Fußballspiele lizenzieren, filmen, senden – wie funktioniert das für WM und Bundesliga?
48 der insgesamt 64 Spiele der WM 2022 in Katar werden bei den Öffentlich-Rechtlichen Sendern (ARD und ZDF) gezeigt: Dort laufen alle Begegnungen der deutschen Nationalmannschaft, das Eröffnungsspiel mit Katar als Gastgeber, die Halbfinals und das Finale. Noch mehr bietet nur die Deutsche Telekom: Sie hat sich die Rechte an allen Spielen für ihr Angebot Magenta TV gesichert – und dafür sicherlich tief in die Taschen gegriffen.
Das Lizenz-Geschäft im Fußball ist komplex, schließlich geht es auch um eine Menge Geld. Da wird nichts dem Zufall überlassen. Dieser Text erklärt die Hintergründe, von denen Fußball-Begeisterte in der Regel nichts mitbekommen: Wie Lizenzen an Sportveranstaltungen entstehen, warum es sie braucht und wie sie gehandelt werden. Und wer entscheidet, wer wie viel vom Sendezeit-Kuchen abbekommt.
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Kein Urheberrecht an Spielen
Die Sportveranstaltungen an sich begründen keine Urheber- oder Leistungsschutzrechte – weder für die Sportler*innen noch für die Veranstalter*innen. Dafür fehlt es bei einem Fußballspiel an der geistigen Schöpfung. Schließlich unterliegt ein Spiel bestimmten Regeln und die lassen für eine individuelle künstlerische Gestaltungsfreiheit keinen Raum.
Da das Fußballspiel kein urheberrechtlich geschütztes Werk ist, stellen auch Aufnahmen davon keine Verwertung eines Werkes dar. Auch die dem Urheberrecht verwandten Leistungsschutzrechte finden auf Sportveranstaltungen keine Anwendung. Denn Athlet*innen und Veranstalter*innen sind keine Künstler*innen im Sinne des Urheberrechts, die an der Herstellung oder Darbietung eines Werks beteiligt sind.
Wer darf ein Spiel aufnehmen? Das Hausrecht ist entscheidend
Trotzdem können Aufnahmen von Spielen lizenziert werden. Das erfolgt über eine komplizierte Kette von Lizenzen.
Den Anfang nimmt die Lizenz bei Sportübertragungen bei den Inhaber*innen der Hausrechte: Die liegen bei Fußballspielen in der Regel bei den jeweiligen Heimvereinen, also denjenigen, denen das Stadion „gehört“. Dieses Hausrecht erlaubt es den Vereinen, zu entscheiden, wer eine Aufnahme anfertigen darf. Dabei sind auch die Rechte am eigenen Bild der fotografierten oder gefilmten Sportler*innen betroffen. In der Regel erteilen diese den Vereinen im Rahmen ihrer Arbeitsverträge aber die Erlaubnis zu den Aufnahmen.
Die auf dem Hausrecht basierende Erlaubnis, Aufnahmen im Stadion anzufertigen, wird im Profi-Fußball regelmäßig nur einem einzelnen Produktionsdienstleister, dem sogenannten Host Broadcaster, erteilt. Seit der WM 2002 in Japan und Südkorea ist das für die Weltmeisterschaft die Firma Host Broadcast Services. In der Fußball-Bundesliga produziert die Firma Sportcast GmbH die Aufnahmen aller Spiele im Auftrag der Deutschen Fußball Liga GmbH (DFL). Sie ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der DFL.
Vom Basissignal zur Lizenzierung
Der Host Broadcaster produziert ein sogenanntes Basissignal. Es ist die Grundlage für alle Spielbilder aus der Bundesliga: für Live-Übertragungen, einzelne Szenenausschnitte, Wiederholungen und Tonaufnahmen (für die Stadionatmosphäre). Die Bilder für diese Aufnahmen liefern über zwanzig Kameras in den jeweiligen Stadien. Die fertig geschnittenen Aufnahmen leitet der Broadcaster dann an die jeweiligen Medienpartner*innen weiter. Das sind die Unternehmen und Sender, mit denen der Broadcaster vertragliche Vereinbarungen geschlossen hat.
Der Broadcaster gestaltet die Aufnahmen dabei in gewissem Umfang nach seinem Ermessen: etwa durch Zeitlupenaufnahmen, Wiederholungen oder andere Effekte der Bildregie und Kameraführung. Rechtlich gesehen handelt es sich deshalb bei den Aufnahmen um sogenannte „Laufbilder“ (siehe dazu Paragrafen 94 und 95 im Urheberrechtsgesetz). Inhaber der Rechte an diesen Laufbildern ist der Broadcaster als Filmhersteller. Damit schafft er die Grundlage der Lizenzierung an Dritte.
Umstritten: Leistungsschutzrechte an Live-Übertragungen
Inwieweit der Schutz für Laufbilder auch für Live-Übertragungen gilt, ist in Rechtswissenschaft und Rechtsprechung umstritten. Eine reine Live-Übertragung bildet „nur“ die Wirklichkeit ab und kann daher – wie die Sportveranstaltung selbst – keine Schutzrechte generieren. Um urheberrechtlich geschützt zu sein, bedarf es einer gewissen Kreativität, die über das Livebild hinausgeht. Das können etwa die Schnittfolge und der eingefügte Kommentar sein. Manche Ligen helfen sich dabei mit einem Trick: Sie reichern die Liveberichterstattung mit rechtlich geschützten Logos oder Jingles an, die wiederum nicht ohne Erlaubnis verbreitet werden dürfen.
Lizenznehmer*innen: Wer bekommt welche Aufnahmen?
Damit Sportbegeisterte die Spiele letztlich sehen können, werden sie von Medienunternehmen im Fernsehen oder online übertragen. Das sind neben den Öffentlich-Rechtlichen Sendern viele private Sender und Streaming-Dienste wie beispielsweise Sky und DAZN. Hierfür lizenziert der Broadcaster oder das Unternehmen, das die Laufbilder lizenziert, die produzierten Bild- und Tonträger in Form verschiedener Pakete an die jeweiligen Sender.
Bei den Lizenzen kommt es darauf an, um welche Spiele es sich handelt, welche Reichweite sie haben (so besteht bei Lokal-Derbys oder Spielen der Spitzenreiter eine besonders hohe Reichweite) und zu welchem Zeitpunkt sie gesendet werden. Man unterscheidet zwischen sogenannten Liverechten, Erstverwertungs-, Zweitverwertungs und Drittverwertungsrechten. Wer wann ein Spiel zeigen darf, richtet sich also nach der jeweiligen Lizenz. Die Lizenz macht auch den Unterschied zwischen Liveübertragung und Spielzusammenfassung am späten Abend.
Sender erhalten mit Übertragung eigenes Recht
Mit der Übertragung der Spiele entsteht den Sendeunternehmen ein eigenes ausschließliches Recht, das in Paragraf 87 UrhG geregelt ist. Es sieht vor, dass allein der jeweilige Sender die Sendung (entgeltlich) verwerten, weitersenden und öffentlich zugänglich machen darf. Wer also in einer Kneipe ein Spiel zeigen möchte, darf dies nur tun, wenn das Zeigen unentgeltlich erfolgt. Es darf also kein Eintritt genommen werden, wohl aber Getränke verkauft werden. Und die gehören zu einem Fußballabend bekanntlich dazu.
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