Creative Commons: Landgericht Köln sieht Deutschlandradio als kommerziellen Nutzer (Update)
Die Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum berichtet über einen von ihr vertretenen Fall, in dem ein Fotograf mit dem Deutschlandradio über die Nutzung eines Fotos stritt, das unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung nicht-kommerziell“ steht.
Nach Angaben der Kanzlei hat das Landgericht Köln entschieden, dass das Deutschlandradio als kommerzieller Nutzer einzuordnen sei (28 O 232/13). Der Sender hätte das Foto also nicht im Rahmen der Creative-Commons-Lizenz „Nicht-kommerziell“ verwenden dürfen. Das Urteil selbst liegt jedoch noch nicht vor (Update: s.u.) und die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig:
Eine Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz verweigerte man beim Deutschlandradio jedoch beharrlich, so dass die vorliegende Klage notwendig wurde. Noch in der mündlichen Verhandlung kündigte das Deutschlandradio an, gegen eine nachteilige Entscheidung Berufung einlegen zu wollen.
Wo beginnt „kommerziell“?
Was unter der Creative-Commons-Bedingung „Nicht-kommerziell“ genau zu verstehen ist, ist ein Dauerbrenner-Thema bei den (Nach-)Nutzern freier Lizenzen. Die Lizenz in der Version 2.0 versteht darunter im Wortlaut Nutzungen in einer Weise,
die hauptsächlich auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine vertraglich geschuldete geldwerte Vergütung abzielt oder darauf gerichtet ist.
Das Deutschlandradio als Teil des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks führt vor Augen, wie sehr es bei der Einordnung auf die Betrachtungsweise ankommt. Die Kanzlei spricht in ihrem Kommentar von „Zwangsabgaben“ und davon, der Sender müsse sich – obwohl Körperschaft des öffentlichen Rechts – behandeln lassen „wie jeder andere privatwirtschaftlich betriebene Radiosender auch“. Betrachtet man die Öffentlich-Rechtlichen von ihrem Auftrag her, wird diese Einordnung fragwürdig.
Was vor Augen führt, wie diffizil die Auslegung der Lizenz werden kann: Urheber verbinden „kommerziell“ häufig mit einem moralisch gefärbten Verständnis. Allerdings können darunter deutlich mehr Nutzungen fallen, als dabei gedacht – wie zum Beispiel bei der Wikipedia, die es erlaubt, die Inhalte auch kommerziell zu verwenden.
Sollte sich die Einordnung durch das Landgericht bestätigen, würden viele Inhalte für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr nachnutzbar – zumindest nicht im Rahmen der Creative-Commons-Lizenz.
Welche Probleme sich aus der Lizenzbedingung „nicht-kommerziell“ ergeben können, haben Creative Commons Deutschland, iRights.info und Wikimedia Deutschland ausführlich in einer Broschüre behandelt: „Folgen, Risiken und Nebenwirkungen der Bedingung ‚nicht-kommerziell – NC’“, die mittlerweile auch ins Englische und Schwedische übersetzt worden ist.
Update, 20.03.2014: Mittlerweile ist auch das Urteil selbst (PDF) veröffentlicht. Daraus wird deutlich, dass das Landgericht unter „nicht-kommerzieller“ Nutzung eine „rein private“ versteht. Bei ifrOSS kommentiert Till Jaeger, es vermag „nicht zu überzeugen, die Auslegung ohne Berücksichtigung der Ziele von Creative Commons vorzunehmen und letztlich über den Wortlaut hinaus auf eine rein private Nutzung zu beschränken.“ Kritisch bewertet auch Leonhard Dobusch bei netzpolitik.org, dass das Landgericht Köln auf die Erläuterungen zu kommerzieller Nutzung in der Lizenz selbst nicht eingeht.
12 Kommentare
1 Andreas Praefcke am 19. März, 2014 um 12:51
Ich halte es für einen Grundfehler der Creative Commons, die unselige NC-Lizenz überhaupt eingeführt zu haben. Sie ist schwammig und ergibt keine freien Bilder, und unterscheidet sich dadurch kaum vom sonstigen Urheberrecht.
