Der Weg zum Wissen in sechs Schritten
1. Was kann ich erfragen?
Prinzipiell können alle Informationen unabhängig von ihrem Speichermedium per Informationsfreiheitsgesetz (IFG) angefragt werden. Darunter fallen neben normalen Papier- und elektronischen Akten wie Vermerken und Gutachten auch Videos von Polizeieinsätzen, Datenbankabzüge, Geschäftsverteilungspläne, unter Umständen Terminkalender von Politikern, Spesenabrechnungen, Korrespondenzen zwischen Lobbyisten und Politikern sowie interner Briefverkehr von Behörden zu einem Vorgang.
Auf der Plattform Fragdenstaat.de sind tausende erfolgreiche Anfragen zu finden. Weitere Ideen für Anfragen hat der Journalist Michael Hörz zusammengestellt.
2. Wen kann ich anfragen?
Auskunft geben müssen grundsätzlich alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, also Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden.
Neben Ministerien, Ämtern und Parlamentsverwaltungen zählen auch Gerichte im Bereich der Verwaltung dazu, öffentliche Unternehmen, Handels- und Berufskammern, Krankenkassen und Schulen. Auch Stellen wie Unternehmen der Daseinsfürsorge, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (im Bereich der Verwaltung), Jobcenter, Museen, Hochschulen oder Krankenhäuser fallen in der Regel unter die Auskunftspflicht.
Allerdings gibt es regionale Unterschiede: In Bayern, Sachsen, Niedersachsen und Hessen gibt es noch keine Informationsfreiheitsgesetze. Hier gelten nur das Umwelt- und das Verbraucherinformationsgesetz. Nach diesen Spezialgesetzen müssen zumindest Informationen herausgegeben werden, die
- im Zusammenhang mit Auswirkungen von Planungen auf die Umwelt stehen, zum Beispiel bei Bauvorhaben,
- die Auswirkungen der Umwelt auf den Menschen betreffen, zum Beispiel CO2- und Lärmemissionen oder
- die Lebens- und Gebrauchsmittel wie zum Beispiel Hygienekontrollen in Restaurants betreffen.
Zudem haben vor allem in Bayern einzelne Kommunen Satzungen zur Informationsfreiheit verabschiedet, nach denen Daten in ihrem Wirkungsbereich erfragt werden können. Eine Übersicht der Kommunen gibt es beim Bündnis Informationsfreiheit für Bayern.
3. Wie soll ich fragen?
IFG-Anfragen an Behörden können von jeder Person unabhängig von Alter, Staatsangehörigkeit oder Wohnort gestellt werden. Der Antrag selbst kann formlos sein, sollte aber auf das IFG Bezug nehmen.
Wichtig ist vor allem, dass er freundlich, kurz und so präzise wie möglich ist. Je genauer man bestimmen kann, wo angefragte Daten aufbewahrt werden, aus welchem Zeitraum sie stammen und wie sie bezeichnet werden, desto einfacher gestaltet sich der Prozess. Generelle Anfragen sind allerdings auch möglich.
Es ist grundsätzlich möglich, eine Anfrage auch mit Bezug auf verschiedene Gesetze zu stützen, also etwa neben dem IFG auch auf die Pressegesetze. Das Internetportal Fragdenstaat.de macht es möglich, direkt Anfragen an Behörden zu stellen und stellt den Anfrageprozess transparent dar. Die Anfragen auf der Plattform können auch als Grundlage für eigene Anträge benutzt werden.
4. Was kann ich nicht erfragen?
Einige Daten müssen nicht von Behörden herausgegeben werden, wobei häufig umstritten ist, was unter einen Ausnahmetatbestand fällt und was nicht. Das Bundes-IFG definiert mehr als 30 Ausnahmegründe. Dazu zählen etwa mögliche Nachteile für die innere Sicherheit oder die internationalen Beziehungen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und als geheim eingestufte Dokumente. Eine ausführliche Übersicht steht im Gesetz.
Obwohl sie die Ausnahmen eigentlich eng auslegen sollen, gehen einige Behörden hier recht regide vor. So kommt es beispielsweise vor, dass Dokumente erst als Reaktion auf eine Anfrage als Verschlusssache eingestuft werden, um sie nicht herausgeben zu müssen. Da helfen im Zweifelsfall nur Widersprüche und Klagen, dazu mehr unter Punkt 6.
