Betreiber, Störer, Nutzer: Wer haftet bei der WLAN-Nutzung?
Dieser Artikel ist eine gründlich überarbeitete und aktualisierte Version eines älteren Textes auf iRights.info zum gleichen Thema.
Abmahnbriefe aufgrund von Urheberrechtsverletzungen haben schon viele Internetnutzer bekommen. Aber nicht immer sind es die Anschlussinhaber selbst, die sie begangen haben. Es können auch andere Nutzer sein, die sich über das Funknetzwerk mit dem Internet verbinden, zum Beispiel Gäste oder Mitbewohner der Anschlussinhaber.
Dennoch ist es in der Regel immer der Inhaber des Internetanschlusses, der abgemahnt wird. Denn wer wirklich der Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, also zum Beispiel ein Musikalbum unbefugt zum Download angeboten hat, bleibt zunächst verborgen. Für Außenstehende ist allenfalls die IP-Adresse sichtbar, die den Anschluss identifiziert.
Täter und Störer bei Rechtsverletzungen
Die Gerichte haben über die letzten Jahre eine Reihe von Kriterien zur Haftung in solchen Fällen entwickelt. Danach wird zunächst vermutet, dass der Anschlussinhaber auch derjenige ist, der eine Rechtsverletzung begangen hat. Nachdem er eine Abmahnung erhalten hat, muss er daher zeigen, dass es sich anders zugetragen hat, wenn er nicht selbst Täter war.
Der Anschlussinhaber muss also darlegen, dass andere die Rechtsverletzung begangen haben können, um seiner eigenen Haftung als Täter zu entgehen. Selbst wenn ihm das gelingt, ist es damit aber noch nicht getan. Der Grund dafür ist die sogenannte Störerhaftung.
Ein Störer ist jemand, der selbst nicht Täter ist, aber mit seinem Handeln dazu beiträgt, dass Rechtsverletzungen geschehen. Bei Urheberrechtsverletzungen kann das zum Beispiel ein Forenbetreiber sein, auf dessen Seiten Nutzer Links zu urheberrechtlich geschützten Dateien veröffentlichen.
Auch wenn der Betreiber die Dateien nicht selbst hochgeladen hat, so stellt er doch die Plattform zur Verfügung, über die der Zugang gewährt wird. Ähnlich verhält es sich bei jemandem, der einen Internetanschluss betreibt, weil er damit die Möglichkeit schafft, dass andere darüber Rechtsverletzungen begehen.
Öffentliche WLAN-Netze: Sperren statt Haften
Seit September 2017 gibt es eine spezielle gesetzliche Regelung, mit der die Störerhaftung zumindest für Anbieter eines öffentlichen Funknetzes endgültig abgeschafft wird. Wer in der Vergangenheit seinen Internetanschluss für jeden geöffnet hatte, ging ein hohes finanzielles Risiko ein. Es drohte immer die Gefahr, für die Kosten einer Abmahnung aufkommen zu müssen, wenn jemand über den Anschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen hatte.
Der Bundestag hatte sich bereits 2016 dieser Problematik angenommen und eine kleine Gesetzesreform auf den Weg gebracht. Es sollte klargestellt werden, dass Anbieter eines öffentlichen WLANs nicht für Rechtsverletzungen ihrer Nutzer haften. Allerdings ging das nicht eindeutig aus dem Gesetzestext selbst hervor, was für Kritik von vielen Seiten sorgte.
Es musste nachgebessert werden, was 2017 geschah. Im Gesetz steht nunmehr ein ausdrücklicher Haftungsausschluss für WLAN-Anbieter. Zudem ist ausdrücklich festgehalten, dass diese nicht dazu verpflichtet werden dürfen, eine vorherige Registrierung ihrer Nutzer zu verlangen. Die Zeiten der Rechtsunsicherheit und des Kostenrisikos durch massenhafte Abmahnungen sind damit vorbei.
Filterlisten oder andere Sperren bleiben möglich
Gänzlich befreit von Konsequenzen sind WLAN-Anbieter aber nicht, wenn über ihren Anschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde. Denn dann kann der betroffene Rechteinhaber von ihm auch weiterhin verlangen, sicherzustellen, dass sich diese konkrete Rechtsverletzung nicht wiederholt. Das Gesetz macht keine genauen Vorgaben dazu, außer dass die zu ergreifende Maßnahme „zumutbar und verhältnismäßig“ sein muss.
