Creative Commons: Was folgt aus dem Urteil im Fall Deutschlandradio?
Gestern verbreitete sich die Nachricht: Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil entschieden, dass das Deutschlandradio ein Foto mit der Creative-Commons-Bedingung „nicht-kommerziell“ nutzen durfte. Der Sender habe aber dennoch gegen die Lizenz verstoßen, weil dort Hinweise fehlten, obwohl die Lizenz und der Urheber genannt worden waren.
Unklar blieb aber noch, wie die Richter genau argumentieren und wie das Bild überhaupt genau verwendet wurde. Mittlerweile ist das Urteil veröffentlicht. Daraus ergibt sich, dass das Foto in dem Streitfall statt in der Originalversion in einer neu zugeschnittenen Version verwendet wurde. Zumindest nach Ansicht des Fotografen und auch der Richter war diese Änderung so weitreichend, dass sich daraus ein neues Bildmotiv ergab.
Damit – die Szene auf dem Foto zeigte Demonstranten gegen die GEMA – soll sich auch ein neuer Aussagegehalt des Bildes ergeben haben. Unten auf dem Bild war dem Urteil nach auch ein „Copyright“-Vermerk direkt ins Bild eingebracht, der in der beschnittenen Variante dann verloren ging.
„Copyright“-Vermerk erhalten, Bearbeitungshinweis geben
Praktischerweise liefert das Urteil damit auch gleich Hinweise, die sich als Tipps zur Nutzung anbieten. Sofern „durch das Beschneiden die Bildaussage verändert wird“, sollte das kenntlich gemacht werden, wenn man Creative-Commons-Fotos verwendet. Eine solche Veränderung der Aussage passiert vielleicht sogar unabsichtlich, im Zweifel hilft aber ein Hinweis, wenn sich das Motiv durch eine Bearbeitung ändert. Im Urteil heißt es:
Korrekt wäre daher allein die Benennung (…) in der Form „Ausschnitt eines Fotos von …“ oder einer sinngleichen Formulierung gewesen.
Zu „Copyright“-Vermerken unmittelbar auf dem Bild lässt sich dem Urteil der Tipp entnehmen, sie nicht zu entfernen, selbst wenn Bearbeitungen sonst erlaubt sind:
Durch das Anbringen seines Namens auf dem Bild hat der Kläger festgelegt, wie sein Name genannt werden soll, und durch die Entfernung dieser Bezeichnung hat die Beklagte gegen diese Festlegung verstoßen.
Man kann sicher weiter streiten, ob diese Anforderungen immer gerechtfertigt sind. Man kann auch fragen, warum der Streit über den Motiv-Zuschnitt erst in der zweiten Instanz auftauchte und es zuvor scheinbar niemanden störte. Aber es schadet zumindest nicht, sich die Hinweise aus dem Urteil vor Augen zu halten, wenn man Creative-Commons-Bilder nutzt.
Mehr Sicherheit für Nutzer und Urheber
Unabhängig davon hinterlässt das Urteil im Großen und Ganzen einen guten Eindruck, auch wenn es noch nicht rechtskräftig ist. Nicht nur scheinen sich die Richter diesmal wirklich mit Creative-Commons-Lizenzen beschäftigt zu haben. Die Einordnung der Creative-Commons-Lizenzen könnte sowohl Urhebern als auch Nutzern helfen:
- Nutzer und Urheber bekommen zusätzliche Sicherheit, wenn die Creative-Commons-Lizenzen auch vor Gericht als „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ gelten. Das gilt dem Urteil nach auch dann, wenn „sie nicht von einer der Vertragsparteien, sondern von dritter Seite erstellt worden sind“, was bei Creative-Commons-Lizenzen ja immer der Fall ist.
- Daraus ergibt sich auch, dass unterschiedliche Verständnisse über „nicht-kommerzielle“ Nutzung im Zweifel zu Lasten des Urhebers gehen sollen, was das Risiko, solche Inhalte falsch zu verwenden, für Nutzer etwas verringert.
- Für Nutzer von Creative-Commons-Inhalten wird im Urteil klargestellt, dass ein „doppelter Link“ auf die Lizenz kein Problem ist. Gemeint ist ein Link über zwei Stationen von einer Website auf die Kurzversion der Lizenz, von dort dann auf den langen Lizenztext. Das ist zwar ein Randaspekt, aber zumindest Creative-Commons-Experten waren sich bislang nicht ganz einig darüber.
- Urheber sind auch bei Creative-Commons-Inhalten fremden Bearbeitungen nicht einfach ausgeliefert, wie es oft befürchtet wird. Sie können sich darauf berufen, dass die Lizenz bei falscher Nutzung erlischt oder das schon durchs Gesetz nicht gestattet ist (was genau gilt, lässt das Urteil offen, was aber praktisch keinen großen Unterschied macht). Das betrifft aber nur Bearbeitungen, die so wirken können, als hätte der ursprüngliche Urheber die Bearbeitung vorgenommen. Ansonsten sind sie bei den meisten Creative-Commons-Lizenzen wie schon bislang natürlich weiter möglich.
Ob mit dem Urteil das letzte Wort zum Thema schon gesprochen ist, muss sich aber noch zeigen. Wann eine Nutzung wirklich kommerziell ist, dazu zählt das Urteil mehr Zweifel auf als eine klare Antwort zu geben. Das Gericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
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