In eigener Sache: Stellungnahme des iRights e.V. zur Umsetzung der EU-Urheberrechts-Richtlinie
Die urheberrechtlichen Hürden für Text-und Data-Mining niedrig halten, den ungerechtfertigten Schutz von Schnappschüsse eingrenzen und die Beteiligungshöhe der Urheber*innen an Einnahmen durch das Presseleistungsschutzrecht gesetzlich festschreiben – diese und weitere Vorschläge legte der iRights e.V. dem Justiz- und Verbraucherschutzministerium (BMJV) vor.
Die im April dieses Jahres beschlossene EU-Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt muss bis Juni 2021 in deutsches Recht umgesetzt werden. Aus diesem Grund startete das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Anfang Juli eine öffentliche Konsultation. Einsendeschluss für Stellungnahmen war vergangenen Freitag (6. September).
Einbringen konnten sich alle Interessierten, ob Personen, Verbände oder Organisationen. Auch der iRights e.V., Träger von iRights.info, verfasste eine Stellungnahme an das BMJV (PDF). Darin geht es um konkrete Vorschläge für die Ausgestaltung der Gesetzesanpassungen, mit Schwerpunkten auf Text- und Data-Mining, Leistungsschutzrechte und die umstrittenen Lizenzierungspflichten für Upload-Plattformen.
Interessen der Internet-Nutzer*innen größtmöglich berücksichtigen
Zur Begründung der einzelnen Regelungsvorschläge heißt es in der Stellungnahme:
„Die Richtlinie (EU) 2019/790 stellt einen bedeutenden Meilenstein in der Fortentwicklung des Urheberrechts in der digitalen Welt dar. Im Rahmen ihrer Umsetzung gilt es angesichts der erheblichen Spielräume für die nationalen Gesetzgeber, die betroffenen Interessen ausgewogen zu berücksichtigen. Hierzu zählen neben den Belangen der Urheber, Verwerter und (Online-)Wirtschaft auch die der Internet-Nutzer, Lehrer, Forscher, Archivare und vieler anderer Menschen, die in privatem oder beruflichem Kontext ständig mit urheberrechtlichen Fragen konfrontiert werden.
Die Interessen der Internet-Nutzer*innen wurden bei der Abfassung der Richtlinie leider vernachlässigt. Entsprechend wichtig ist es uns nun, dass ihre Belange im Rahmen der Umsetzung in größtmöglichem Maße Berücksichtigung finden, soweit die Richtlinie hierfür Spielräume eröffnet. Zu den angesprochenen Gemeinwohlinteressen gehören neben individuellen Nutzungsinteressen beispielsweise auch das Interesse an technischen Innovationen, an einer funktionierenden Bildung und Forschungslandschaft, am Erhalt des kulturellen Erbes und Vieles mehr.“
Text- und Data-Mining-Vorgaben entschärfen
Die Artikel 2, 3 und 7 der Richtlinie adressieren das Text- und Data-Mining zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung. Hier plädiert die iRights-Stellungnahme dafür, die Vorgaben möglichst weit zu fassen. Denn beim Text- und Data-Mining unter Umständen vorgenommene, urheberrechtlich relevante Handlungen würden in aller Regel weder den Urhebern noch den Verwertern schaden. Weiter heißt es, „die hierbei erzeugten Kopien werden nicht zum Werkgenuss, sondern lediglich für technische Analysen verwendet. Ein Substitutionseffekt für die Werkverwertung ist damit ebenso wenig zu befürchten, wie sonstige relevante Eingriffe in die Interessen von Rechteinhabern.“ Daher sollte der Grundsatz für die gesetzlichen Vorgaben lauten: „The right to read is the right to mine.“
Nutzung von gemeinfreien Werke der bildenden Kunst vereinfachen
Die von Artikel 14 der Richtlinie behandelte Nutzung gemeinfreier Werke sei gerade in Deutschland wegen des hier bestehenden, sehr weitgehenden Lichtbild- und Laufbildschutzes von großer Bedeutung, heißt es in der Stellungnahme, und weiter: „Bekanntlich entstehen Lichtbildrechte nach der Rechtsprechung des BGH sogar an originalgetreuen Reprografien von gemeinfreien Werken (BGH – Museumsbilder, Az. I ZR 104/17).“
Daher sollte bei der Umsetzung von Artikel 14 hinaus die Gelegenheit ergriffen werden, den aus heutiger Sicht überbordenden und in weiten Teilen ungerechtfertigten Schutz einfacher Fotografien und Schnappschüsse sowie von Laufbildern einzugrenzen.