Das bedeutet, dass abhängig vom Einzelfall unterschiedliche Lösungen in Betracht kommen können. Die Gesetzesbegründung (PDF) nennt etwa die Möglichkeit, dass der WLAN-Anbieter den Router so einstellt, dass der Zugang zu Tauschbörsen nicht mehr funktioniert. Daneben könnte auch der Aufruf bestimmter Webseiten im Router blockiert werden. Dazu gibt es bei vielen Routern in gewissem Rahmen die Möglichkeit, Filterlisten (Blacklists) anzulegen oder bereits bestehende Listen auf den Router aufzuspielen.
Wann eine Sperrmaßnahme ausreichend ist, wird aber im Zweifelsfall ein Gericht entscheiden müssen. Auch muss sich noch zeigen, wie hoch das mit solchen gerichtlichen Anordnungen verbundene Kostenrisiko ist.
Privates WLAN – Wer haftet bei ungesicherten Netzwerken?
Noch ist ungeklärt, ob die Befreiung von der Störerhaftung auch für WLAN-Anschlüsse gilt, die nur im privaten Kreis genutzt werden. Einerseits ist die Haftungsbefreiung ihrem Wortlaut nach nicht auf gewerbliche oder öffentliche Anbieter beschränkt. Andererseits zielt die Gesetzesänderung darauf ab, gerade die Anbieter öffentlicher Funknetze von einer Haftung zu befreien.
Wer bis zur endgültigen Klärung dieser Frage kein Risiko eingehen will, sollte sich daher weiterhin an die bisherigen Anforderungen halten. Danach müssen Anschlussinhaber sicherstellen, dass ihr Netzwerk nicht von unbekannten Dritten für Urheberrechtsverletzungen missbraucht werden kann.
Das bedeutet nicht, jede noch so teure oder technisch anspruchsvolle Sicherung vorzunehmen. Stattdessen ist der Anschlussinhaber verpflichtet, „zumutbare Maßnahmen“ zu ergreifen. Dazu gehört es, den Zugang zum WLAN-Netz mit einem wirksamen Passwort zu schützen. Es muss also ausreichend sicher sein: Voreingestellte Passwörter, die bei allen Routern dieser Marke gleich sind, oder Passwörter wie „admin“ oder „1234“, die leicht zu erraten sind, gehören nicht dazu.
Einige Router-Modelle kann man schon mit einem individuellen Passwort kaufen. Das Passwort ist zwar voreingestellt, aber nur einmal für einen einzigen Router vergeben worden. Oft ist es ausreichend lang und besteht aus einer Kombination von Klein- und Großbuchstaben sowie Zahlen; meist ist es auf der Rückseite des Routers aufgeklebt. Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein solches voreingestelltes und individuelles Passwort ausreichend ist.
Aus Sicherheitsaspekten ist es grundsätzlich empfehlenswert, das WLAN-Passwort dennoch zu ändern. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfiehlt bei WLANs mittlerweile, ein Passwort von mindestens 20 Zeichen zu vergeben.
Zusätzlich zum sicheren Zugangspasswort muss am Router ein ausreichend wirksames Verschlüsselungsverfahren eingestellt sein. Aktuell ist hier die sogenannte WPA2-Verschlüsselung der Standard und diese sollte man auch dringend benutzen. Andere Verschlüsselungsverfahren wie „WEP“ sind technisch veraltet. Angreifer können sie innerhalb von kurzer Zeit knacken.
Nicht nötig ist es, seine Netzwerkeinstellungen ständig zu überprüfen oder etwa alle zwei Wochen ein neues Passwort zu vergeben. Man sollte aber seine Router-Software regelmäßig aktualisieren, da zwischenzeitlich auftauchende Fehler in der Software ausgenutzt werden können, um sich Zugang zum WLAN zu verschaffen. Erfährt man davon, dass der eigene Router von einem solchen Fehler betroffen ist und führt man kein Update durch, kann das eine Haftung als Störer zur Folge haben.
Haften Eltern für ihre minderjährigen Kinder?
