Der schwierige Auftrag der Bibliotheken
Bibliotheken sind nach modernem Verständnis Institutionen, die das Recht auf freien Zugang zu Informationen garantieren und diesen der Allgemeinheit als Dienst zur Verfügung stellen. Sie machen allen Bürgerinnen und Bürgern, unabhängig von Alter, Herkunft, Glauben, Geschlecht oder der gesellschaftlichen Stellung, das Wissen und die Kultur ihrer Zeit zugänglich. Ihre grundlegende und unabdingbare Aufgabe ist es, die Informationsbedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer zu befriedigen.
Der Zugang zu Information und die Meinungsfreiheit sind Ecksteine demokratischer Gesellschaften und unabdingbare Rechte, um die öffentliche Meinungs- und Willensbildung zu gewährleisten. Bibliotheken tragen zur gesellschaftlichen Entwicklung bei, indem sie die Weitergabe des Wissens von Generation zu Generation sicherstellen. Man kann deshalb mit Fug und Recht behaupten, dass Demokratie und Bibliothekswesen in einem symbiotischen Verhältnis zueinander stehen und eins ohne das andere kaum zu denken ist.
Die auf das Urheberrecht bezogene Gesetzgebung, die eigentlich die Rechte der Autoren schützen sollte, war von Beginn an dem Einfluss und den Interessen der Verleger unterworfen. Sie kollidiert deshalb in nicht wenigen Fällen mit dem Recht auf freien Zugang zu Information. Eines der Felder, in denen dies regelmäßig geschieht, ist das Bibliothekswesen. Denn das Urheberrecht hat direkte und unmittelbare Auswirkungen auf den gesamten Aufgabenbereich der Bibliotheken, auf die Dienste, die sie den Nutzern zur Verfügung stellen, und auf die Bedingungen, unter denen der Zugang zu Information gewährleistet wird. Das Urheberrecht berührt darüber hinaus die Art und Weise, in der die Bibliotheken die Bewahrung und Pflege ihrer Bestände ausüben können.
Angesichts der Bedeutung der Schöpfungen des Intellekts für die Entwicklung der Gesellschaft sind deren Rechte gegenüber dem Ausschließlichkeitsrecht des Autors im Sinne der Verbreitung der Kultur anerkannt worden. Um das Gleichgewicht zwischen dem individuellen Interesse der Autoren und Verleger und dem gesellschaftlichen oder kollektiven Interesse zu gewährleisten, wurden den Vergütungsansprüchen der Urheber durch Ausnahmeregelungen Grenzen gesetzt, die unter bestimmten Bedingungen Anwendung finden. Diese Ausnahmen sind unumgänglich, um spezifischen gesellschaftlichen Bedürfnissen Genüge zu leisten. Sie gestatten der Allgemeinheit den Zugang zu Informationen und Inhalten, die zur Bildung und menschlichen Entwicklung unerlässlich sind. Ebenso ermöglichen sie es den Autoren, an den Geistesschöpfungen anderer teilzuhaben.
Ohne diese Beschränkungen oder durch einen übertriebenen Schutz des Urheberrechts würde sich eine gefährliche Kluft zwischen denen auftun, die über Informationen verfügen, und denen, die nicht über sie verfügen.
Die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien, die massive Verbreitung des Internets und die Digitalisierung haben die Möglichkeiten des Zugangs zu Informationen sowie die Möglichkeiten der Kommunikation auf ungeahnte Weise erweitert. Gleichzeitig haben sich damit neue Felder kommerzieller Interessen eröffnet und neue Möglichkeiten der Kontrolle über die gesamte Gesellschaft ergeben.
In diesem Kontext ist das Bibliothekswesen von Entwicklungen bedroht, die seine grundlegende Daseinsberechtigung infrage stellen: das Wissen und den kulturellen Reichtum, die in seinen Beständen materialisiert sind, der Allgemeinheit zugänglich zu machen und zu bewahren.
Drei Entwicklungen bedrohen das Bibliothekswesen:
- die Leihgebühr in den Bibliotheken;
- der Kopierschutz und andere technische Schutzmaßnahmen;
- der Mangel an Ausnahmeregelungen im Urheberrecht zugunsten der Bibliotheken sowie die mangelhafte Anpassung an die Bedingungen der digitalen Welt.
