Verwertungsgesellschaften öffnen Markt
Sabam und Buma sind die ersten Verwertungsgesellschaften, die sich verpflichten, Einschränkungen des so genannten Santiago-Abkommens aufzuheben. Hiernach können Verwertungsgesellschaften zwar EU-weite Lizenzen für die Online-Nutzung von Musik erteilen. Allerdings ist die Entscheidungsfreiheit der Musik-Provider eingeschränkt, da sie immer nur von der in ihrem Land ansässigen Verwertungsgesellschaft Rechte erwerben können. Dies ist der EU-Kommission ein Dorn im Auge, die hierin eine Einschränkung des europäischen Binnenmarktes sieht. Die Wettbewerbshüter monierten daher bereits im Frühjahr 2004 die Politik der europäischen Musik-Verwertungsgesellschaften und forderten eine Änderung der Rechtevergabe-Praxis im Online-Bereich.
Im so genannten Santiago-Abkommen haben sich mehrere Verwertungsgesellschaften zusammengeschlossen und sich darauf geeinigt, dass für den Internetvertrieb von Musik jeweils eine Verwertungsgesellschaft die gesamte Lizenzierung für alle Partnerstaaten des Abkommens übernehmen kann. Das bedeutet, dass ein Music-on-Demand-Anbieter bei einer Verwertungsgesellschaft eine Lizenz für alle Mitgliedsländer einholen kann und nicht die Rechte in jedem Land einzeln klären muss. Durch die so genannte „Klausel über den wirtschaftlichen Mittelpunkt“ des Santiago-Abkommens wird jedoch eine Konkurrenz zwischen den Verwertungsgesellschaften ausgeschlossen. Zuständig ist stets nur diejenige nationale Verwertungsgesellschaft, in deren Land der Musik-Anbieter seinen Hauptgeschäftssitz hat. Diese leitet dann die Einnahmen entsprechend an die anderen Verwertungsgesellschaften weiter.
Der EU-Kommission geht dies nicht weit genug. Sie verlangt, dass die Verwertungsgesellschaften ihre Territorien öffnen und so miteinander in Konkurrenz treten. Die Lizenznehmer sollen sich die günstigsten Konditionen aussuchen können. Nach einer EU-Studie haben europäische Userinnen und User nur 27,2 Millionen Euro für Online-Musik ausgegeben, wohingegen in den USA über 200 Millionen Umsatz gemacht wurde (iRights.info berichtete). Die Kommission ist überzeugt, dass die Öffnung des Marktes dazu führen würde, den Umsatz in Europa zu steigern.
Neelie Kroes, die für Wettbewerbspolitik zuständige Kommissarin, betont die Vorteile, die der Online-Vertrieb Künstlern und Verbrauchern bringt. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass das Lizenzvergabesystem der Verwertungsgesellschaften die Entwicklung eines echten europäischen Binnenmarktes für Künstler und Verbraucher nicht behindert“, verspricht sie in einer Presseerklärung der Kommission.
Die deutsche Verwertungsgesellschaft für Musik, GEMA, ist dagegen strikt gegen eine Konkurrenz zwischen den europäischen Verwertungsgesellschaften. Der GEMA-Vorsitzende Reinhold Kreile hatte Ende Juli ausdrücklich davor gewarnt, weil durch den verschärften Wettbewerb vor allem die Vergütungstarife für die Autoren einbrechen würden. Profitieren würden nur die großen Online-Dienste und Musikkonzerne, sagte er der „Financial Times Deutschland“ in einem Interview.
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