Till Barleben: Das Leistungsschutzrecht kommt nicht den Autoren zugute
Jede Reform des Urheberrechts muss erneut nach einem gerechten Ausgleich zwischen Urhebern, Verlagen, Nutzern und Dritten suchen. Die Diskussion im Rahmen des Dritten Korbes führt dabei in einigen Punkten in die falsche Richtung.
Das geplante Leistungsschutzrecht für Online-Presseverleger würde nicht den Autoren zugutekommen, sondern die Verleger mit einer neuen Abgabe ausstatten, die von der gesamten deutschen Wirtschaft vom Freiberufler bis zum Großunternehmen für jedes beruflich genutzte internetfähige Gerät (Smartphone, PC, etc.) zu entrichten wäre. Die Verleger sind aber nicht schutzlos. Sie entscheiden sich freiwillig, Inhalte kostenlos im Netz zur Verfügung zu stellen und locken so nicht nur Leser auf ihre Internetseiten, sondern steigern damit gleichzeitig auch deren Werbewert. Das geplante Leistungsschutzrecht würde ihnen ohne eigene Anstrengung eine neue Einnahmequelle schaffen – dazu ist das Urheberrecht nicht da!
Auch die Diskussion über das pauschale Vergütungssystem für Privatkopien führt in die falsche Richtung: Dass wir mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Zweiten Korbes noch nicht überall neue Vergütungssätze haben, liegt nicht nur an der (von der Industrie damals übrigens abgelehnten) zweijährigen Übergangszeit, sondern auch an der starken und kompromisslosen Position der Verwertungsgesellschaften. Nun deren Position weiter durch eine Rückwirkung neu aufgestellter Vergütungssätze und die Einführung einer Hinterlegungspflicht für streitige Vergütungsforderungen aufzuwerten, ist das falsche Rezept. Was wir brauchen, ist eine verbindliche Auslegung der „neuen“ Vergütungsregeln durch die Gerichte. Dann dürfte es auch wieder mehr Raum für gütliche Einigungen geben. Neue Regelungen durch den Dritten Korb würden uns dabei nicht helfen. Sie würden stattdessen selbst wiederum Gegenstand langjährigen (gerichtlichen) Streits werden.
Gar keine Lösung hält der Dritte Korb bislang für den Zugang der Wirtschaft zu wissenschaftlichen Informationen bereit. Seit dem Zweiten Korb können Forschungseinrichtungen der Wirtschaft nur noch sehr schwer elektronische Kopien von Fachaufsätzen beziehen. Die gesetzliche Regelung ist zu eng. Zudem fehlt ein zentrales und breites Angebot aller Verlage. Die Wirtschaft wird dadurch quasi aus der Wissensgesellschaft verstoßen.
Zur Person
Till Barleben, Rechtsanwalt, Jahrgang 1971, arbeitet für den ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. Er ist dort u. a. für die Themen gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht verantwortlich. Zu den über 1.600 Mitgliedern des ZVEI gehören auch zahlreiche Hersteller von Consumer Electronics-Geräten, deren Interessen der ZVEI in Verhandlungen mit den Verwertungsgesellschaften und in Schiedsstellen- und Gerichtsverfahren zur Bestimmung angemessener Urheberrechtsabgaben vertritt. Der ZVEI verfügt seit Mitte der 1980er Jahre über Gesamtverträge mit den Verwertungsgesellschaften.
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