Unendlicher Literaturspaß: Quellen für freie E-Books und Hörbücher
Während bei Musik und Bildern die Weiterverarbeitung gang und gäbe ist, wird Literatur bisher kaum geremixt. Es gibt ein paar Comicverarbeitungen klassischer Stoffe sowie einige Hörbuchadaptionen, aber freie Lizenzen lassen eigentlich noch viel mehr zu.
Dieser Beitrag stellt zum einen Quellen für gemeinfreie Werke vor, an denen die Urheberrechte abgelaufen sind, zum anderen Werke unter freien Lizenzen, die für bestimmte Nutzungen freigegeben sind. Ergänzt wird die Sammlung um kostenlose Quellen, die keine weitergehenden Rechte einräumen.
Deutsche und amerikanische Gemeinfreiheit
Viele der Quellen kommen aus den Vereinigten Staaten, deren Gesetzgebung eine andere ist. Während in Deutschland das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Autors erlischt, gelten in den USA komplexere Regeln. Sie hängen etwa davon ab, wann ein Werk zuerst veröffentlicht wurde und welche Regelungen zu dem Zeitpunkt galten. Oft überschneidet sich das US-Urheberrecht mit der deutschen Gesetzgebung, aber in einzelnen Fällen sind Werke in den USA schon gemeinfrei, bei uns aber noch nicht. So müssen wir auf Thomas Mann noch zehn Jahre warten, in den USA gelten einige Werke bereits als gemeinfrei, die vor 1923 erschienen sind.
Project Gutenberg, die Mutter der digitalen Bibliotheken
Seit 1971 sammelt und veröffentlicht das Project Gutenberg gemeinfreie Bücher. Aktuell sind mehr als 50.000 Werke zu finden, zum Großteil auf Englisch. Es gibt aber auch einen deutschen Bereich. Neben vielen deutschen Klassikern gibt es dort auch ein paar Übersetzungen ins Deutsche. Die Bücher werden in unterschiedlichen Formaten zur Verfügung gestellt, sodass man sie bequem am Bildschirm oder auf E-Readern lesen kann.
Das deutsche Pendant Projekt Gutenberg-DE teilt sich den Namen und bietet knapp 6.000 deutsche Werke zum Lesen an, sie sind aber nicht herunterladbar. Weiterhin weist die Seite darauf hin, dass all ihre Texte zwar gemeinfrei sind, sie für eine kommerzielle Nutzung und Weiterverarbeitung aber eine Lizenzgebühr verlangt. Dies wird mit dem Aufwand gerechtfertigt, den es mit sich bringt, die Werke zur Verfügung zu stellen. Der Ansatz ist umstritten, weil zusätzliche Beschränkungen dem Gedanken der Gemeinfreiheit zuwiderlaufen.
Aus dem originalen Project Gutenberg ist erst kürzlich Gitenberg entstanden. Das Projekt bereitet mit dem Softwareentwicklungssystem Github Bücher aus dem Project Gutenberg auf und passt sie an die Formate aktueller Lesegeräte an. Bisher gibt es hier nur englische Bücher, zum Beispiel Miguel de Cervantes’ „Don Quixote“, „Pride and Prejudice“ von Jane Austen oder Herman Melvilles „Moby Dick“.
Wikisource, die freie Quellensammlung
Wikisource gehört, genauso wie Wikipedia, zur Wikimedia Foundation und ist eine Sammlung von gemeinfreien und frei lizenzierten Texten und Quellen. Allein im deutschsprachigem Bereich sind rund 35.000 Werke zu finden, im englischen eine rund zehnfache Anzahl.
Freiwillige pflegen diese Datenbank und bereiten die Texte auf. Sie dient auch dazu, Scans von Werken gemeinschaftlich in Textform zu bringen. Die Mitwirkenden tragen Quellen zu unterschiedlichsten Themen zusammen, zum Beispiel zur Dada-Bewegung, Science-Fiction-Literatur oder über Nachtwächter. Wie bei Wikipedia auch kann man die Texte als PDF oder Epub-Datei herunterladen und weiterverwenden.
Librivox, freie Hörbücher
Wer lieber hört als liest, sollte bei Librivox suchen. Die Webseite bietet Hörbuchversionen von Werken in der Public Domain an, immerhin rund 1.900 deutsche Hörbücher findet man hier, knapp 20.000 englische und etliche in 30 weiteren Sprachen. Wie auch Wikisource lebt Librivox von der Arbeit Freiwilliger. So werden die Bücher vom jedem eingesprochen, der Lust auf dieses Projekt hat. Entsprechend schwanken die Aufnahmequalität und die Qualifikation der Sprechenden. Dafür dürfen die Werke problemlos geremixt werden, wie die Organisatoren von Librivox in ihrem FAQ mitteilen.