2 Frank am 19. März, 2014 um 13:33
Kann man unterstreichen, @1 Andreas.
3 Foz am 19. März, 2014 um 17:38
Ich verstehe das Problem nicht: Deutschlandradio bezahlt doch auch für alle anderen Inhalte und hat ausreichend Geld. Also sollen sie den Urheber kontaktieren und nach dem Preis fragen. Vielleicht sieht der Urheber das Deutschlandradio ja sogar als wohltätige Organisation und lizensiert den Inhalt speziell an Dradio kostenfrei unter einer anderen Lizenz.
Allgemein: Wer seine Werke unter NC veröffentlichen will, will eben nicht, dass sie zu kommerziellen Zwecken genutzt werden. Schafft man diese Option ab, werden diese Leute eben gar nicht unter CC veröffentlichen.
4 Thomas Berger am 20. März, 2014 um 19:46
“kommerziell” ist m.E. enger als das englische “commercial”, es dürfte aber um die englische Version des Lizenztexts gegangen sein. Also: Nutzung zur Förderung “geschäftlicher” oder “gewerbsmässiger” Ziele (… oder geldliche Vorteile) sind nicht gestattet. Einge Grauzone sehe ich nicht einmal da, wo gemeinnützige Organisationen CC-NC-Inhalte für ihre Kampagnen nutzen wollen.
5 Fronk am 21. März, 2014 um 09:00
Da hat wohl wieder ein Prinzipienreiter zugeschlagen. Bei der Schadensersatzforderung geht es um ganze 310 Euro! Bei dieser Summe kann man noch nicht einmal eine Abmahnabsicht a la Marions Kochbuch unterstellen. Die Anwalts- und Gerichtskosten haben mit Sicherheit ein vielfaches dieser Summe verschlungen.
6 Tobias am 21. März, 2014 um 09:23
hallo und Danke für den Beitrag. Wie sieht es denn konkret aus, wenn ich während eines Projektes in meinem Jugendzentrum solche nicht kommerziellen CC Inhalte nutze. Darf ich das ode nicht? weil privat mache ich das ja nicht… danke und viele Grüße
Tobias
7 Gabor Paal am 21. März, 2014 um 12:14
Die Frage nach dem kommerziellen/nicht-kommerziellen Charakter des ÖRR stellt sich auch, wenn man die Empfehlungen der Internet-Enquete liest. Da heißt es einerseits:
“Die Enquete-Kommission empfiehlt eine uneingeschränkte Durchsetzung des Beteiligungsprinzips. Urheberinnen und Urheber haben einen Anspruch auf angemessene Vergütung für jede Art der Werknutzung, insbesondere für jede kommerzielle Nutzung.”
und an anderer Stelle:
“Die Verwendung von freien Lizenzen in öffentlichen Bereichen sollte aktiv vorangetrieben werden.”
Wäre der ÖRR nicht-kommerziell, würde die Enquete faktisch Buy-Out-Verträge empfehlen.
Als ich auf Mitglieder der Enquete darauf ansprach, kam sinngemäß folgende Einschätzung: Das Senden selbst ist
bei den ÖR nicht kommerziell, der Einkauf von Inhalten allerdings schon. Wenn die Anstalten
Material lizensieren, sei es Hollywood Produktionen, sei es Material von
Freien Mitarbeitern oder anderen Anstalten, handeln sie nach gängigem Medienrecht kommerziell. weil sie am Markt tätig werden, nicht dass sie selbst
Gewinnerzielungsabsicht haben.
8 Andreas Praefcke am 21. März, 2014 um 16:32
@Tobias: Seriös kann man nur folgende Antwort geben: NC-Lizenzen sind null und nichtig, die Werke sind zu behandeln, als wenn ein “(c) All rights reserved” dabeistehen würde. Alles andere ist reines Glückspiel.
Was sagen Sie dazu?