Netzkommentar: Der Stop Online Piracy Act (SOPA) und die Folgen
Für die Netzreporter bei DRadio Wissen habe ich die möglichen Auswirkungen der Gesetze kommentiert, die derzeit für massenhafte Proteste im Netz sorgen: den Stop Online Piracy Act (SOPA) und den Protect IP Act (PIPA):
SOPA und die Folgen für Europa (mp3, 1,5 MB)
Hier ist das Manuskript:
SOPA und PIPA – hört sich an wie die Namen von possierlichen Tierchen aus einem Disney-Film. Doch SOPA und PIPA sind eher Bluthunde als Stoffhäschen. Die Abkürzungen stehen für zwei Gesetzesvorschläge in den USA.
Sie sollen Urheberrechtsverletzungen verhindern, sagen ihre Befürworter. Doch sie würden vor allem der Unterhaltungsindustrie nie gekannte Möglichkeiten geben, Websites abzuschalten, die ihr nicht in den Kram passen.
Zum Beispiel, indem das Gesetz Film- und Musikfirmen die Macht gibt, Webseitenbetreiber und Internet-Service-Provider dazu zu zwingen, Websites zu blockieren, die vermeintlich das Urheberrecht verletzen. Selbst Links auf diese Seiten müssten entfernt werden.
Damit nicht genug. Auf Basis der Gesetze könnten US-Unternehmen gehindert werden, Geschäfte mit Anbietern zu machen, denen auch nur vorgeworfen wird, das Urheberrecht zu verletzen. Wer könnte das sein? Zum Beispiel die deutsche Videoplattform Sevenload, wenn dort eine Mutter ein Video hochlädt, in dem ihr Sohn zur Musik von Prince auf dem Bett herumspringt.
SOPA und PIPA betreffen nicht nur die USA und ihre Bürger. SOPA und PIPA betreffen alle Internetnutzer, auch in Deutschland. Denn das Internet kennt keine geographischen Grenzen. Bisher.
Würden SOPA und PIPA Gesetz, würden Internetriesen wie Facebook und Google, aber auch gemeinnützige Projekte wie Wikipedia und Startups wie Soundcloud dazu gezwungen, ihre Nutzer zu überwachen. Uns zu überwachen. Uns daran zu hindern, in einem Blogkommentar auf das Video des Babys zu verlinken, das zum Song von Prince tanzt. Uns daran zu hindern, bei Facebook auf eine lustige Animation hinzuweisen, weil eine Figur daraus von Disney als Urheberrechtsverletzung angesehen werden könnte. Denn wenn sie uns nicht hindern, würden sie verklagt und gesperrt.
Der Widerstand gegen SOPA und PIPA ist einig und schlagkräftig wie nie. Wikipedia und Reporter ohne Grenzen, die Websites der Grünen und des Chaos-Computer-Clubs waren für Stunden nicht erreichbar. Ein Blackout, um gegen ein schlechtes Gesetz zu kämpfen – das hatte es in dieser Größenordnung bisher nicht gegeben.
Wie berichtet wird, sind als Folge davon beim US-Kongress die Telefonleitungen heiß gelaufen. Im Netz selbst gab es ohnehin nur ein Thema – zumindest einen Tag lang. Weil sich selten so viele Menschen so einig waren, dass diese Gesetze schlechte Gesetze sind. Weil SOPA und PIPA unsere Freiheiten beschränken, um die Umsätze der Unterhaltungsindustrie zu sichern, aber die Künstler nicht schützen. Wir alle müssen daher jetzt hoffen, dass es auch Kongress und Senat begreifen.
Bei netzpolitik.org gibt es ein Archiv mit Infos zu Sopa und Pipa.
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