Der Wochenrückblick: Ebay, Zensus, Urheberrecht
EGMR: Keine Verständigungspflicht vor Veröffentlichung privater Informationen
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vergangene Woche entschieden, dass das Recht auf Schutz der Privatsphäre (Art. 8 EMRK) keine Pflicht zur Vorabinformation („pre-notification requirement“) erfordert, wenn Medien über private Informationen berichten. Konkret ging es um den Fall des Formel-1-Chefs Mosley. Eine britische Zeitung hatte im Jahr 2008 über dessen angebliche Beteiligung an einer „Nazi-Orgie mit 5 Nutten” berichtet. Mosley klagte in Großbritannien erfolgreich gegen die Veröffentlichung. In einem Verfahren vor dem EGMR warf er dem Vereinigten Königreich nun außerdem vor, es würde die ansässigen Medien nicht verpflichten, Personen vorab zu informieren, deren Privatsphäre von Berichterstattung betroffen werde. Der EGMR folgte dem nicht: Eine solche Verständigungspflicht führe zu abschreckenden Effekten gegenüber journalistischen Medien. Die Meinungsfreiheit aus Art. 10 EMRK habe daher Vorrang.
» Das Urteil des EGMR (App. no. 48009/08) im Volltext.
» Eine ausführliche Analyse von Hans Peter Lehofer.
BGH: Bei unbefugter Ebay-Kontonutzung kein Vertragsschluss
Wird über ein Ebay-Konto unbefugt ein Vertrag geschlossen, verpflichtet das nicht ohne weiteres den eigentlichen Konto-Inhaber. Das hat der Bundesgerichtshof vergangene Woche entschieden (Az. VIII ZR 289/09). Über das passwortgeschützte Konto eines Ebay-Mitglieds war durch einen Dritten eine komplette Gastronomieeinrichtung im Wert von gut 34.000 € zum Verkauf angeboten worden. Als der Inhaber den Missbrauch bemerkte, beendete er vorzeitig die Auktion. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt Meistbietender und verlangte vom Konto-Inhaber die Erfüllung des Vertrages. Zu Unrecht, wie der BGH entschied. Allein die unsorgfältige Verwahrung der Login-Daten habe noch nicht zur Folge, dass der Inhaber des Kontos verpflichtet werde – eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht liege nicht vor. Die Entscheidung des BGH liegt noch nicht im Volltext vor.
» Ausführlich bei Telemedicus.
OLG Köln: Auskunftspflicht von Sharehostern
Vergangene Woche wurde eine Entscheidung des OLG Köln bekannt, wonach auch Sharehoster nach § 101 UrhG zur Auskunft verpflichtet sein können, wenn Nutzer auf ihrer Plattform urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich zugänglich machen (Az. 6 U 87/10). Ein Nutzer hatte bei einem schweizer Sharehoster einen Film hochgeladen. Den Link zu der Datei hatte er daraufhin frei im Netz verteilt. Der Rechteinhaber beantragte daraufhin den Erlass einer richterlichen Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG gegen den Hoster. Das OLG Köln gab dem Antrag statt: Da es sich um eine deliktische Rechtsverletzung handele, sei das Gericht im Hinblick auf das Urheberrecht international zuständig. Allein das schweizer Datenschutzrecht sei anwendbar. Dieses stünde jedoch einer Auskunft nicht entgegen.
» Die Details bei urheberrecht.org.
Zensus 2011 hat begonnen
Am Montag hat in ganz Deutschland die Volkszählung, der sog. Zensus 2011, begonnen. Im Rahmen dessen werden nun Millionen deutscher Haushalte befragt. Darüber hinaus werden zahlreiche Daten von Behörden zusammengelegt. Bereits im Vorfeld gab es massiven Widerstand gegen die Pläne zu einer Volkszählung. Eine Verfassungsbeschwerde gegen das Zensusgesetz hatte das Bundesverfassungsgericht im Oktober letzten Jahres jedoch nicht zur Entscheidung angenommen. Bisher verläuft der Zensus jedoch ruhig.
» Ausführlich bei der FAZ.
Twitpic vermarktet Nutzer-Fotos
Der Twitter-Fotodienst Twitpic sorgte vergangene Woche für Diskussionen: Fotos von Nutzern, die bei dem Dienst eingestellt werden, sollen über eine Agentur weiterverkauft werden. Laut Twitpic soll es dabei in erster Linie um Inhalte prominenter Nutzer gehen: Fotos, die Stars bei Twitpic veröffentlichen, seien bislang oft ohne Genehmigung weiterverbreitet worden. Deshalb solle es nun möglich sein, die Nutzungsrechte legal von Twitpic zu erwerben. Doch auch andere Nutzer räumen dem Dienst nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechende Rechte zum Weiterverkauf ein.
» Die Meldung bei Spiegel online.
» Juristische Hintergründe bei irights.info.
BKartA ermittelt weiter gegen ProSieben/Sat.1 und RTL
Das Bundeskartellamt hat seine Ermittlungen gegen ProSieben/Sat.1 und RTL „intensiviert”. Wie der FOCUS vorab meldet, soll das BKartA bereits Anfang Februar erneut Büros der RTL-Gruppe durchsucht haben. Der Vorwurf: Die Sendergruppen sollen sich abgesprochen haben, einige Free-TV-Programme nur noch verschlüsselt auszustrahlen. Schon vor einem Jahr hatte das Bundeskartellamt gegen die beiden Unternehmen ermittelt. Nun sollen die „Nachermittlungen” laufen, so das BKartA auf Anfrage des FOCUS.
» Die Meldung bei DWDL.
Gutachten zu „Verbraucherschutz im Urheberrecht”
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat ein Gutachten zum „Verbraucherschutz im Urheberrecht” veröffentlicht. Im Auftrag des Verbandes hatte Urheberrechtler Till Kreuzer die verbraucherrechtlichen Aspekten und notwendige Reformen im Urheberrecht untersucht. Zentrale Kritikpunkte sind unter anderem der Ausschluss der Privatkopie durch AGB, Pauschalabgaben wie die Geräteabgabe und Fragen rund um die Nutzung von Social-Media-Anwendungen. Kreutzer schlägt außerdem eine Regelung zu „transformativen Werknutzungen” vor: So sollen neue Phänomene wie Remixe und Kreativität der Massen besser berücksichtigt werden.
» Das Gutachten im Detail bei irights.info.
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