Kleine Helfer, große Hilfe: Lizenzhinweise für OER erstellen und nutzen
Wer Open Educational Resources (OER) verwendet, muss darauf achten, welche Befugnisse die genutzten Materialien mit sich bringen, unter welchen Lizenzen sie also veröffentlicht sind. Zudem gilt es auch bei völlig neu entstehenden Lehr- und Lernmaterialien, diese richtig zu lizenzieren. All das erledigt ein Lizenzhinweis. Ein solcher Hinweis soll die verwendeten Bestandteile berücksichtigen und Vorgaben für die weitere Nutzung machen.
Creative Commons
Mit Creative-Commons-Lizenzen können Urheber festlegen, dass andere ihre Werke leichter verwenden können. Es ist eine Alternative zum „Alle Rechte vorbehalten“ im klassischen Zuschnitt des Urheberrechts. Dafür bietet die Organisation Creative Commons vorgefertigte Lizenzverträge an. Sie bestehen aus Modulen, mit denen ein Urheber zum Beispiel erlauben kann, sein Musikstück zu verwenden, solange er genannt wird. Er kann aber auch einschränken, dass das Werk nicht bearbeitet werden darf oder etwa nur nicht-kommerzielle Nutzungen erlaubt sind. Mehr zum Thema.
Verschiedene Werkzeuge und Dienste können Lehrende dabei unterstützen, Lizenzhinweise zu erstellen. Für alle solchen Tools gilt: Sie sind naturgemäß nur so gut wie die zugrunde liegenden Daten, die die Inhalte beschreiben – die sogenannten Metadaten. Entsprechend können fehlerhafte Daten in Einzelfällen zu falschen Lizenzhinweisen führen. Ein prüfender Blick auf die Plausibilität der so erstellten Hinweise ist daher immer ratsam.
Der Lizenzhinweisgenerator
Unter lizenzhinweisgenerator.de bietet der Verein Wikimedia Deutschland ein ausdifferenziertes Werkzeug an. Der Generator lässt sich für Bilder aus Wikipedia und der angeschlossenen Mediensammlung Wikimedia Commons verwenden. Nach Eingabe des Links zu einem dort veröffentlichten Bild oder einem Artikel aus der Wikipedia liefert der Generator die betreffenden Lizenzangaben aus.
Nutzer können unter anderem angeben, in welche Art von Dokument das Material einfließen wird. Bei eigenen Bearbeitungen lässt sich einstellen, unter welchen Lizenzbedingungen das Endprodukt veröffentlicht werden soll. Ergebnis der mehrstufigen Abfrage ist ein fertiger Lizenzhinweis, der in der Regel alle nötigen Angaben über Urheber, Werktitel und Lizenz enthält. Je nach verwendetem Medium lässt sich der Hinweis als Text oder HTML-Code übernehmen.
Seit einigen Wochen ist der Lizenzhinweisgenerator zusätzlich auf Englisch, Spanisch und Portugiesisch verfügbar. Neuerdings lassen sich auch Hinweise für gemeinfreie Bilder erzeugen. Für solche Werke sind Lizenzhinweise keine Pflicht, aber oft sinnvoll.
Die Funktionen des Generators will der deutsche Wikimedia-Verein in Zukunft ausbauen, wie er auf Anfrage von iRights.info mitteilt. Geplant sei unter anderem eine Erweiterung für das Content-Management-System Wordpress. Damit ließe sich der Generator in die Arbeitsumgebung von Bloggern und Website-Betreibern integrieren. Auch soll es über eine offene Programmierschnittstelle (API) möglich werden, den Lizenzhinweisgenerator an weitere Plattformen anzudocken, die ebenfalls freie Inhalte anbieten.
Tutory
Tutory ist ein kommerzieller Onlinedienst zum Erstellen von Arbeitsblättern und weiteren Lehrmaterialien. Hierfür stellt der Anbieter unter anderem Vorlagen zur Verfügung. Nutzer der Plattform können dort Inhalte veröffentlichen oder für Kollegen bereitstellen. Tutory kann auch als Desktop-Anwendung heruntergeladen werden. Aus dem Dienst heraus lässt sich auf mehrere Mediendatenbanken mit frei nutzbaren Inhalten zugreifen, etwa Wikimedia Commons, Flickr, Pixabay und Openclipart. In einer Variante mit eingeschränktem Funktionsumfang ist Tutory kostenlos verfügbar.
