Cyber-Mobbing und was man dagegen tun kann (I): Erscheinungsformen, Gründe und Auslöser

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Ratgeber: Cyber-Mobbing und was man dagegen tun kann
- Teil 1: Erscheinungsformen, Gründe und Auslöser
- Teil 2: Das richtige Gegenmittel wählen
- Teil 3: Grundregeln für Betroffene
Im Englischen bezeichnet das Wort „Bully“ eine Person, die Andere absichtlich quält. Das kann offen und körperlich durch Prügel in der Umkleide ebenso geschehen wie versteckt oder psychisch durch die Verbreitung peinlicher Gerüchte. Solches „Bullying“ kann letztlich bei allen Arten des Umgangs miteinander stattfinden. Wenn dazu Internet oder Smartphone eingesetzt werden, dann spricht man neudeutsch von „Cyber-Mobbing“ oder von „Cyberbullying“. Beide Begriffe beschreiben dasselbe Phänomen. Zwecks besserer Lesbarkeit wird in diesem Text der Begriff Cyber-Mobbing verwendet.
Unterschiede zum „normalen“ Mobbing
Dass das Cyber-Mobbing einen eigenen Namen bekommen hat, liegt nicht nur daran, dass es erst mit den modernen elektronischen Kommunikationsmitteln aufgekommen ist. Es unterscheidet sich vom herkömmlichen Mobbing durch ein paar entscheidende Eigenheiten. Diese werden im Folgenden vorgestellt. Oft werden Betroffene sowohl offline als auch online gemobbt. Das macht es für sie in vielen Fällen noch schwerer.
- Die Möglichkeiten, anonym und unerkannt vorzugehen, sind beim Cyber-Mobbing wesentlich größer als in der analogen Welt. Sicherlich kann man Drohungen gegen Mitschüler, Kollegen oder andere Personen auch über anonyme Nachrichten auf Papierzetteln aussprechen, aber die muss man letztlich persönlich oder durch willige Helfer beim Opfer abliefern. Dabei kann man gesehen werden und allgemein fliegt so etwas schnell einmal auf. Im Internet dagegen liefern automatische Systeme und Webdienste die boshaften Nachrichten aus. Auch dabei kann zwar prinzipiell die Identität des Täters ermittelt werden, aber es dauert in der Regel länger, ist umständlicher und manche glauben auch, es ginge gar nicht. Die Folge ist, dass die Hemmschwellen sinken, denn manch ein Täter glaubt, sich im Netz problemlos hinter nichtssagenden Nicknames und gefälschten Profilen verstecken zu können.
- Cyber-Mobbing ist oft effektiver: Wer in der Offline-Welt ein schädigendes Gerücht streuen will, muss einiges an Zeit und Aufwand betreiben, bis es ausreichend viele Personen erreicht hat, um dem Opfer aufzufallen und zu schaden. Das Internet dagegen entspricht einem Turbolader der Informationsverbreitung. Über Foren, Soziale Netzwerke, Video-Portale, Messenger-Apps, massenhaft versandte E-Mails und dergleichen kann ein großer Zuhörerkreis in sehr kurzer Zeit erreicht werden.
- Ein dritter Unterschied ist nicht zu unterschätzen: Cyber-Mobbing findet prinzipiell permanent statt, wird also nicht einmal durch Schulschluss, Feierabend oder Ferien unterbrochen. Dieser Aspekt hat sich durch die Verbreitung von Smartphones noch einmal verstärkt. Eine verleumderische Webseite, ein verletzendes Online-Video oder eine Hass-Gruppe zum Beispiel bei Facebook sind rund um die Uhr erreichbar, auf Sozialen Netzwerken und in Gruppen-Chats ist eigentlich immer irgendjemand aktiv. Theoretisch könnte sich das Opfer dann nur dadurch dem Druck entziehen, dass es diese Kommunikationsmittel nicht mehr benutzt – was heute kaum mehr möglich ist. Und selbst dann würden andere Nutzer die Beleidigungen und Verleumdungen nach wie vor präsentiert bekommen, ihnen im schlimmsten Fall Glauben schenken und entsprechend auf das Opfer reagieren.
Gründe und Auslöser
Was die Gründe und Auslöser angeht, unterscheidet sich Cyber-Mobbing kaum vom herkömmlichen Mobbing oder von anderen Formen physischer oder psychischer Gewalt – und wie betont, finden Mobbing und Cyber-Mobbing in vielen Fällen und vor allem unter Jugendlichen parallel statt. Die Gründe, warum jemand Mobbing-Opfer wird, sind nicht das Hauptthema dieses Artikels. Aber manchmal wird Mobbing schon allein dadurch etwas erträglicher, dass man als Opfer die Vorgänge besser versteht, denen man ausgesetzt ist.
Menschen demütigen andere häufig, um dadurch in den Augen irgendeiner Gruppe den eigenen Status zu verbessern. Das gelingt oft auch, wenn der Täter mit der Demütigung unterlegener Personen durchkommt. Ähnlich ist die Situation, in der jemand dadurch zum Täter wird, dass er solches Verhalten beobachtet hat. Er hat vielleicht erlebt, wie ein anderer fertig gemacht wurde, und um nun zu vermeiden, selbst in die Gruppe der „Loser“ zu geraten, wird er selbst zum Täter oder beteiligt sich in anderer Form am Mobbing.
