Rundfunk in Deutschland: Wer hierzulande senden darf und was es für die Lizenz braucht

Foto: Bundesarchiv Bild 183-17697-0002, Berlin, Fernsehkamera bei Aufnahme, via Wikimedia, Hans-Günter Quaschinsky CC BY-SA 3.0 DE
Das war ein kurzes Vergnügen: Das deutschsprachige Fernsehprogramm des russischen Auslandssenders RT war am 16. Dezember 2021 über Satellit und im Internet auf Sendung gegangen – Anfang Februar, also nur wenige Wochen später, untersagte die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Medienanstalten (ZAK) die Veranstaltung und Verbreitung des Fernsehprogramms in Deutschland allerdings wieder.
Begründet wurde der Schritt damit, dass RT die erforderliche medienrechtliche Zulassung fehle. In der Pressemitteilung heißt es, das Programm RT DE sei „ein zulassungspflichtiges Rundfunkprogramm, für das gemäß § 52 Medienstaatsvertrag weder eine Zulassung erteilt noch beantragt wurde“.
So hitzig der Fall um RT diskutiert wurde, die medienrechtlichen Hintergründe und die Regulation der Rundfunklizenzen kamen in der Debatte kaum zur Sprache. Wann also benötigt man in Deutschland eine Rundfunklizenz? Und wer entscheidet darüber? Ein Überblick, was der Medienstaatsvertrag dazu sagt.
Vierzehn Medienanstalten regulieren die deutsche Medienlandschaft
In Deutschland stehen private Rundfunkprogramme unter der Aufsicht der Landesmedienanstalten. Die Anstalten haben haben die Aufgabe, private Rundfunkprogramme zuzulassen und zu regulieren. Ist ein Programm bundesweit ausgerichtet, ist die Landesmedienanstalt des Landes zuständig, in dem der Anbieter oder die Verantwortliche den Sitz oder Wohnsitz hat. Außerdem kümmern sich die Landesmedienanstalten um die Förderung der Medienvielfalt und neuer Übertragungswege.
Neben der Aufsicht innerhalb ihres jeweiligen Bundeslandes gibt es auch zentrale Aufgaben und Projekte, die die Medienanstalten wahrnehmen. Das tun sie unter der Dachmarke „die medienanstalten“. So wird gewährleistet, dass eine bundeseinheitliche Regulierung stattfindet.
Die Zusammenarbeit erfolgt in vier zentralen Kommissionen. Zu diesen zählt auch die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK): Sie ist – wie der Name bereits sagt – zuständig für die Zulassung und Kontrolle der bundesweiten privaten Rundfunkveranstalter, außerdem für die Aufsicht über Onlinemedien, die Regulierung von Plattformen sowie die Entwicklung des digitalen Rundfunks.
Medienstaatsvertrag löst Rundfunkstaatsvertrag ab
Die Medienanstalten erfüllen ihre Aufgaben auf Grundlage des Staatsvertrags zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland, kurz Medienstaatsvertrag (abgekürzt MStV). Der Medienstaatsvertrag ist die wichtigste rechtliche Grundlage für das duale Rundfunksystem mit öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und privaten Fernseh- und Radiosendern in Deutschland. Daneben gilt er auch für alle Anbieter von Telemedien.
2020 hat der Medienstaatsvertrag den Rundfunkstaatsvertrag abgelöst, der seit 1991 galt und immer wieder erweitert wurde. Ziel der Änderung war es, einen einheitlichen Rechtsrahmen für alle Nachrichtenmedien zu schaffen: Der Vertrag reguliert traditionelle Print- und Rundfunkmedien, aber auch reine Onlinemedien wie zum Beispiel iRights.info.
Der Medienstaatsvertrag ist ein Update für die neue Medienlandschaft, die immer mehr von digitalen Formaten und sogenannten Medienintermediären geprägt wird. Medienintermediäre sind Plattformen wie Facebook oder Twitter, die zwar selbst keine journalistischen Angebote schaffen, aber diese zugänglich machen. Auch sie fallen nun unter den Staatsvertrag.
Linearer Rundfunk vs. digitale Angebote „on demand“
Der neue Medienstaatsvertrag ist auch eine Antwort auf den Wandel des Rundfunk-Begriffs: Während dieser lange Zeit die klassischen Fernseh- und Radioprogramme umfasste, werden heute unter dem Begriff alle Bewegtbildangebote erfasst, die linear ausgestrahlt werden, journalistisch-redaktionell gestaltet sind und im Rahmen eines Sendeplans verbreitet werden.
Linear bedeutet, dass ein Angebot zeitgleich gesendet wird: Nutzer*innen können also nicht selbst bestimmen, wann das Angebot startet oder endet. Dazu gehören beispielsweise Live-Streams, also Angebote, die zeitgleich zum realen Geschehen verbreitet werden. Aber auch Programme von Internet-Fernsehsendern werden in der Regel linear verbreitet. Auf welchem technischen Weg Programme verbreitet werden, spielt dagegen keine Rolle. Rundfunk kann klassisch über Kabel oder Satellit oder über das Internet ausgestrahlt werden.
Nicht unter den Rundfunk-Begriff fallen dagegen Audio- und Videoangebote, bei denen die Nutzer*innen selbst bestimmen, wann diese starten. Solche Angebote werden daher auch „on demand“ genannt (zu Deutsch: „auf Abruf“). Die meisten YouTube-Videos, aber auch Videos auf Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime sind deshalb kein Rundfunk. Diese Angebote gelten als sogenannte Telemedien und brauchen keine Rundfunklizenz.
Rundfunklizenz – ja oder nein?
Aber auch wenn ein Angebot dem Rundfunk-Begriff unterfällt, kann es zulassungsfrei sein. Der neue Medienstaatsvertrag sieht in Paragraph 54 einige Ausnahmen vor: Hat ein Angebot nur eine geringe Bedeutung für die individuelle oder öffentliche Meinungsbildung oder eine geringe Reichweite, müssen die Anbieter*innen keine Rundfunklizenz beantragen.
Wann ein Angebot eine „geringe Bedeutung“ aufweist, ist eine Frage des Einzelfalls. Kriterien für die Beurteilung sind zum Beispiel die Gestaltungshöhe des Angebots, die thematische Zusammensetzung oder die Häufigkeit und Dauer der Ausstrahlung – kurz: Je abwechslungsreicher, individueller und kreativer ein Angebot, desto eher hat es auch Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung. So erreichen beispielsweise Sendungen zu tagesaktuellen Nachrichten häufig die erforderliche Gestaltungshöhe. Weniger relevant für die Meinungsbildung sind dagegen Programme, die private Belange betreffen: Dazu gehören etwa Streams zu Heimwerken, Do-it-yourself-Anleitungen oder sogenannte „Let’s Plays“.
Auch Rundfunkprogramme, die im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer*innen erreichen oder in ihrer prognostizierten Entwicklung erreichen werden, benötigen keine solche Zulassung.
Bei RT, so die Medienanstalten, handele es sich dagegen um ein „journalistisch-redaktionell gestaltetes Programm“, das „sich mit den Themenschwerpunkten Nachrichten, Dokumentation und Unterhaltung an ein deutsches Fernsehpublikum“ richte. Eine Rundfunklizenz sei daher erforderlich.
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