Fehler 451: Ein Protestcode für Website-Betreiber
Mit dem Statuscode 451 können Betreiber einer Webseite anzeigen, dass die angeforderte Seite aus rechtlichen Gründen nicht ausgeliefert werden kann. Im Februar wurde der Code als Dokument „RFC 7725“ offiziell veröffentlicht. Allerdings zeigt der Fehler nicht an, ob die Seite gar nicht mehr existiert oder nur an bestimmte Besucher nicht ausgeliefert wird, ob sie gelöscht wurde oder gar nie existiert hat und deshalb nicht gezeigt werden kann. Der Statuscode kann auch verwendet werden, wenn Webinhalte auf dem Transportweg zum Nutzer blockiert oder gefiltert werden. Dann können entsprechende Filter, Firewalls oder Proxy-Rechner ihn ausgeben.
Für diese Weiterentwicklung des HTTP-Standards ist bei der IETF (Internet Engineering Task Force) eine Arbeitsgruppe mit dem Namen „HTTPbis“ zuständig. Die Gruppe wurde 2007 gegründet, um den bereits bestehenden HTTP-Standard zu verbessern und zu erweitern. Dabei stimmte sich die Arbeitsgruppe auch mit dem W3C, dem World Wide Web Consortium ab. In der für jedermann offenen Arbeitsgruppe arbeiten wechselnde Vertreter aus der gesamten relevanten Industrie und aus wichtigen Forschungsinstituten mit. Es sind Browserhersteller, Systemhersteller, Softwarehäuser, die Betreiber großer Plattformen und Suchmaschinen sowie viele Universitäten vertreten.
Die Wahl der Nummer 451 als Statuscode erfolgte nicht zufällig. Vom HTTP-Standard ist vorgegeben, dass Statuswerte, die Fehler oder unzulässige Anfragen des Clients anzeigen, mit einer 4 beginnen müssen. Die nächsten beiden Ziffern können frei gewählt werden. Der Vorschlag, die Nummer 451 zu wählen, stammte vom Entwickler Tim Bray. Damit wurde jede Fehlermeldung, mit der ein Webserver Zensur oder andere Eingriffe von außen anzeigt, zugleich eine direkte Anspielung auf Ray Bradburys „Fahrenheit 451“, einem Roman über einen totalen Überwachungsstaat.
Zusätzliche Angaben zum Beispiel über Sperrgründe möglich
Die Entscheidung, wann der Fehler zurückgegeben wird, liegt beim Betreiber eines Webangebots. Oft werden bisher der Fehler „404“ (Seite nicht gefunden) oder „403“ (Zugriff nicht erlaubt) verwendet, wenn Zugriffe auf bestimmte Seiten gesperrt sind. Mit dem neuen Fehler 451 kann der Betreiber seinen Nutzern einen eindeutigen Hinweis darauf geben, dass rechtliche Gründe für die Entscheidung ursächlich sind.
Der Standard empfiehlt, dass die Webseite in ihrer Antwort zusätzliche Informationen und Begründungen liefert. Zumindest sollte angezeigt werden, wer die Entscheidung getroffen hat, die Seite zu blockieren. Dabei kann es sich um den Webseitenbetreiber selbst handeln oder um eine andere Einrichtung auf dem Übermittlungsweg der Daten, zum Beispiel einen Telekommunikationsanbieter. Auch wenn zum Beispiel der Datenverkehr in einem Firmennetzwerk gefiltert wird, um rechtliche Vorgaben zu erfüllen, wäre ein Statuscode 451 die richtige Antwort. Im Standard wird ausdrücklich empfohlen, einen Verweis auf den Veranlasser der Blockade in die Nachricht einzufügen. Typischerweise kann hier auf ein entsprechendes Urteil verwiesen werden oder die entsprechenden Verordnungen und Gesetze können genannt werden.
Während der Diskussion des neuen Statuscodes 451 wurde auch vorgeschlagen, genauere Hinweise für die Ursache einer Sperre zu geben. In der Arbeitsgruppe gab es Diskussionen, ob ein weiterer Status „551“ eingeführt werden kann, um anzuzeigen, dass die Gesetze im Lande des Seitenanbieters bestimmte Inhalte wie zum Beispiel harte Pornografie verbieten. Der Status 451 sollte nach diesem Vorschlag nur noch dann verwendet werden, wenn die Zugriffssperre auf Ursachen im Land des jeweiligen Seitenbesuchers begründet ist. Letztlich konnte dieser Vorschlag in der Arbeitsgruppe aber keine ausreichende Zustimmung finden, und es blieb allein beim Fehler 451.
Eine Aufforderung zum Umgehen des Fehlers?
In der Diskussion innerhalb der Arbeitsgruppe kam zeitweise die Befürchtung auf, dass ein expliziter Hinweis auf lokal oder regional gesperrte Inhalte als Aufforderung missverstanden werden könnte, genau diese Sperren durch Ausweichen zu umgehen – zum Beispiel, indem andere Zugangsanbieter verwendet oder Umwege über das Ausland eingeschlagen werden. Die genaue Kennzeichnung der Sperre und Hinweise auf ihren Gültigkeitsbereich machen die Umgehung entsprechend leichter. Allerdings kam die Gruppe im weiteren Verlauf der Diskussion zu dem Schluss, dass die Vorteile einer klaren und aussagekräftigen Fehlermeldung höher zu bewerten sind als die Befürchtung, eine Sperre könnte umgangen werden.
Noch ist keineswegs absehbar, ob die Verwendung des Fehlers 451 als Anzeige für von außen angeordnete Sperrungen im Netz weite Verbreitung findet. Sicher werden nicht alle Länder solch einen offenen Hinweis auf Zensur und ähnliche Blockaden gerne sehen. In einigen Staaten ist auch vorgesehen, dass bestimmte gerichtliche Anordnungen nicht weiter bekanntgegeben oder veröffentlicht werden dürfen. Der Inhalt der Statusmeldung 451 muss dann vage bleiben, oder der Betreiber sendet wie bisher nur den Status 404 – Inhalt kann nicht gefunden werden. Für das vom Europäischen Gerichtshof aufgestellte „Recht auf Vergessenwerden“ wäre die 451-Meldung nicht geeignet, da dabei nicht die eigentliche Quelle entfernt, sondern die Verbreitung von Suchergebnissen unterbunden werden soll.
Da die Verwendung der Statusmeldung 451 im Ermessen des Betreibers liegt, werden sich aus einer Zählung des Status 451 im Netz keine wirklich aussagekräftigen statistischen Daten über Zensur im Internet ableiten lassen. Vielleicht kann man den Status 451 mehr als einen auffälligen Aufkleber verstehen, mit dem der Betreiber einer Webseite seinen Unmut über Einschränkungen im freien Netzverkehr für jeden deutlich sichtbar machen kann.
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