Die Geheimdienste, also Bundesnachrichtendienst, Bundesamt für Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst, sind generell von der Auskunftspflicht ausgenommen. Dies betrifft sogar Akten der Dienste, die bei anderen Behörden vorliegen. Ob diese Bereichsausnahme verfassungskonform ist, ist bisher noch nicht gerichtlich geklärt worden.
Selbst wenn ein Ausnahmegrund vorliegt, sollen Behörden prüfen, ob sie teilweise Zugang zu Informationen ermöglichen können. Das bedeutet zum Beispiel, dass personenbezogene Daten in Dokumenten geschwärzt, die sonstigen Informationen jedoch herausgegeben werden können.
5. Was kann eine Anfrage kosten?
Einfache Anfragen an Behörden sind in der Regel kostenlos. Erfordern Anfragen eine außergewöhnlich hohe Bearbeitungszeit, können Behörden Gebühren verlangen. Auch Print-Kopien können in Rechnung gestellt werden. Die Gebühren unterscheiden sich je nach Bundesland.
6. Und wenn es nicht klappt?
Nach den Informationsfreiheitsgesetzen ist eine Behörde verpflichtet, einen Antrag auf Informationszugang „unverzüglich“ zu beantworten. Die Information soll dem Antragsteller laut Gesetz spätestens innerhalb eines Monats zugänglich gemacht werden. Wenn Dritte beteiligt sind, kann die Frist von einem Monat ausnahmsweise überschritten werden. Überzieht die Behörde die Frist, kann nach drei Monaten ohne Bescheid eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht eingereicht werden.
Gegen einen Bescheid der Behörde, also etwa eine (Teil-)Ablehnung oder einen Gebührenbescheid, ist innerhalb eines Monats ein Widerspruch möglich, der dann von der Behörde erneut beschieden werden muss.
Ein Widerspruch sollte eine juristische Argumentation liefern. Dabei helfen die Datenbank zu Urteilen im Zusammenhang mit Informationsfreiheit und die Tätigkeitsberichte der Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Die Ablehnung eines Widerspruchs kostet in der Regel 30 Euro.
Gegen die Ablehnung eines Widerspruchs lässt sich innerhalb eines Monats Klage vor dem für die Behörde zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Verwaltungsgerichte helfen bei der Formulierung von Klagen. Das macht es möglich, auch ohne Anwalt vor Gericht zu ziehen. Gerichts- und eventuelle Anwaltsgebühren müssen vom Kläger erst einmal vorgeschossen werden und liegen vor dem Verwaltungsgericht in der Regel zwischen 1.000 und 2.000 Euro. Der Streitwert wird bei IFG-Verfahren in der Regel bei 5.000 Euro festgesetzt. Gegen das Urteil vor dem Verwaltungsgericht ist in der Regel Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht möglich. In der dritten Instanz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über IFG-Streitfälle.
Zusätzlich kann auch die Bundesbeauftragte oder der jeweilige Landesbeauftragte für Informationsfreiheit eingeschaltet werden, um Streitfälle zu klären. Zwar haben die Beauftragten nicht die Macht, Behörden zum Einlenken zu bewegen, vermitteln aber zwischen diesen und dem Anstragstellenden.
3 Kommentare
1 Ingo-Volkmar Altrock am 9. Januar, 2017 um 07:42
Schön und gut ! Wie aber komme ich an Informationen aus einer niedersächsischen Kommunalverwaltung? In Niedersachsen gibt es dieses Infomationsfreiheitsgesetz nicht.
Über eine Antwort würde ich mich freuen.
MfG
I. ALtrock
2 Arne Semsrott am 9. Januar, 2017 um 13:08
Hallo Herr Altrock,
in Niedersachsen soll in diesem Jahr ebenfalls ein Informationsfreiheitsgesetz eingeführt werden.
Bis dahin sind Anfragen zumindest zu Umwelt- und Verbraucherinformationen möglich. Die werden durch Spezialgesetze geregelt.
Wenn Ihr Anliegen also zumindest entfernt etwas mit Umweltthemen zu tun hat (etwa der Bau oder Sanierung von Gebäuden), haben Sie gute Chancen, die Infos zu bekommen.
Beste Grüße
Arne Semsrott
3 Heidrun Lachenmayer am 12. Juni, 2017 um 12:14
Hallo,
das ist mal eine echt coole und hilfreiche Seite gegen Bürokraten-Hybris und Abschottungsgebaren von Behörden.
Super verständlich geschrieben, tausend Dank. HL
Was sagen Sie dazu?