Viele Eltern fragen sich, ob sie für einen illegalen Dateitausch ihres minderjährigen Nachwuchses haften. Dabei ist es übrigens gleich, ob die Verbindung zum Internet per WLAN oder Kabel erfolgte. Der Bundesgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Voraussetzungen für eine Haftung der Eltern als Störer recht klar umrissen.
Die Richter hatten unter anderem über einen Fall zu entscheiden, in dem ein damals dreizehnjähriges Kind am eigenen Computer Tauschbörsen genutzt hatte. Allerdings konnten die Eltern nachweisen, ihr Kind darüber belehrt zu haben, keine Dateien unerlaubt in Tauschbörsen anbieten zu dürfen. Daher hafteten sie nicht als Störer und mussten auch nicht die Kosten ihrer Abmahnung tragen.
Eltern minderjähriger Kinder sollten diese daher darüber aufklären, dass die Nutzung von Tauschbörsen illegal sein kann, und diese ausdrücklich verbieten. Zusätzliche Maßnahmen sind im Normalfall nicht erforderlich. Eltern müssen die Rechner ihrer minderjährigen Kinder also nicht ohne Anlass kontrollieren oder Filtersoftware installieren.
Erfahren sie allerdings davon, dass ihr Kind unerlaubtes Filesharing betreibt, müssen sie einschreiten. Im Ergebnis bedeutet das, dass die Eltern dann nicht als Störer für Rechtsverletzungen ihrer minderjährigen Kinder haften müssen, wenn sie diese aufgeklärt haben, ein Verbot ausgesprochen haben und keinen Grund haben, ihnen zu misstrauen.
Allerdings müssen die Eltern im Streitfall nachweisen, dass die Belehrung tatsächlich stattgefunden hat. Es ist daher zu raten, diese zum Beispiel in einem Protokoll oder zumindest im Kalender festzuhalten, auch wenn das seltsam klingen mag. So mussten Eltern bereits als Störer haften, weil sie eine solche Belehrung nicht nachweisen konnten.
Ob und inwieweit Kinder und Jugendliche für die begangene Rechtsverletzung selbst haften, lässt sich pauschal nicht beantworten. Hier kommt es etwa auf die Einsichtsfähigkeit bei Minderjährigen an.
Haftung bei Erwachsenen: Gäste, Nachbarn, Wohngemeinschaften
Neben Kindern kommen noch verschiedene weitere Personen in Betracht, die den eigenen Internetanschluss mitnutzen können, zum Beispiel Gäste, Untermieter, Mitbewohner in Wohngemeinschaften und Nachbarn. Was die Haftung des Anschlussinhabers als Störer anbelangt, ergeben sich zwischen diesen Personengruppen keine prinzipiellen Unterschiede. Denn bei ihnen handelt es sich um Erwachsene, zu deren Aufsicht der Anschlussinhaber nicht verpflichtet ist.
Wer erwachsen ist, sollte wissen, was im Internet erlaubt ist und was nicht und muss daher nicht belehrt werden. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof in einem weiteren Fall entschieden, dass eine Anschlussinhaberin nicht verantwortlich ist, wenn ihre erwachsene Nichte und ihr Lebensgefährte, die bei ihr zu Gast waren, Urheberrechtsverletzungen über ihren Internetanschluss begangen haben.
Solange keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Urheberrechtsverletzungen begangen werden, müssen auch keine Maßnahmen ergriffen werden, um ihnen vorzubeugen. Diese Rechtsprechung lässt sich auch auf andere Fälle erwachsener Anschlussnutzer übertragen.
Das bedeutet zum Beispiel, dass in Wohngemeinschaften derjenige, auf dessen Namen der Internetanschluss gemeldet ist, die erwachsenen Mitnutzer nicht überwachen muss. Er muss sie auch nicht ohne Anlass belehren, weil sie auch so wissen sollten, was sie im Netz tun dürfen
Was mache ich, wenn ich abgemahnt werde?
Egal ob man einen rein privaten oder einen öffentlichen Internetanschluss betreibt: Auf keinen Fall sollte man eine Abmahnung einfach ignorieren, selbst wenn man sie für falsch hält. Tut man das, riskiert man einen Rechtsstreit, bei dem zusätzliche Kosten anfallen. In einer Abmahnung wird nicht nur erklärt, um welche Rechtsverletzung es sich genau handelt, es werden auch die anwaltlichen Kosten für die Abmahnung verlangt.
