Remake, Remix, Rip-off: Wie türkische Regisseure das Kino kopierten
Wie viele mögliche Geschichten gibt es für einen Film? Vielleicht 33 oder 34, sagt der Regisseur Memduh Ün. Danach fängt das Kopieren und Neu-Arrangieren von Bestehendem an. Die Dokumentation „Remake, Remix, Rip-off – Kopierkultur und das türkische Pop-Kino“ von Cem Kaya ist derzeit im ZDF zu sehen. Sie zeigt auf unterhaltsame Weise eine bislang wenig beachtete Remixkultur, wie sie im türkischen Kino der 60er und 70er Jahre entstanden war.
Yeşilçam, das Hollywood der Türkei, stand für eine Filmindustrie, die nach dem Baukasten- und Fließbandprinzip arbeitete. Viele der beteiligten Regisseure und Schauspieler haben an einigen hundert Produktionen mitgewirkt. Urheberrechte waren kaum entwickelt und wurden wenig beachtet. Nicht nur bekannte Helden wie Rocky, Mr. Spock und Flash Gordon tauchten in den Filmen auf. Die Regisseure adaptierten aktuelle Filme aus ganz Europa und den USA für den Massengeschmack des türkischen Publikums.
Erfinderische Regisseure, Niedergang in den 1980ern
Auch der Mangel an filmischem Equipment machte erfinderisch: Szenen mit Special Effects etwa kopierte der Regisseur Çetin İnanç heimlich aus Star Wars und anderen Produktionen, Schwarz-Weiß-Positive färbte er in der Entwicklungslösung, um dem Verleih die versprochenen Farbfilme zu liefern („Das ist Monocolor. Direkt aus Japan.“). Superman konnte in der türkischen Variante zwar nicht fliegen, trug dafür aber einen zusätzlichen Batman-Gürtel.
Mit dem Aufstieg des Fernsehens und der gesellschaftlichen Transformation nach dem Militärputsch 1980 verlor Yeşilçam an Bedeutung, viele Regisseure wandten sich Melodramen und Sexfilmen zu, die von der Regierung und Zensurbehören noch toleriert wurden. Die Dokumentation berichtet in ihrem ernsteren Teil auch von diesem Niedergang – bis hin zum Abriss des historischen Istanbuler Emek-Kinos im Jahr 2013, noch bevor dort die Gezi-Proteste aufflammten. Dort soll nun ein Einkaufszentrum mit Multiplex entstehen.
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