Die Leihgebühr für bibliografisches Material oder Dokumente
Die Ausleihe von Büchern und Dokumenten ist ein zentrales Tätigkeitsfeld der Bibliotheken. Dem Internationalen Verband der bibliothekarischen Vereine und Institutionen (IFLA; International Federation of Library Associations and Institutions) zufolge ist diese zur Erfüllung ihrer kulturellen Aufgaben unerlässlich und wurde bislang traditionellerweise nicht von den Urheberrechtsgesetzen berührt. Als Basisversorgung, die allen zur Verfügung steht, ist die Ausleihfunktion der Bibliotheken zudem ein Faktor, der zum Verkauf der Bücher beiträgt, indem er die jeweiligen Titel in sämtlichen Formaten bekannt macht. Deshalb bewirkt jegliche gesetzliche oder vertragliche Einschränkung des Ausleihrechts einen Schaden sowohl für die Bibliotheken als auch für die Urheberrechtsinhaber.
Seit Beginn der 1990er Jahre sind die Bibliotheken in Europa von gesetzlichen Maßnahmen betroffen (Vgl. EU-Richtlinie 92/100/EWG) die sie in ihrem Kernbereich beeinträchtigen: Diesen Bestimmungen zufolge müssen Bibliotheken, öffentliche Informationsund Dokumentationszentren, Archive, Zeitschriftenarchive und Phonotheken den Nutzern für jedes entliehene Dokument eine Gebühr für das Copyright berechnen, obwohl sie durch den Erwerb der Werke bereits einen in dem Preis enthaltenen Anteil an den Urherberrechten bezahlt haben.
Diese Maßnahme, der die europäischen Bibliothekarsverbände erbitterten Widerstand entgegengesetzt haben, stellt einen Rückschritt in Bezug auf die Errungenschaften moderner Gesellschaften und die demokratische Verfasstheit derselben dar. Der Ursprung der Leihgebühr muss in dem einschneidenden konzeptionellen Paradigmenwechsel gesehen werden, der auf Grundlage des neoliberalen Diskurses und des von der WTO ausgeübten Drucks vollzogen wurde. Bildung und Kultur werden demnach als Dienstleistungen betrachtet, die den Gesetzen des Marktes unterliegen. Innerhalb dieses Rahmens konnten die großen Verlagsgruppen und andere Copyright-Inhaber erhebliche Einnahmezuwächse durchsetzen.
Technische Schutzmaßnahmen (TPM) Technische Schutzmaßnahmen (TPM; Technical Protection Measures) und Digitale Rechteverwaltung (DRM; Digital Rights Management) sind Instrumente, die benutzt werden, um den Zugang zu und die Benutzung von digital vorliegender Information zu regeln. Ihrer jeweiligen Natur entsprechend erfüllen sie eine zweifache Funktion: TPM verhindern die nicht autorisierte Kopie und DRM-Systeme schützen bestimmte Arten der Information, die in das Werk eingeschrieben sind und seine Identifizierung sichern. Sie ermöglichen darüber hinaus, seine Nutzung zu kontrollieren und Lizenzgebühren zu erheben. Beide Maßnahmen haben zum Ziel, über die Einhaltung des Urheberrechts zu wachen.
Diese Schutzmaßnahmen haben bereits Eingang in nationales Recht gefunden. Dies ist z.B. in den USA der Fall, wo das Digital Millennium Copyright Act (DMCA) von 1998, das eine Erweiterung des Urheberrechts darstellt, nicht nur die Verletzung des Copyrights an sich, sondern auch die Produktion und Verbreitung von Technologie kriminalisiert, die es gestattet, die das Urheberrecht schützenden Sicherheitsmechanismen zu umgehen. Außerdem hat es die Strafen für Urheberrechtsverletzungen im Internet verschärft. Darüber hinaus haben diese Maßnahmen einen Niederschlag in internationalen Verträgen wie dem Urheberrechtsvertrag der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WCT; WIPO Copyright Treaty) gefunden, der die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, in ihrer nationalen Gesetzgebung Bestimmungen einzuführen, die die Nutzung von Geräten und Computerprogrammen unterbinden, die dazu bestimmt sind, den Kopierschutz zu umgehen, und geeignete juristische Schritte gegen jede Person einzuleiten, die wissentlich DRM-Schutzmaßnahmen unterdrückt oder verändert.