„Durch die Laufbild- und Lichtbildrechte für Handyvideos und simpelste Schnappschüsse oder reine Reprofotografien entstehen täglich massenhaft weitreichende und langwährende Schutzrechte. Eine Rechtfertigung hierfür ist meist nicht mehr vorhanden.“
Urheber an Erlösen aus Presseleistungsschutzrecht uneingeschränkt beteiligen
Das in Deutschland seit Jahren bestehende, aber bisher nahezu überhaupt nicht angewandte Leistungsschutzrecht für Presseverleger bewertet der iRights e.V. in der Stellungnahme als weder notwendig noch gerechtfertigt. An den bekannten Kritikpunkten habe sich nichts geändert. Entsprechend gelte es nun die hierdurch erzeugten negativen Effekte möglichst gering zu halten, indem die Regelungen des Richtlinien-Artikels 15 so restriktiv wie möglich umgesetzt würden.
Dazu gehöre, dass die Urheber der in einer Presseveröffentlichung enthaltenen Werke an den Einnahmen des Leistungsschutzrechtes zu beteiligen sind. Das sollte uneingeschränkt für alle Urheber gelten, als auch für Angestellte. Mehr noch:
„Um zeitaufreibende Auseinandersetzungen über die Beteiligungshöhe zu vermeiden, bei denen die Urheber als schwächere Verhandlungsteilnehmer ihre Interessen im Zweifel nicht durchsetzen könnten, sollte der Anteil der Urheber gesetzlich festgeschrieben werden.“
Präzise formulieren, welche Dienste von Artikel 17 gemeint und welche davon ausgeschlossen sind
Ausführlich geht die Stellungnahme des iRights e.V. auf die umstrittenen Lizenzierungspflichten und Haftungsregelungen für Upload-Plattformen ein, in deren Folgen Upload-Filter unvermeidlich sind. Hier käme es darauf an, bei der Umsetzung von Artikel 17 ins deutsche Recht den Anwendungsbereich entsprechend seines Charakters als Ausnahmeregelung gering zu halten. Von diesem Ansatz gehe auch die beim EU-Rat eingereichte Stellungnahme Deutschlands vom April 2019 (PDF) aus.
„Europäisch einheitliche Lösungen zur Umsetzung von Artikel 17 sind von großer Bedeutung. Es sollte daher unbedingt versucht werden, möglichst präzise einheitliche Leitlinien im gemeinsamen Dialog zu erarbeiten. Hierbei muss dringend darauf geachtet werden, dass die in der Stellungnahme Deutschlands neben der angemessenen Vergütung für Kreative hervorgehobenen Belange des Schutzes der Meinungsfreiheit und der Nutzerrechte abgesichert werden.“
Dementsprechend nennt die Stellungnahme zahlreiche konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung der Gesetze. Etwa, dass möglichst präzise formuliert wird, welche Dienste von den Regelungen erfasst und welche von ihnen ausgeschlossen werden. Auch sollten die gesetzlichen Anforderungen an Beschwerde- oder Streitschlichtungssysteme betreffender Upload-Plattformen so formuliert sein, dass diese möglichst benutzerfreundlich ausgestaltet werden. Zudem sollten nachweislich falsche Beschwerdehinweise sanktioniert werden können.
Desweiteren enthält die Stellungnahme Regelungsvorschläge zum Urhebervertragsrecht, wonach die Umsetzungen der Artikel 18 bis 23 der EU-Richtlinie die im deutschen Recht bereits verankerten „Linux-Klauseln“ berücksichtigen sollten.
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