Streit mit der GEMA: Youtube haftet, aber nur als Störer
Das Portal Youtube ist für die Videos auf seiner Seite mitverantwortlich und fällt bei Urheberrechtsverletzungen unter die sogenannte Störer-Haftung. Das entschied das Landgericht Hamburg am Freitag in erster Instanz. Geklagt hatte die Verwertungsgesellschaft GEMA im Fall von zwölf GEMA-geschützten Musiktiteln.
Youtube muss dem Urteil zufolge selbst dafür sorgen, dass die Titel nicht erneut auf der Plattform veröffentlicht werden. Sonst droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine Haftstrafe. Allerdings besteht den Richtern zufolge für Youtube keine „Täterhaftung“ bei Urheberrechtsverstößen, was die GEMA angestrebt hatte. Sowohl Youtube als auch GEMA können gegen das Urteil in Berufung gehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Was muss Youtube künftig tun?
Wenn ein Urheber nicht will, dass seine Inhalte auf Youtube erscheinen, und er das Unternehmen darüber in Kenntnis gesetzt hat, muss der Plattform-Betreiber dem Urteil zufolge selbständig tätig werden. Die Richter entschieden, dass es Youtube zuzumuten sei, nach Erhalt eines Hinweises auf eine Urheberrechtsverletzung künftige Uploads zu verhindern, die eine mit der gemeldeten Musikaufnahme übereinstimmende Aufnahme enthielten.
Allerdings reicht es den Richtern zufolge nicht, wenn Youtube das selbstentwickelte Content-ID-Programm einsetzt, eine Filter-Software, die Musikstücke identifiziert. Das Problem: das Content-ID-Programm erkennt nicht unbedingt Live-Aufnahmen und private Coverversionen der geschützten Musiktitel.
Das Urteil verpflichtet deshalb Youtube, neben dem Content-ID-Programm Wortfilter zu installieren. Der Wortfilter soll neu eingestellte Videos herausfiltern, deren Bezeichnung sowohl den Titel als auch den Interpreten der beanstandeten Musikaufnahme enthält. An diesem Punkt hat sich die GEMA durchgesetzt.
Sollte die GEMA Youtube nun auf viele Tausend weitere Urheberrechtsverstöße aufmerksam machen, könnte dies für die Google-Tochter einen erheblichen Kontroll- und Kostenaufwand bedeuten. Jeder neue Upload muss geprüft werden. Nach Youtube-Angaben laden Nutzer pro Minute etwa 60 Stunden Video-Material hoch.
Bewegung im Streit ums Geld?
Unklar bleibt noch, ob das Urteil Bewegung in die Vergütungsverhandlungen zwischen Youtube und GEMA bringt.
Hintergrund des Gerichtsstreits ist auch die Frage, welche Vergütungen Youtube an die GEMA zu zahlen hat. Die GEMA pocht darauf, dass Youtube wie ein Musikstreaming-Dienst zu behandeln ist, also wie ein Content-Provider. Entsprechend müsste Youtube für jeden Abruf eines Videos mit GEMA-geschützten Inhalten an die Verwertungsgesellschaft eine Mindestvergütung zahlen. Youtube lehnt diese Mindestvergütung pro Stream kategorisch ab und will die GEMA nur prozentual an seinen Werbeeinahmen beteiligen. Man sei mit einem Musik-Streamingdienst nicht vergleichbar, sondern biete nur eine Infrastruktur zum Video-Hochladen, sei also eine Hosting-Plattform.
Von der Abrechnungsmethode hängt letztlich die Höhe der Youtube-Zahlungen an die GEMA ab. Während die GEMA die prozentuale Beteiligung mit Blick auf vergleichbare Verträge in anderen Ländern für viel zu gering hält, erklärt Youtube, die GEMA-Forderungen nach dem Pay-Per-Stream-Modell seien viel zu hoch. Seit 2009 konnten sich beide Parteien nicht einigen.
Dem Urteil zufolge ist Youtube kein Content-Provider. Youtube habe „die urheberrechtsverletzenden Videos weder selbst hochgeladen, noch sich deren Inhalte zu eigen gemacht“. Auf der anderen Seite könnte Youtube wegen des nun drohenden Kontrollaufwands bereit sein, der GEMA Zugeständnisse in den Verhandlungen zu machen.
Reaktionen von GEMA, Youtube und Bitkom
Harald Heker, Vorstandsvorsitzender der GEMA, erklärte zum Urteil: „Unser primäres Ziel, die grundsätzliche Haftung von Youtube für Nutzervideos gerichtlich bestätigt zu bekommen, haben wir voll erreicht. YouTube hat zumutbare Maßnahmen zum Schutz unseres Repertoires zu ergreifen und kann diese Verpflichtung nicht einfach auf die Rechteinhaber abwälzen. Das stellt einen wichtigen Erfolg für uns dar.“
Kay Oberbeck, Unternehmenssprecher der Youtube-Muttergesellschaft Google, erklärte: “Das Gericht hat bestätigt, dass Youtube eine Hosting-Plattform ist und nicht zur Kontrolle sämtlicher auf der Plattform hochgeladenenen Videos verpflichtet werden kann.”
“Das Urteil wirft jedoch auch Fragen zu den Verhaltens- und Kontrollpflichten von Hosting-Plattformen für nutzergenerierte Inhalte, konkret zum Einsatz von Content-ID und Wortfiltern auf. Wir müssen nun zunächst die schriftliche Begründung des Gerichts prüfen, bevor wir hierzu detaillierte Aussagen treffen können.”
Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Branchenverbands Bitkom, erklärte: „Wir nehmen die Hamburger Entscheidung mit gemischten Gefühlen auf. So sehen wir einige Punkte kritisch, wie z.B. den geforderten Einsatz von Wortfiltern. Aber: Das Hamburger Urteil ist in einem wesentlichen Punkt ein gutes Signal für die Internetwirtschaft. Es macht klar, dass Youtube nicht als Inhalteanbieter, sondern als so genannter Hostprovider einzustufen ist.”
Was sagen Sie dazu?