„Vergesst Paid Content im Netz!” – Vortrag von Holger Schmidt (FAZ) in Hamburg
Ich habe gestern einem interessanten Vortrag von Holger Schmidt gelauscht, der bei der FAZ für Netzökonomie verantwortlich ist. Gehalten wurde die Präsentation bei der Konferenz “Finanzierung von Qualitätscontent”, veranstaltet vom Hans-Bredow-Institut, der MAHSH (Landesmedienanstalt Hamburg und Schleswig-Holstein) und der Alcatel Stiftung. Holger Schmidt berichtete über das spannende Thema “Neue Geschäftsmodelle im Netz” (und wies ausdrücklich darauf hin, dass Inhalt seines Vortrags seine persönliche Meinung und nicht die Verlagsposition ist).
Schmidt unterschied die neuen Geschäftsmodelle nach den Oberbegriffen “Paid Content” und “Link-Economy”. In Bezug auf die Möglichkeiten, mit Paid Content (Inhalt gegen Geld) im Netz Geld zu verdienen, zeigte sich Holger Schmidt sehr skeptisch. Er stellte einige neue, im Prinzip wirklich innovative, Systeme vor: Journalism Online, Kachingle, Spot US. Ob sowas letztlich funktionieren kann und ob hiermit “Qualitätscontent” (ein an sich schon problematischer Begriff, wie ich finde) finanziert werden kann, sei sehr fraglich. Studien hätten etwa ergeben, dass nur 2% der Leute dazu bereit sind, für Netzinhalte zu bezahlen. Auch die “Umwandlung” von Online-Lesern in Zeitungsabonnenten funktioniere nicht wirklich. In diesem Zusammenhang wies Schmidt auf eine schon zehn Jahre alte These der bekannten amerikanischen Ökonomen Shapiro und Hal Varian hin, die prognostiziert haben, dass sich reine Informationsgüter im Netz (nur) zu absoluten Grenzkosten verkaufen lassen. Und die betragen null. Scheint mir in Bezug auf derartige, sehr informationsbezogene Güter, sehr plausibel. Ob und auf welche Weise allerdings allgemein betrachtet im Netz mit bezahlten Inhalten Geld verdient werden kann, hängt meines Erachtens sehr von der Art des Inhalts ab. Während stark informationsbezogene Inhalte kaum verkauft werden können, mag das bei eher “schöngeistigen”, weniger funktionsbezogenen Inhalten anders sein.
Das Thema ist schwierig und sicherlich die Schlüsselfrage für die gesamte online basierte “Inhaltswirtschaft” (je nach Branche mehr oder weniger dringlich und gravierend, natürlich). In diesem Zusammenhang könnte man z.B. über “Dual Licensing Modelle” nachdenken, also solche, bei denen die Inhalte gleichzeitig verschenkt und verkauft werden. Gerade dies ist meines Erachtens ein möglicherweise wichtiges Modell (sieht man an den verschiedenen Ansätzen im Musikbereich), wie man Aufmerksamkeit in Geld umwandeln kann. Nämlich: Indem letztlich doch wieder Paid Content verkauft wird. Interessant wäre es darüber nachzudenken, ob so etwas auch mit journalistischen Inhalten funktionieren kann und wenn, wie. Und weiter die rechtliche Dimension, etwa die Frage nach der sinnvollen Ausgestaltung und (vor allem) dem sinnvollen Einsatz von Open Content Lizenzen. Denn nur freie Lizenzen ermöglichen nach geltendem (Urheber-)Recht eine ungehinderte Zirkulation von Inhalten und eröffnen gleichzeitig die Möglichkeit, für verschiedene Nutzungskanäle (z.B. kommerzielle, nicht-kommerzielle Nutzung) unterschiedliche Regelungen aufzustellen.
1 Kommentar
1 Gisela Schmalz am 27. Juli, 2009 um 10:45
Danke für den Artikel und den Hinweis zum Vortrag. Schade, dass Herr Schmidt neben der Prognose von Nullpreisen nicht auch auf mögliche Lösungen für die Anbieterseite von Content einging.
“Die Idee: Immer wenn über Google Seiten ab- oder aufgerufen werden, auf denen sich Times Inhalte finden, und Google hiermit Geld verdient (zum Beispiel über AdSense), bekommt die Times was ab.”… ist dünn. Und einen monopolartigen Konzern als Lösungsvorschlag zu liefern, finde ich fragwürdig. Dual- und Multiverdienstmodelle erscheinen mir wahrscheinlicher, um Contentanbieter und Zahlwillige zu harmonisieren. Die Onlinegame-Branche wendet Mixmodelle erfolgreich an, probiert zumindest einiges aus und verdient nicht schlecht, weil nah bei den Nutzern operiert wird, nicht im Elfenbeinturm der Old Economy. Auf Querfinanziers aus der Offline-Welt (Werbekunden, Staat, Stiftungen, Venture Capital oder als Blogger auf Buch- und Vortragseinnahmen) zu setzen, ist auch eine Möglichkeit, aber so unsexy, unonlinig gedacht… Spannender ist es, an webgerechten Lösungen zu basteln.
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