Öffentliches Geld muss zwingend eine freie Lizenz bedeuten. Ein Kommentar.
Heute findet in Berlin der Urheberkongress 2013 statt. Es ist die größte Veranstaltung zum Urheberrecht im Wahljahr 2013. Ist das Urheberrecht wahlentscheidend? Nein, natürlich nicht – bisher geht es um Fluglärm, wer welche Kette getragen hat und wer jetzt die schlechteste oder beste Bundesregierung aller Zeiten war. Das Urheberrecht sollte aber wahlentscheidend sein. Unser analoges Leben in der digitalen Infrastruktur Internet existiert, es pulsiert, und es wird überwacht und streng reguliert. Es wird vielfach stärker reguliert als mein Gang zum Bäcker oder der Kauf von Briefmarken in der Postfiliale. Die Relevanz des Urheberrechts und seiner Ausgestaltung ist für unseren Alltag enorm hoch.
Im Urheberrecht geht es nur sekundär um die Frage, wer welche Rechte hat. Es geht vielmehr darum, wer welchen Zugang zu welchen Materialien und Ressourcen hat. Die Fragen der Zukunft lauten: Wie kann der Zugang zu Informationen gesichert werden? Wer sollte in seiner Kreativität im Internet wie unterstützt werden (und nicht behindert)? Und wie kann dies rechtlich abgesichert werden?
Das Urheberrecht ist kompliziert. Das hat seinen Grund, es regelt schließlich komplizierte Dinge. Es sollte aber auch verstanden werden können. Das komplizierteste im Urheberrecht ist allerdings die Vermittlung von Werten und Freiheiten. Diese müssen von den Nutzern verstanden werden können. Sie müssen für die Öffentlichkeit Sinn ergeben, und dann mit guten Argumenten von Nutzern, Bibliotheken, Museen, Bildungseinrichtungen und vielen mehr auch akzeptiert werden. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass jeder Euro aus öffentlichen Kassen, der in die Erstellung von Werken in Wissenschaft und Forschung, in die Produktion von Inhalten – etwa bei der staatlichen Filmförderung oder im öffentlich-rechtlichen Rundfunks – zwangsläufig eine freie Lizenz zur Folge hat.
Noch einmal: hierum sollte es nicht einmal eine Diskussion geben, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der Bürger nicht zweimal für das Gleiche zahlen muss. Das ist kein Zwangssystem, bei dem keine Geschäfte mehr möglich sind. Es ist ein freies Land, jeder ist seines Glückes eigener Schmied. Wenn aber öffentliches Geld zum Einsatz kommt, muss das direkte Folgen für den Einsatz von freien Lizenzen in allen gesellschaftlichen Bereichen haben.
Und es geht weiter: Der Endverbraucher muss endlich ein Recht auf Privatkopie bekommen. Ein Recht, ein festes einklagbares Recht, damit ihm die Gerätehersteller und die Industrie keine technischen DRM-Systeme vor den Latz knallen können, die eine eigentlich gestattete Privatkopie rechtlich unmöglich machen. Und wenn sie dies doch tun, so muss es selbstverständlich auch erlaubt sein, dass der Nutzer diese DRM-Systeme knackt und umgeht. Ich werfe doch auch den Vertreter einer Sekte aus meinem Wohnungsflur, der es wagt einen Fuß auf mein Parkett zu setzen. Nicht anders liegt der Fall hier. Das im Gesetz verankerte „Umgehungsverbot“ ist nichts anderes als eine Erlaubnis, mich zu belästigen.
Ein dritter wesentlicher Punkt, der heute bei der Konferenz zur Sprache kommen wird, ist die Frage nach einem Recht auf Remix. Kreativität ist was wert. Hört man zumindest immer und überall. Also, schützen wir die Kreativität. Die Kreativität von Hunderttausenden von Nutzern, die Mashups, Remixes, Collagen, professionelle und unprofessionelle Werke neu erschaffen und unsere Kultur voranbringen. Niemand sollte in Zukunft dafür belangt werden, wenn er Zuhause ein Video zusammenschneidet, es mit Musik unterlegt und bei Youtube hochlädt. Niemand. Das Urheberrecht muss ein Ermöglichungsrecht und kein Verhinderungsrecht sein. Leistungsschutzrechte, die beispielsweise kleinste Tonfolgen schützen, gehören abgeschafft.
Die rechtliche Dimension muss klarstellen, dass bei persönlichen Verunglimpfungen das Persönlichkeitsrecht Maßnahmen beinhaltet, dies zu unterbinden. Es braucht in allen anderen Fällen aber dringend eine Freistellung von der Haftung für die Nutzer, eben beispielsweise ein Recht auf Remix. Anbieter sollten bei kommerzieller Orientierung einen Pauschalbetrag für das Betreiben einer Plattform, in der auch Remixes vorhanden sind, bezahlen. Der Gesetzgeber sollte dafür die neuen Kreativen und ihre Kreativität vor Rechtsverstößen und Abmahnungen schützen. Klare Regelung, klare Wirkung.
Diese drei Punkte werden heute neben vielen weiteren diskutiert werden. Als das iRights.Lab im vergangenen Jahr auf die Initiative Urheberrecht zugegangen ist und eine gemeinsame Konferenz vorgeschlagen hat, gab es hohes Interesse. Gemeinsam haben wir nun den Urheberkongress 2013 auf die Beine gestellt. Es soll ein Forum sein, in dem die unterschiedlichen Positionen und Meinungen Platz haben. Es soll niemand ausgeschlossen werden, gleichzeitig sollte billige Propaganda keinen Platz haben. Es geht uns um die Gestaltung des Urheberrechts der Zukunft. Insbesondere kurzfristige Maßnahmen, die der neuen Bundesregierung ans Herz gelegt werden sollen, kommen heute zur Sprache. Aber auch mittel- und langfristig wird kein Stein mehr auf dem anderen bleiben, wenn sich die Regierung dafür entscheiden sollte, das Urheberrecht nicht nach romantischen Vorstellungen aus dem vorletzten Jahrhundert, sondern nach ökonomischen und nutzungsrelevanten Kriterien neu aufzustellen. Dies wäre zu wünschen.
Die Konferenz ist restlos überbucht und der Brandschutz verbietet es uns, Sie und Euch zu stapeln. Bei einer Neuauflage sollten wir gleich einen wesentlich größeren Saal wählen. Für alle die interessiert sind, aber nicht mehr reinkommen, gibt es unter http://urheberkongress2013.de/ hier einen Livestream.
Im Vorfeld haben wir bei iRights.info eine Interviewreihe mit SprecherInnen der Konferenz geführt.
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