Über den Dienst lassen sich offene Bildungsmaterialien zum einen auffinden und zum anderen weiterverwenden. Je nachdem, mit welchen Bedingungen bestehende Materialien versehen wurden, werden diese in weiteren Bearbeitungsschritten übernommen. Veröffentlichte Materialien werden auch von Suchmaschinen indiziert. Werden vorhandene freie Materialien weiterverwendet, halten die Routinen Schritt und schlagen die Vergabe neuer Lizenzen vor, wenn sie Textänderungen bemerken. Umfangreiche Lizenzinformationen bündelt das System in einem Link, der auf ausführliche Hinweise führt.
Als OER veröffentlicht wird nach Angaben von Tutory bislang jedoch nur eine Minderheit der Inhalte. Derzeit seien knapp ein Zehntel der auf der Plattform erzeugten Materialien veröffentlicht und für eine weitere Nutzung freigegeben. Der Großteil der Inhalte verbleibe in der Einstellung zur privaten Nutzung.
Die Macher vermuten, dass viele Lehrende es zwar gewohnt sind, Materialien von anderen zu benutzen und zu verändern, es aber noch ein neuer Gedanke sei, eigene Bearbeitungen öffentlich zur Verfügung zu stellen. Zudem sei es für viele Nutzer eine Hürde, sich mit rechtlichen Fragen wie der Grenze zu einer urheberrechtlichen „Bearbeitung“ beschäftigen zu müssen. Der Dienst bietet zum Nutzen, Erstellen und Bearbeiten offener Bildungsmaterialien auf seiner Plattform Leitfäden an, die solche und andere Fragen aufgreifen.
H5P
H5P ist ein webbasiertes Editierwerkzeug, um interaktive Lehrmaterialien zu erzeugen, beispielsweise ein Quiz, Lernkarten, Arbeitsbögen, Fragebögen oder auch interaktive Videos. Für Letztere lassen sich Videos unter anderem mit zwischengeschalteten Fragen, Zusatzinformation oder Sprungmarken versehen.
Die Editierwerkzeuge lassen sich mit Erweiterungen in die Content-Management-Systeme Wordpress und Drupal einbinden. Auch mit Lernplattformen wie Moodle und Ilias lassen sich die Werkzeuge verknüpfen. Das erleichtert es, die damit angefertigten Materialien anderen zur Verfügung zu stellen. Über eine Nutzerschnittstelle lassen sich beispielsweise Antworten auf ein Quiz erfassen und auswerten.
H5P wurde ursprünglich als Infrastruktur für Schulen in Norwegen von der Firma Joubel entwickelt. Das Open-Source-Projekt arbeitet mit etablierten Web-Standards wie etwa HTML5, die Inhalte sind mit entsprechenden Codes daher leicht auf Webseiten einzubinden.
Die Entwickler haben Dialoge integriert, über die sich freie Lizenzen auswählen und zugehörige Lizenzhinweise halbautomatisch erstellen lassen. Dazu lassen sich unter anderem Autoren- und Werkname verwendeter Materialien und weitere Informationen angeben. Die Software generiert dann zu einem mit H5P erstellten Inhalt eine Schaltfläche, die diese Informationen in gebündelter Form enthält.
Anders als bei Tutory lassen sich die mit H5P erstellten Materialien auch „unfrei“, also nicht als OER, sondern mit klassischem Rechtevorbehalt veröffentlichen. Zwar ist die Auswahl an Vorlagen und Materialien, die man für OER nutzen kann, schon recht groß – nach H5P-Angaben sind es rund 600.000 Inhalte. Doch sind gezielte Recherchen nach nutzbaren Materialien im H5P-Paketformat derzeit nur schwer möglich. Die Entwickler haben angekündigt, weitere Funktionen zum Suchen, Filtern und Übernehmen solcher Pakete bereitzustellen. Bislang ist dazu der Umweg nötig, mit H5P erstellte Pakete herunterzuladen, um anschließende Bearbeitungen per Upload in das eigene Projekt einzubinden.