Neuere Romane und Texte sind selten
Sowohl das Project Gutenberg und Librivox als auch Wikisource bestehen hauptsächlich aus Werken, deren Urheberrecht abgelaufen ist. Deshalb gibt es große Überschneidungen im Bestand und fast alle Werke sind mehrere Jahrzehnte alt. Sucht man freie Werke neueren Datums, findet man viel weniger. Bis heute gibt es kaum Autoren, die ihre Bücher beispielsweise mit einer Creative-Commons-Lizenz versehen. Wikipedia listet 23 englische Creative-Commons-Romane auf.
Paradebeispiel: Cory Doctorow
Ein Vorreiter in Sachen Creative-Commons-Literatur ist Cory Doctorow. Der kanadische Autor schreibt Science-Fiction-Geschichten, veröffentlicht sie unter CC-Lizenzen und schafft es dennoch in die amerikanischen Bestsellercharts. Auf seiner Webseite kann man seine Bücher herunterladen, teilweise mit deutschen Übersetzungen.
Creative-Commons-Lizenzen bedeuten nicht automatisch, dass man die Werke für alle Zwecke weiterverarbeiten darf. So erlaubt die von Doctorow häufig gewählte CC-Lizenz keine kommerzielle Nutzung, dafür aber zum Beispiel Übersetzungen oder Hörbuchversionen.
Generell gibt es bis auf wenige Ausnahmen, wie Francis Neniks „XO“ und Michel Reimons „#Incommunicado“ nur wenige Romane in deutscher Sprache unter freien Lizenzen.
Freigekaufte Bücher
Einen anderen Weg geht Unglue.it. Die Webseite sammelt Geld per Crowdfunding, um ausgesuchte Texte „freizukaufen“ und auf der Plattform anzubieten. Autoren oder Verleger können eine Schwelle festlegen, ab der sie dem Freikauf zustimmen. Noch gibt es dort keine deutschen Bücher.
Bereits freigekauft wurden zum Beispiel ein Ratgeber für angehende Bibliothekare, eine E-Book-Ausgabe des mathematischen Romans „Flatland“ oder ein vergriffener Klassiker der Literaturwissenschaft.
Einen ähnlichen Ansatz will auch die deutsche Social-Reading-Plattform Sobooks ausprobieren. Dort wird eine neue Übersetzung der Erzählung „Bartleby“ von Herman Melville angeboten, die in die Gemeinfreiheit entlassen wurde
Nicht freie, aber kostenlose Quellen
Wer nur Lese- oder Hörstoff für das eigene Vergnügen sucht, kann auch auf andere Quellen zurückgreifen. Große Anbieter wie Amazon und Audible haben eine Auswahl an kostenlosen Werken.
Besonders hervorgehoben seien einerseits Vorleser.net, eine kostenlose Sammlung von mehr als 750 professionell eingesprochenen Klassikern, außerdem die Hörspielspeicher der öffentlich-rechtlichen Sender wie der des Bayerischen Rundfunks (BR). Hier werden regelmäßig professionell produzierte Hörbücher und Hörspiele zur Verfügung gestellt. Dort sollte man immer wieder mal vorbei schauen, denn ein Großteil des Angebots ist zeitlich begrenzt.
4 Kommentare
1 Informant am 8. April, 2016 um 10:42
… und zwar Readfy. http://www.readfy.de
2 Rainer Zenz am 8. April, 2016 um 12:55
Ein wichtiger Anbieter gemeinfreier Literatur fehlt noch: http://www.mobileread.com. Die E-Books werden von Freiwilligen erstellt, teilweise beginnend beim Scan. Die Quaität ist in der Regel gut.
Für Gutenberg.de gibt es einen automatischen Konverter (http://www.epub2go.eu/), der ganz brauchbare Epubs auswirft.
3 Markus Zwanziger am 9. April, 2016 um 12:02
Schade, dass die meisten Autoren die Chancen noch nicht erkannt haben, die sich durch die neuen Lizenzen ergeben.
Der erwähnte Francis Nenik hat übrigens vor wenigen Tagen einen neuen Roman unter CC-Zero veröffentlicht und auch einen Text dazu über das Publizieren unter CC-Lizenzen geschrieben.
Er plädiert darin auch für die kommerzielle Nutzung der Texte.
http://fiktion.cc/books/munzgesteuerte-geschichte/ (Roman)
http://fiktion.cc/sich-frei-publizieren/ (Text über CC-Zero)
4 Jürgen Plieninger am 11. April, 2016 um 12:29
Ich finde Manybooks (manybooks.net) eine gute Sammlung, nicht nur umfangreich, sondern die Einträge sind oft auch in verschiedenen Versionen angeboten.
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