Kulturpolitik in Europa: Ein Umschlag ohne Buch?
Der Europäische Rat der Literaturübersetzerverbände CEATL (Conseil Européen des Associations de Traducteurs Littéraires) hat eine Presseerklärung geschickt, in der er beklagt, dass die Europäische Union entschieden hat, die europäischen Übersetzerzentren nicht mehr zu fördern. Leider habe ich gerade keine Zeit zu recherchieren, daher kann ich nicht einschätzen, wie berechtigt der Vorwurf ist, dass die Entscheidung
im krassen Widerspruch zur Idee eines vielsprachigen und multikulturellen Europas steht, in dem die Arbeit von Literaturübersetzern eine grundlegende Voraussetzung für das gegenseitige Verständnis ist, und zwar nicht nur in der Literatur, sondern auch in Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Kino und Theater.
Da die Meldung aber fast nirgends aufgegriffen wurde (außer im österreichischen Standard, der allerdings nicht recherchiert hat, sondern eigentlich nur die Pressemitteilung umgeschrieben), soll hier wenigstens die Pressemitteilung im Wortlaut veröffentlicht werden. Über Kommentare, die bei der Einordnung helfen, würden wir uns freuen.
Kulturpolitik in Europa: Ein Umschlag ohne Buch
Europäische Union stellt Literaturübersetzer ins Abseits
Seit vielen Jahren ermöglichen die europäischen Übersetzerzentren Literaturübersetzern aus der ganzen Welt den Aufenthalt im Land ihrer Autoren, die Vertiefung ihrer Sprach- und Landeskenntnisse, die Teilnahme an Fortbildungsseminaren sowie konzentriertes Arbeiten an anspruchsvoller Literatur jenseits aller Alltagssorgen. Letzte Woche nun hat die Europäische Union (die sich ihre internen Übersetzungen schätzungsweise eine Milliarde Euro pro Jahr kosten lässt) entschieden, die europäischen Übersetzerzentren nicht mehr zu fördern. Zugleich gibt die Union im Rahmen des Programms “Kultur 2007-2013” mehr als 400 Millionen Euro für die Förderung der europäischen Kultur aus, vor allem für Großprojekte wie internationale Filmproduktionen.
Der Europäische Rat der Literaturübersetzerverbände CEATL ist empört über diese Entscheidung, die im krassen Widerspruch zur Idee eines vielsprachigen und multikulturellen Europas steht, in dem die Arbeit von Literaturübersetzern eine grundlegende Voraussetzung für das gegenseitige Verständnis ist, und zwar nicht nur in der Literatur, sondern auch in Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Kino und Theater.
Dabei hat die Europäische Union 2008 zum „Jahr des interkulturellen Dialogs“ erklärt und will dem Literaturübersetzen als bedeutendstem Ausdruck dieses Dialogs Anfang 2009 ein internationales Symposium widmen. Der CEATL besteht darauf, daß die Internationalen Übersetzerzentren – vor dreißig Jahren vom berühmten Beckett-Übersetzer Elmar Tophoven nach dem Modell des mittelalterlichen Toledo erfunden – im Mittelpunkt des „interkulturellen Dialogs“ stehen und als Leuchtturmprojekte der Europäischen Kultur die Unterstützung und Förderung seitens der Europäische Union verdienen. Sonst bleibt die Idee einer Europäischen Kultur und des interkulturellen Dialogs leer wie ein Umschlag ohne Buch.
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