Diesen gesetzlichen Bestimmungen zufolge könnte ein Bibliothekar strafrechtlich verfolgt werden, der TPM-Sicherungen umgeht, weil er das Format von Werken, die die Bibliothek in digitaler Form gekauft hat und die der Kontrolle dieser Technologie unterliegen, im Interesse ihrer langfristigen Verfügbarkeit verändern möchte.
Beschränkungen des Urheberrechts zugunsten der Bibliotheken
Für die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) „betreffen die gesetzlichen Ausnahmeregelungen zugunsten der Bibliotheken vor allem Fragen wie die Reproduktion urheberrechtlich geschützter Werke zu Zwecken der Forschung und des persönlichen Studiums, der Pflege oder des Ersatzes von Materialien sowie der Beschaffung von Dokumenten und des Tausches zwischen den Bibliotheken”.
In Ländern, deren Urheberrechtsgesetze keine Ausnahmeregelungen für Bibliotheken vorsehen, bewegen sich die Bibliothekare im Zwiespalt zwischen der Erfüllung ihrer Mission, den freien Zugang zu Informationen zu gewährleisten und langfristig zu sichern, und der Befolgung der das geistige Eigentum betreffenden Gesetze, die es ihnen unmöglich machen, von Werken Kopien zu erstellen, um deren Abnutzung und Verschleiß zu vermeiden. Dies gilt häufig selbst dann, wenn es sich um Kopien von Teilen eines Werkes handelt oder wenn dieses vergriffen ist.
Außerdem wird über die internationale Gesetzgebung bezüglich des geistigen Eigentums im digitalen Bereich versucht, die Ausnahmeregelungen, die in einigen Ländern für die Bibliotheken gelten, auszuhebeln. In der Absicht, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheberrechtsinhaber und der Nutzer herbeizuführen, vertritt die IFLA die Position, dass das digitale Format keinen Unterschied macht und den Bibliotheken sowie den Bürgern Ausnahmen eingeräumt werden müssen, um unter Beachtung der „angemessenen Verwendung” oder des „fair use” den freien und kostenlosen Zugang für im öffentlichen Interesse liegende Zwecke der Bildung und Forschung zu gewährleisten.
In diesem Sinne müssen die Benutzer einer Bibliothek – genauso wie bei Werken in Papierform – jedwedes digitale Material studieren, lesen, hören oder anschauen können, ohne dass ihnen daraus Kosten entstehen oder sie um Erlaubnis bitten müssen, ganz gleich ob die Nutzung privat, vor Ort oder auf Distanz vorgenommen wird. Außerdem müssen sie „einen angemessenen Teil eines urheberrechtlich geschützten digitalen Werkes zum persönlichen Gebrauch und zu Bildungs- oder Forschungszwecken entweder selbst kopieren oder eine solche Kopie durch das Personal der Bibliothek oder Datenbank anfertigen lassen dürfen” (Vgl. The IFLA Position on Copyright in the Digital Environment). Die IFLA vertritt gleichermaßen die Position, dass Praktiken wie die Ausleihe zwischen den Bibliotheken auf den digitalen Bereich ausgedehnt werden müssen, um die Palette der den Nutzern zur Verfügung stehenden Information erweitern zu können.
In einer von der WIPO veranlassten Studie über Schranken des Urheberrechts und Ausnahmen für Bibliotheken und Archive stellt der Direktor des Copyright-Ausschusses der Columbia-Universität, Kenneth D. Crews, fest, dass es in 128 von 149 untersuchten Ländern zumindest eine gesetzliche Ausnahmeregelung zugunsten der Bibliotheken gibt und dass die Mehrheit von ihnen zahlreiche Regelungen anderer, die Bibliotheken betreffender Fragen kennt. Diese Daten belegen die weitverbreitete Existenz von Ausnahmeregelungen für Bibliotheken und unterstreichen die wichtige Rolle, die die Gesetzgebung bei der Unterstützung der Bibliotheksdienste spielen kann. Nachdem Chile hinzugekommen ist, gibt es in Lateinamerika zwölf Länder, in denen Beschränkungen des Urheberrechts zugunsten der Bibliotheken existieren: Bolivien, Kolumbien, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Mexiko, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru und Venezuela und jetzt auch Chile. Ausnahmen zugunsten der Bibliotheken in Argentinien
In Argentinien sieht das Gesetz Nr. 11.723 zum geistigen Eigentum keine ausdrücklichen Ausnahmen für das Bibliothekswesen in Bezug auf das Urheberrecht vor. Die Bibliotheken sind deshalb täglich Spannungen und Konflikten ausgesetzt, die sie bei der Ausübung ihrer Aufgaben behindern, soweit sie angehalten sind, die Überschreitung der das geistige Eigentum betreffenden Gesetze zu vermeiden. Diese Situation führt zu gravierenden Problemen bei der langfristigen Sicherung der Bestände oder verhindert diese sogar direkt. Die Rolle der Bibliotheken, den Zugang zu Informationen zu gewährleisten und die intellektuelle Produktion zu fördern, wird dadurch ernsthaft beeinträchtigt.
