Wer verlinkt, muss nicht immer prüfen: Neue Urteile zur Linkhaftung
Die Zeiten, in denen Websitebetreiber ohne Sorge um Urheberrechte verlinken konnten, sind seit September vergangenen Jahres vorbei: Der Europäische Gerichtshof hatte entschieden, dass auch bloße Links auf unerlaubt veröffentlichte Inhalte Urheberrechte verletzen können.
Wer weiß oder wissen müsste, dass er auf solche Inhalte verlinkt, kann demnach prinzipiell dafür haften – vor allem, wenn die verlinkende Website auf Gewinn aus ist. Auch eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom November 2016, in der es die Prüfpflichten für Seitenbetreiber sehr weit interpretierte, sorgte für Aufsehen.
Doch jetzt hat dasselbe Landgericht den umgekehrten Weg eingeschlagen: Nicht von jeder gewerblichen Seite könnten umfangreiche Prüfungen beim Verlinken erwartet werden. Die beiden Entscheidungen vom Juni dieses Jahres wurden jetzt durch Berichte auf „IPKat“ bekannt.
Unautorisierte Fotos in Produktsuche und Blog
Auslöser der aktuellen Entscheidungen sind Fotos von einem Mops, die sich in verschiedenen Varianten im Netz verbreitet haben. Der Mops mit dem Namen „L…“ wurde unter anderem über Instagram bekannt. Vermarktet wird die Figur auf einer Seite, die Kunstdrucke, Kalender, T-Shirts und andere Produkte anbietet und die Erlaubnis des Foto-Urhebers dazu hat.
Die Betreiberin der Seite ging gegen unautorisierte Verwendungen der Bilder vor und hatte dazu einen Dienstleister beauftragt. Ein Händler auf Amazon verkaufte Handyhüllen, die ohne Erlaubnis mit dem Foto bedruckt worden waren. Auch auf einem Kissen, das dort angeboten wurde, fand sich ein unautorisiertes Foto.
Links und Embeds mit Affiliate-Links
Die Produktseiten auf Amazon, die die Handyhülle und das Kissen mit dem Foto zeigten, wurden wiederum von anderen Webseiten verlinkt. Dazu gehörte eine auf Möbel und Accessoires spezialisierte Produktsuchmaschine und ein Blog, dessen Beiträge aus Werbung bestanden.
Gegen beide Angebote wollte die Betreiberin der autorisierten Seite eine einstweilige Verfügung erwirken. Sie argumentierte, dass sowohl die Produktsuchmaschine als auch das Blog Urheberrechte verletzten, da sie Affiliate-Links mit Umsatzbeteiligung auf die Amazon-Produktseiten setzten und damit Gewinne erzielen wollten. Die Seiten hatten die unlizenzierten Fotos zugleich von Amazon eingebettet, was für Gerichte einem Link gleichkommt.
Landgericht Hamburg: Nicht jeder kann gleichermaßen prüfen
Das Landgericht Hamburg wies jedoch beide Anträge ab. In beiden Fällen sei es den Website-Betreibern nicht zumutbar, sämtliche Links auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu prüfen. Bei einer Produktsuchmaschine, in deren Datenbank sich 50 Millionen Angebote befänden, liege es auf der Hand, dass nicht alles vorab überprüft werden könne. Auch im Fall des Blogs, das rund 15.000 Links zu Amazon-Produktseiten versammelt hat, kam das Landgericht zum gleichen Ergebnis (Aktenzeichen 310 O 117/17 und 308 O 151/17).
In beiden Fällen war unstrittig, dass die Seitenbetreiber nicht wussten, dass die Inhalte auf Amazon rechtswidrig waren, als sie die Links setzten. Das Landgericht Hamburg entschied darüber hinaus, dass sie von den Rechtsverletzungen weder wissen konnten noch gewusst haben müssten. Sie hätten daher auch nicht in „fahrlässiger Unkenntnis“ gehandelt. Die Links verletzten somit keine Urheberrechte.
Im Urteil über Produktsuchmaschinen scheint auch Kritik am Europäischen Gerichtshof durch: Anders als dieser annehme, könne nicht von jedem gewinnorientierten Website-Betreiber gleichermaßen erwartet werden, dass es ihm möglich und zumutbar sei, alle Links auf eigenen Seiten zu prüfen.
Landgericht entschärft Prüfpflichten – der Grundsatz bleibt
Mit seinen beiden, von unterschiedlichen Kammern getroffenen Entscheidungen ist das Landgericht Hamburg bei der Linkhaftung wieder etwas zurückgerudert. Allerdings handelt es sich um zwei Konstellationen, die durch die vielen automatisch erstellten Links auch anders gelagert waren. Am Grundsatz des Europäischen Gerichtshofs, dass auch Links unmittelbar Urheberrechte verletzen können, können die Hamburger Richter nichts ändern.
Dennoch macht das Landgericht Hamburg deutlich, dass nach seiner Einschätzung stärker differenziert werden muss, welche Anforderungen für welche Webseiten gelten. Neben die Frage, ob Links und Embeds automatisch erstellt werden, treten für das Gericht weitere Kriterien. So handele die Produktsuchmaschine als „professionelle Linksetzerin“, die ein legitimes Geschäftsmodell verfolge. Auch sei zu berücksichtigen, ob auf den verlinkten Seiten häufiger Urheberrechtsverletzungen zu erwarten sind oder diese – wie bei Amazon – nur in manchen Ausnahmen auftauchten.
Ob die Betreiberin auch gegen die eigentlichen Verkäufer, Hersteller oder weitere Seiten vorgegangen ist, die das Foto verwenden, ist bislang nicht bekannt. Im Moment sind auch zwei Medienberichte über die Mops-Figur unzugänglich. „Berliner Kurier“ und „Kölner Express“ hatten über sie als „deutsche Antwort auf Grumpy Cat“ berichtet.
Update: Das Urteil zur Haftung der Produktsuchmaschine im Volltext (Aktenzeichen 308 O 151/17).
Korrektur: In einer früheren Fassung des Beitrags wurde das Zitat „professionelle Linksetzerin“ dem falschen Urteil zugeordnet.
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