CC License Chooser
Der von der Organisation Creative Commons (CC) entwickelte und auf der CC-Website zur Verfügung gestellte Licence Chooser beschränkt sich auf einen mehrstufigen Dialog zur Lizenz-Auswahl für selbst geschaffene Inhalte. Er ermöglicht es, zwischen den verfügbaren CC-Lizenzen zu wählen und einige Metadaten einzutragen. Daraus generiert das Werkzeug einen maschinenlesbaren Code der Lizenzangaben, der vor allem für Webseiten geeignet und mit den nötigen Angaben für Suchmaschinen versehen ist.
Der License Chooser ist schlicht und praktisch, aber nur dann sinnvoll, wenn keine bereits vorhandenen und CC-lizenzierten Materialien in eigene Inhalte einfließen. Daher stößt er schnell an seine Grenzen.
LicenseApp
Die an der TU Graz entwickelte LicenseApp ist für Bilder gedacht und für iOS– sowie Android-Geräte verfügbar. Fotos können per Smartphone mit einer CC-Freigabe versehen werden, indem sie mit einem sichtbaren Wasserzeichen überlagert werden.
Dazu müssen Nutzer einen mehrstufigen Dialog durchlaufen, an dessen Ende das markierte Foto als neue Datei gespeichert wird. In der App lässt sich unter anderem festlegen, wo und wie das Wasserzeichen und die Urhebernennung über das Bild gelegt werden.
Der Wasserzeichen-Ansatz mag für manche Einsatzzwecke hilfreich sein, etwa um speziell gekennzeichnete Vorschaubilder zu erzeugen. Er bringt jedoch auch Nachteile mit sich. So kann das eigentliche Bild durch den Lizenzkasten verstümmelt wirken. Problematischer noch: Bearbeitungen und Beschnitte sind unter Umständen unzulässig.
Sinnvoller wären Lizenzangaben als strukturierte und maschinenlesbare Metadaten der Fotos. Fortgeschrittene Anwender können diese zwar mit Bildbearbeitungsprogrammen ergänzen, allerdings werden Metadaten von Fotodiensten oft ignoriert oder verworfen. Wer Fotos gezielt freigeben und auffindbar machen möchte, fährt mit den Optionen von Plattformen wie Wikimedia Commons oder Flickr bislang besser. Dort werden freie Lizenzen zur Auswahl gestellt und die Inhalte in den Bildbeschreibungen entsprechend gekennzeichnet.
OER und Recht
Zu Open Educational Resources (OER) zählen Lehrmaterialien, die unter freien Lizenzen veröffentlicht werden. Diese Artikelreihe gibt Tipps zu rechtlichen und praktischen Aspekten von OER. Die Beiträge entstehen im Rahmen von Jointly, einem vom Bildungs- und Forschungsministerium geförderten Verbund zur Unterstützung von OER-Projekten, zu dessen vier Projektpartnern iRights e.V. zählt. Bislang erschienen:
- Fünf Tipps für gutes Lizenzieren von OER
- Kombinieren, Bearbeiten, Remixen: OER richtig verwenden
- Was ist Creative Commons Zero?
- Offen für Kommerz? Bildungsmaterialien und das Problem nicht-kommerzieller Lizenzen
- Kleine Helfer, große Hilfe: Lizenzhinweise für OER erstellen und nutzen
- Abmahnungen bei Creative Commons: Wer, Warum, Was tun?
- Nach der Reform der Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft – OER bleiben notwendig
- Loslassen als OER-Prinzip. Von Kontrollverzicht zu Bedeutungsgewinn
Lizenz dieses Beitrags: Creative Commons Attribution 4.0 International.
1 Kommentar
1 Matthias Andrasch am 22. Februar, 2018 um 11:55
Für Flickr kann ich imagecodr noch empfehlen:
http://www.imagecodr.org
Außerdem habe ich hier einen kleinen Versuch gestartet, den license Chooser für OER zu vereinfachen: https://oerhoernchen.de/bildungsteiler
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