Zu den zahlreichen Beispielen gehören die urheberrechtlich geschützten vergriffenen Werke, die nur noch als Einzelexemplare existieren und für die es eine hohe Nachfrage gibt. Wenn diese Werke jedes Mal ausgeliehen werden, wenn nach ihnen verlangt wird, erleiden sie einen schnellen Verschleiß oder werden sogar zerstört, ohne dass sie ersetzt werden können. Ein anderer in wissenschaftlichen oder Universitäts-Bibliotheken geläufiger Fall ist die Nachfrage nach Artikeln aus Fachzeitschriften durch individuelle Nutzer oder andere Bibliotheken. Es ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass die Bibliotheken nur ein einziges Exemplar einer jeden Teillieferung einer periodisch erscheinenden Publikation besitzen, für deren Subskription sie viel bezahlt haben. Das wissenschaftliche Arbeiten würde in hohem Maße kompliziert werden, wenn die Einsicht dieser Artikel nicht möglich wäre. Ein anderes Beispiel sind die digitalen Büchersammlungen auf CD-ROM, die selbst bei guter Pflege und Lagerung bei angemessener Temperatur und Luftfeuchtigkeit nach Ablauf von zehn Jahren unwiderruflich Schaden nehmen und unbrauchbar werden, wenn keine neuen Kopien angefertigt werden.
In anderen Fällen müssen sie umformatiert werden, um von neuen Software-Versionen gelesen werden zu können. In all diesen Fällen sieht sich der Bibliothekar einer Situation ausgesetzt, in der er zwischen der Erfüllung seiner Aufgabe als Sachwalter des freien Zugangs zu Informationen sowie der Produktion neuen Wissens und neuer Kultur auf der einen Seite und der Einhaltung der Gesetze bezüglich des geistigen Eigentums auf der anderen Seite zu wählen hat. Bereits anhand dieser wenigen Beispiele lässt sich ermessen, in welchem Ausmaß im argentinischen Bibliothekswesen der Zugang zu Information und die Pflege der Bestände darunter zu leiden haben, dass die nationale Gesetzgebung keine Ausnahmen zugunsten der Bibliotheken vorsieht.
Diese Situation wurde durch das im Juli 2001 erlassene Gesetz Nr. 25.446, das unter dem Namen „Gesetz zur Förderung des Buches und des Lesens” bekannt ist, weiter zugespitzt. In Wirklichkeit dient es der Förderung der Verlagsindustrie, der Kontrolle der verschiedenen Auflagen und dem Schutz des Urheberrechts. Dieses Gesetz stellt dem Autor die Figur des Verlegers zur Seite, die nun beide die Reproduktion eines Werkes autorisieren müssen.
Wir möchten unterstreichen, dass die Schaffung von Ausnahmeregelungen für Bibliotheken eine dringende Aufgabe unserer Gesetzgebung ist. Die Bibliotheken müssen von der Zahlung von Tantiemen für Vervielfältigungsrechte an Verwertungsgesellschaften ausgenommen werden, da es sich bei ihnen um Institutionen handelt, die eine öffentliche Dienstleistung erbringen. Außerdem haben sie im Rahmen der Erweiterung ihrer Bestände durch den Ankauf bibliografischen Materials bereits eine Zahlung geleistet. Darüber hinaus sichern die Bibliotheken in uneigennütziger Weise die langfristige Verfügbarkeit und Verbreitung von Werken, wie es die Rechteinhaber selbst nicht bewerkstelligen könnten. Bibliotheken verfolgen keine kommerziellen Zwecke, sondern dienen einzig und allein der Allgemeinheit, der sie ihre Dienste zur Verfügung stellen. Aus all diesen Gründen sind sie wahre Schaufenster der geschützten Werke und fördern deren Verkauf an die Leser.
