Pressefreiheit gegen Urheberrecht
In der Sache ging es um einen Artikel im Heise-Newsticker, in dem über das Programm Any-DVD der auf Antigua ansässigen Firma Slysoft berichtet wurde. Der Anbieter wirbt damit, dass damit DVD-Kopiersperren verschiedener Art umgangen werden können. Heise hatte über ein Update der Software berichtet, hierbei den Geschäftsführer von Slysoft mit anpreisenden Aussagen über sein Produkt zitiert, aber auch darauf hingewiesen, dass die Umgehung von Kopierschutzsystemen in Deutschland verboten ist. Zusätzlich enthielt der Heise-Artikel auch einen Link auf die Webseite von Slysoft. An dieser Art von Berichterstattung störten sich acht führende Unternehmen der deutschen Musikindustrie, die daraufhin gegen den Heise Verlag eine einstweilige Verfügung beantragten. Das Ziel: Heise solle zukünftig diese Art der Berichterstattung unterlassen, da es sich um getarnte Werbung für verbotene Technologien handele.
Die schriftliche Urteilsbegründung, die jetzt iRights.info vorliegt, erstreckt sich auf 24 Seiten: ein Anzeichen dafür, dass das Landgericht München den Fall durchaus ernst genommen hat. In Bezug auf den Link zu Slysoft erhielten die Klägerinnen recht. Nach der insoweit erlassenen einstweiligen Verfügung darf der Heise Verlag zukünftig nicht mehr auf die Seite von SlySoft verlinken und hierdurch einen Bezug zu der Software Any-DVD herstellen. Die Begründung: Das Anbieten von Any-DVD verstößt gegen Paragraf 95a Urheberrechtsgesetz, weil hiermit technische Schutzmaßnahmen umgangen werden können. An diesem Verstoß soll der Heise-Verlag durch den Link in der Ticker-Meldung Beihilfe geleistet haben. Diese Hilfestellung sieht das Landgericht München darin, dass der Link das Auffinden des Produkts „um ein Vielfaches bequemer gemacht und die Gefahr von Rechtsgutsverletzungen … erheblich erhöht“ hat.
Den Einwand des Verlags, jeder Leser würde die (frei verfügbare) Seite von Slysoft auch ohne den Link im Artikel problemlos finden, ließen die Richter ebenso wenig gelten, wie das Argument, Links seien im Rahmen der Berichterstattung durch die Pressefreiheit gedeckt. Die von dem Link ausgehende Gefahr für die Rechte der Musikindustrie wird im Urteil für so schwerwiegend erklärt, dass das durch die Pressefreiheit geschützte Interesse am Setzen des Links zurücktreten müsse.
Eher der Pressefreiheit zugeneigt zeigen sich die Richter in Bezug auf den zweiten Antrag. Hiernach sollte dem Heise-Verlag diese Art Berichterstattung insgesamt untersagt werden. Die klagenden Unternehmen vertraten die Ansicht, bei dem Artikel habe es sich um reine (Schleich)Werbung für Any-DVD gehandelt. Dem wollten die Richter jedoch nicht folgen. Trotz aller Hinweise auf das rechtswidrige Angebot der Software habe es sich bei der Meldung nicht um Werbung, sondern um Presseberichterstattung gehandelt. Der Beitrag könne nicht als gezielte Verkaufsförderung für das Programm angesehen werden, noch habe er dazu gedient, das Cracken von DVD-Kopiersperren zu fördern. Vielmehr habe sich der Text durchaus von dem Produkt und den Werbeaussagen von SlySoft distanziert.
Beide Parteien können nun gegen das Urteil Berufung einlegen. Ob dies geschehen wird, ist bislang offen. Laut Joerg Heidrich, dem Justitiar des Heise-Verlags, werden die Aussichten eines Rechtsmittels noch geprüft.
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