und damit das Recht, über die Veröffentlichung und Verwertung des Werkes zu entscheiden. Wenn ein Werk mehrere Urheber hat, sind sie gemeinsam befugt (Miturheber).
Dies kann anders sein, wenn der Urheber Dienst- oder Arbeitnehmer ist und das betreffende Werk in Erfüllung seiner arbeits- oder dienstvertraglichen Pflichten entstanden ist (Arbeitnehmerwerk). Auch in solchen Konstellationen ist der Urheber zwar Inhaber des Urheberrechts. Es ist aber möglich, dass Veröffentlichungs- und Verwertungsrechte dem Arbeitgeber zustehen.
Merke: Es ist grundsätzlich unerheblich für die Zuordnung des Veröffentlichungsrechts, ob der Urheber angestellt, im öffentlichen Dienst beschäftigt oder verbeamtet ist. Es kommt auf die Details des Beschäftigungsverhältnisses und die vertraglichen Vereinbarungen an. Zur sprachlichen Vereinfachung ist daher im Anschluss nur von Arbeitgebern, Angestellten und Arbeitsverträgen die Rede.
Arbeitgeber erhalten in aller Regel Nutzungsrechte an Arbeitnehmerwerken. Dies gilt für Werke ihrer Mitarbeitenden, wenn sie in Ausübung von deren arbeitsvertraglichen Pflichten entstanden sind (siehe § 43 UrhG). Denn hier, so der Hintergedanke, wurde der Urheber für die Werkschöpfung bezahlt, der Arbeitgeber trägt die Kosten und das wirtschaftliche Risiko. Allerdings gibt es – außer bei angestellten Programmiererinnen und Programmierern – keine gesetzliche Regelung, nach der der Arbeitgeber an Arbeitnehmerwerken stets vollumfänglich und zeitlich unbeschränkt sämtliche Rechte erhält. Daher sollte vertraglich geregelt werden, ob und welche Rechte der Arbeitgeber erhält. Wenn keine konkrete Vereinbarung getroffen wurde, muss diese Frage anhand der Umstände, also angesichts der Details des jeweiligen Arbeitsverhältnisses, beantwortet werden. Ob das Werk in der Arbeitszeit oder der Freizeit, im Büro oder zu Hause geschaffen wurde, sind lediglich Indizien für diese komplexe Abwägung. Für häufig entscheidende Detailfragen liefern sie keine konkreten Hinweise. Offen bleibt hierbei etwa:
- Sind exklusive oder nur nicht exklusive Rechte übergegangen?
- Für welche Nutzungsarten hat der Arbeitgeber, für welche die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer die Rechte?
- Für welche Dauer stehen die Rechte dem Arbeitgeber zu? Fallen sie zurück, wenn die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer kündigt?
Gerade im Hochschulkontext werden erfahrungsgemäß oft keine konkreten vertraglichen Vereinbarungen über Nutzungsrechte geschlossen. Hierdurch entstehen schwer lösbare Fragen in Bezug auf Veröffentlichungs- und Verwertungsrechte. Hat die Hochschule beispielsweise die Nutzungsrechte an Vorlesungsskripten, die Lehrstuhlmitarbeitende erstellt haben, oder können diese selbst über Veröffentlichungen (z.B. auf der Website der Universität oder in einem Repositorium) entscheiden? Haben Hochschulen Rechte an wissenschaftlichen Beiträgen oder an Studien- und Forschungsarbeiten der Studierenden? Fallen Rechte bei einem Wechsel von Autorinnen bzw. Autoren zu einer anderen Hochschule oder zu einem anderen Arbeitgeber wieder an sie zurück?
Allgemeingültige Antworten auf diese Fragen gibt es nur in Sonderkonstellationen. Für Hochschullehrerinnen und -lehrer, also ordentliche und Honorarprofessorinnen und -professoren, Hochschuldozentinnen und -dozenten sowie Lehrbeauftragte, ist etwa anerkannt, dass sie in aller Regel selbst Inhaber der Rechte an ihren Arbeitnehmerwerken sind. Das gilt sowohl für Forschungs- als auch für Lehrinhalte. Begründet wird diese Privilegierung u.a. mit der grundrechtlich geschützten Wissenschaftsfreiheit.