Das Gesetz zum geistigen Eigentum Nr. 11.723 datiert aus dem Jahr 1933 und sieht – obwohl es einige Veränderungen erfahren hat – keine Maßnahmen vor, die Bibliotheken privilegieren oder Ausnahmeregelungen für sie schaffen würden. Es ist unumgänglich, eine Debatte über die Novellierung dieses Gesetzes in Gang zu setzen und die Bedingungen für die Verbreitung und den Austausch von Informationen zu verbessern.
Aus diesen Gründen hat die Unterkommission „Geistiges Eigentum, Zugang zur Information und Meinungsfreiheit” des Verbandes der graduierten Bibliothekare Argentiniens (ABGRA)* einen Vorschlag zur Änderung der Gesetze Nr. 11.723 und 25.446 erarbeitet, der eine Befreiung von der Zahlung von Lizenzgebühren und von der Zustimmungspflicht des Urhebers für jedwede Reproduktion – unabhängig vom Medium – eines wissenschaftlichen, literarischen oder künstlerischen Werkes anstrebt, soweit diese von Bibliotheken, Dokumentationszentren und öffentlichen Archiven oder Mitgliedern von nichtkommerziellen Institutionen, wissenschaftlichen Institutionen oder Bildungseinrichtungen angefertigt wird. Dies immer unter der Voraussetzung, dass die Reproduktion sich auf die Erfüllung der Bedürfnisse des jeweiligen Dienstes beschränkt und weder die normale kommerzielle Verwertung eines Werkes noch die legitimen Interessen des Autors in ungerechtfertigter Weise beeinträchtigt.
Es versteht sich in diesem Kontext, dass die normale kommerzielle Verwertung eines Werkes und die legitimen Interessen des Autors durch eine Reproduktion nicht beeinträchtigt werden, wenn folgende Fälle vorliegen:
- die vollständige Reproduktion eines Werkes, um dieses zu erhalten oder vor Verlust zu schützen oder um ein auf dem Markt nicht mehr erhältliches Werk verfügbar zu halten;
- die vollständige Reproduktion von Artikeln aus Zeitschriften oder Periodika oder die teilweise Reproduktion von Monografien, soweit diese in diesem Fall 35 Prozent des Umfangs nicht überschreiten und von den Nutzern zum Zwecke der Bildung und Forschung angefordert werden;
- die teilweise Reproduktion von in den vorherigen Absätzen nicht genannten Werken, soweit diese 35 Prozent des Umfangs nicht überschreiten und von den Nutzern zum Zwecke der Bildung und Forschung angefertigt werden.
Der Vorschlag für eine Gesetzesänderung beinhaltet auch die Befreiung von der Zahlung von Lizenzgebühren und von der Zustimmungspflicht des Urhebers für die Reproduktion – unabhängig vom Medium – eines Werkes, soweit dieses ausschließlich zum privaten Gebrauch bestimmt ist.
Diese Vorschläge für eine Gesetzesänderung werden dem Nationalkongress in der Überzeugung vorgelegt, dass das geltende Urheberrechtsgesetz sowohl die wesensgemäße Aufgabe der Bibliotheken, Informationen zur Verfügung zu stellen und Dokumente zu bewahren, wie auch das Recht auf freien Zugang zu Informationen beeinträchtigt.
* Die Autorinnen danken im Namen der ABGRA dem Rechtsanwalt Alejandro Tomás Butler für seine unschätzbare Unterstützung bei der Erarbeitung dieses Vorschlags. Er hat nicht nur die für eine Gesetzesinitiative unabdingbare juristische Begründung beigesteuert, sondern sich auch leidenschaftlich für die Sache der Bibliotheken und das Recht auf freien Zugang zur Information eingesetzt.
Lucia Pelaya und Ana Sanllorenti sind Bibliothekarinnen und Mitglieder des Unterausschusses „Intellektuelle Eigentumsrechte, freier Zugang zu Information und Meinungsfreiheit” der Organisation der Bibliothekare der Republik Argentinien (ABGRA). Dieser Beitrag erschien im Reader Argentina Copyleft! Neue Spielregeln für das digitale Zeitalter? Ein Blick nach Argentinien, herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung. Er steht unter der Creative-Commons-Lizenz BY-NC-SA. Aus dem Spanischen von Theo Bruns.
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