Mobbing kann auch einen ganz konkreten Anlass haben, der mit dem Opfer direkt zu tun hat. Klassische Beispiele sind zerbrochene Freundschaften, bei denen sich jemand zurückgesetzt fühlt und damit nicht klarkommt. Dann nutzt beispielsweise eine gekränkte Schülerin ihre intimen Kenntnisse über ihre frühere beste Freundin, um sich für den Freundschaftsentzug zu rächen.
Aber natürlich muss es nicht immer um frühere Beziehungen gehen. Es kann auch passieren, dass ein Täter sich im Verhältnis zum Opfer unterlegen gefühlt hat. Anlässe dafür können aus Sicht des Opfers ganz unbedeutend aussehen: Zum Beispiel eine vom Täter falsch beantwortete Frage des Lehrers, die das spätere Opfer dann richtig beantwortet hat, oder eine vergleichbare Situation im Arbeitsleben.
Cyber-Mobbing kann vieles heißen
Der Phantasie sind beim Piesacken kaum Grenzen gesetzt. Das gilt natürlich auch für die elektronische Variante. Ein paar Beispiele für die häufigsten Erscheinungsformen:
Belästigung
Hierunter fallen das massive Versenden von terrorisierenden und beleidigenden Nachrichten über Messenger-Apps, SMS oder E-Mail sowie beleidigende Beiträge und Nachrichten in Sozialen Netzwerken. Eine weitere Möglichkeit ist es, anstößige oder unerwünschte Inhalte (Videos, Bilder, Viren etc.) an das Opfer oder im Namen des Opfers an andere Personen zu verschicken.
Bloßstellung
Veröffentlichung von intimen Informationen des Opfers. Es werden also private Geschichten oder Geheimnisse über das Internet verbreitet. Diese Art des Cyber-Mobbings ist besonders belastend, weil die Informationen oft nicht einfach als erfunden abgetan werden können und sich das Opfer deshalb schämt.
Diffamierung und Rufschädigung
Das Gleiche wie bei der Bloßstellung, nur sind die diffamierenden Behauptungen unwahr. Dazu zählt auch die Verbreitung von Fakes in Form von nachbearbeiteten Fotos sowie von gefälschten Nachrichten, E-Mails, Postings und Ähnlichem. Meist bekommt das Opfer dies zunächst gar nicht mit und merkt es erst später, wenn bereits der Rest der Schule, die Arbeitskollegen oder andere Personen über ihn oder sie tuscheln. Besonders feige ist es, für die Diffamierung fremde Nutzerkonten zu benutzen, deren Passworte vorher ausgespäht oder dem Täter verraten wurden. In diesem Fall spricht man von „Identitätsklau“.
Demütigung
Dabei geht es dem Täter meistens darum, die direkte Reaktion des Opfers mitzukriegen. Im Online-Bereich sind sogenannte „Happy-Slapping-Videos“ ein bekanntes Beispiel. Dabei werden unterlegene Mitschüler oder andere Personen mittels Handykamera dabei gefilmt, wie sie von anderen verprügelt werden. Diese Videos werden dann per Messenger oder Video-Portal verbreitet. Eine weitere Variante sind gefälschte Pornobilder, die in Fotoalben hochgeladen oder per Messenger verbreitet werden. Auch Nacktbilder oder -filme, die in einer Beziehung ausgetauscht wurden, können für Cyber-Mobbing missbraucht werden („Rachepornos“). Allgemein sind alle Foren und Communities für diese Art des Cyber-Mobbings anfällig, wenn dort Kommentare und Nachrichten ohne Sichtkontrolle durch einen Moderator gepostet werden können. Eine weitere Variante sind spezialisierte „Hass-Gruppen“ in Sozialen Netzwerken oder über Messenger. Sie richten sich gezielt gegen einzelne Mitschüler und in vielen Fällen hat der oder die Betroffene keinen Zugriff. So kann nur vermutet werden, welche Gemeinheiten in der Gruppe verbreitet werden, was die Unsicherheit noch vergrößert.
Bedrohung
Diese besonders aggressive Art von Cyber-Mobbing erfolgt zwar immer direkt, oft aber anonym oder unter falschem Namen. Die möglichen Inhalte der Drohungen umfassen alles, was Menschen einander antun können, von Rufschädigung über die Zerstörung von Gegenständen bis zu körperlichen Angriffen. Auch Morddrohungen sind keine Seltenheit. Gleich doppelt wirken Bedrohungen, die über fremde E-Mail-Postfächer, Messenger-Accounts oder Facebook-Profile laufen. Dann werden auch die eigentlichen Inhaber dieser Profile und Accounts mit in die Sache hineingezogen.
- Fortsetzung: Cyber-Mobbing – Das richtige Gegenmittel wählen
Rechtsfragen im Netz
Dieser Text ist im Rahmen der Themenreihe „Rechtsfragen im Netz“ in Zusammenarbeit mit Klicksafe entstanden. Klicksafe ist eine Initiative im Rahmen des „Safer Internet Programme“ der Europäischen Union, getragen von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz und der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.
Der Text steht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung – Keine Bearbeitung 2.0 Deutschland (CC BY-ND 2.0 DE).
Der Beitrag wurde zuerst am 7.10.2010 veröffentlicht und im Juni 2017 überarbeitet. Die Aktualisierung berücksichtigt neuere Entwicklungen, Rechtsprechung und Gesetzgebung.
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4 Kommentare
1 Sahrah schmidt am 16. November, 2017 um 10:03
Cool
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