Für Studierende und wissenschaftliche Mitarbeitende
Für andere Hochschulangehörige (wie vor allem wissenschaftliche oder studentische Mitarbeitende) gilt diese Privilegierung, die Hochschullehrerinnen und -lehrer genießen, generell nicht. Denn – so die Grundannahme – sie handeln im Rahmen ihrer dienstvertraglichen Pflichten grundsätzlich weisungsabhängig (in der Regel auf Anweisung ihres Vorgesetzten) und nicht im Rahmen freier wissenschaftlicher Forschung. Schaffen wissenschaftliche Mitarbeitende jedoch Werke außerhalb ihrer weisungsgebundenen Aufgaben, etwa im Rahmen eigenständiger Forschung (z. B. Doktorarbeiten), gilt dies wiederum nicht. Auch an Studienarbeiten und Klausuren etc. hat die Hochschule keine Rechte. Denn bei solchen Arbeiten handelt es sich nicht um Arbeitnehmerwerke. Über die Veröffentlichung und Verwertung solcher Arbeiten können Studierende, Doktorandinnen und Doktoranden und Mitarbeitende selbst entscheiden.
Bei Auftragsforschung und Drittmittelprojekten kann dies wiederum anders sein. Zuwendungsbescheide, Förderbedingungen oder vertragliche Vereinbarungen können durchaus Vorgaben für die in solchen Projekten entstehenden Publikationen enthalten (wie Dissertationen, Papers etc.). DFG-Mittel sind beispielsweise häufig an die Bedingung geknüpft, Forschungsergebnisse als Open Access zu publizieren. Hierdurch wird die Publikationsfreiheit der Forschenden in gewissem Maß eingeschränkt.
Lizenz und Hintergrund dieses Textes
Lizenzhinweis: Dieser Text stammt von Till Kreutzer und Georg Fischer. Er steht unter der offenen Lizenz CC BY-SA 4.0. Das bedeutet, dass der Text unter Beachtung der Lizenzbedingungen weitergenutzt und -verbreitet werden darf.
Der Text ist der neuen Handreichung „Urheberrecht in der Wissenschaft“ entnommen (hier S. 42-45). Gleichzeitig ist die neue Handreichung zu „Urheberrecht in Schulen“ erschienen. Beide stellt iRights.info in diesem Artikel näher vor.
Kostenloser Download der neuen Handreichungen
Beide Handreichungen sind auf dem Repositorium Zenodo veröffentlicht und zur leichteren Zitierweise mit DOI versehen. Auch bei iRights.info sind die PDFs hinterlegt.
„Urheberrecht in Schulen. Ein Überblick für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler“
- Download bei BMBF | Download bei iRights.info
- Download bei Zenodo (DOI: https://doi.org/10.5281/zenodo.8284533)
„Urheberrecht in der Wissenschaft. Ein Überblick für Forschung, Lehre und Bibliotheken“
- Download bei BMBF | Download bei iRights.info
- Download bei Zenodo (DOI: https://doi.org/10.5281/zenodo.8284551)
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DOI für diesen Text: doi.org/10.59350/h0kf4-khe41 · automatische DOI-Vergabe für Blogs über The Rogue Scholar
1 Kommentar
1 Frank Homp am 28. September, 2023 um 14:25
Liebe iRights-Team,
wie muss man damit umgehen, dass der Text unter CC BY-SA 4.0 steht aber VOR der Lizenz der Zusatz, dass die Broschüre nicht verkauft werden darf. Nicht das ich das vorhätte aber gibt es dafür nicht das NC-Modul? Und sticht hier Lizenz die Zusatzklausel mit Verkaufsverbot oder was wiegt mehr?
Liebe Grüße aus Bielefeld
Frank
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