Diese sind eigentlich per Gesetz in einfach gelagerten Fällen auf rund 150 Euro gedeckelt. Häufig wird in Abmahnungen jedoch behauptet, dass der jeweilige Fall nicht einfach gelagert sei, sodass die Begrenzung der Kosten nicht gelte. Teilweise stimmen die Gerichte dem auch zu. Hier gibt es noch keine einheitliche Rechtsprechung und es muss immer der konkrete Einzelfall bewertet werden.
Weitere Hinweise und Verhaltensregeln bei Abmahnungen finden sich unter den folgenden Links.
Dieser Text steht unter der Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 2.0 Deutschland Lizenz.
Der Beitrag ist im Rahmen der Themenreihe „Rechtsfragen im Netz“ in Zusammenarbeit mit Klicksafe entstanden. Klicksafe ist eine Initiative im Rahmen des „Safer Internet Programme“ der Europäischen Union, getragen von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz und der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.
Er ist eine neue, überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Artikels von 2016. Der hier vorliegende Artikel berücksichtigt weitere seitdem ergangene Urteile und die 2017 erfolgte Haftungsreform.
2 Kommentare
1 Wolfgang Jagsch am 25. Juni, 2019 um 10:13
Super Artikel. Wir haben bei uns alles wieder auf Kabel umgestellt. WLAN ist eine Sicherheitslücke.
2 Wendelin Ackermann am 26. Februar, 2021 um 18:24
Der Gesetzgeber hat mit einer Gesetzesänderung, die am 13.10.2017 in Kraft getreten ist, die so genannte Störerhaftung für WLAN-Betreiber überwiegend abgeschafft. In der Theorie sind hierdurch Unternehmer und Privatpersonen, die ihr WLan anderen Personen frei zur Verfügung stellen nicht mehr für das rechtswidrige Verhalten der jeweiligen Internetnutzer haftbar zu machen. Leider gibt es hier einige wichtige Haken, die es zu bedenken gilt.
Zunächst ist es so, dass die Störerhaftung lediglich zivilrechtliche Ansprüche betrifft! Jedoch selbst in dieser Kategorie scheint es unterschiedliche Ansichten bei den Gerichten zu geben. So hat das Amtsgericht Köln unter dem AZ 148 C 400/19 nicht nur die Abmahnung bestätigt, sondern auch im Sinne des klagenden Rechtenutzers entschieden: der Beklagte muss 2.000 € zahlen -zzgl. Zinsen. Dem Beklagten werden darüber hinaus die Kosten des Verfahrens auferlegt. Das gesamte Urteil ist hier veröffentlicht:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ag_koeln/j2020/148_C_400_19_Urteil_20200608.html
Soviel zur zivilrechtlichen Seite der Risiken. Eine Schadensvermeidung gilt es jedoch für Gastgeber nach wie vor im Hinblick auf strafrechtlich relevante Delikte zu beachten: der gesamte Bereich der Internetkriminalität (von Kinderpornografie über Hassmails zu Darknet-Geschäften) ist auch nach der Abschaffung der Störerhaftung nach wie vor ein potentielles Risiko für Hotspot-Betreiber. Hier kann es zu Hausdurchsuchungen mit Beschlagnahme von Rechnern als Beweismaterial kommen. Darüber hinaus darf wegen des Fernmeldegeheimnisses der Betreiber nicht wissen, was seine Gäste im Internet so treiben.
Es gibt also genügend Gründe, seine Gäste-WLan einem professionellen Dienstleister anzuvertrauen, der gemäß § 8 TMG haftungsprivilegiert ist und durch Tunnelung des Gäste-Internetverkehrs sicherstellt, dass nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtlich relevante Vorgänge nie auf dem Schreibtisch des Gastgebers landen.
Unternehmen und Privatpersonen, die ihr WLan Gästen zur Verfügung stellen tun gut daran, sich diesbezüglich beraten zu lassen, um Ärger zu vermeiden.
Beste Grüße aus Freiburg
Wendelin Ackermann
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