Konsolenhersteller, konzentriert euch auf die Zukunft

Foto: Gabriel Rodríguez, CC BY-SA
Der Verkauf von Vorrichtungen, die hauptsächlich hergestellt werden, um technische Schutzmaßnahmen bei Videospielen zu umgehen, ist grundsätzlich verboten. Das ergibt sich aus dem Urheberrechtsgesetz. Der Bundesgerichtshof hatte nun vergangene Woche darüber zu entscheiden, ob die Firma „SR-Tronic“ nicht dennoch Adapterkarten für Nintendos DS-Konsole vertreiben durfte (I ZR 124/11).
Auch mit diesen Adapterkarten (Slot-1-Karten/ R4-Karten genannt) kann man unter anderem unrechtmäßig kopierte Spiele auf dem Nintendo DS spielen. Aber eben nicht nur das. Die R4-Karten erlauben es auch, selbst entwickelte Software (homebrew) laufen zu lassen. Das ist grundsätzlich nicht verboten.
BGH: Sind Nintendos Schutzmaßnahmen dennoch unverhältnismäßig?
Dieser Grund hat dem BGH jedoch nicht ausgereicht: Der maßgebliche wirtschaftliche Anreiz zum Kauf der angebotenen Adapter sei eben nicht, dass Nutzer auch alternative Software verwenden können, sondern illegale Kopien. So weit, so zutreffend: Alternative Software laufen zu lassen, dürfte für die meisten Nutzer tatsächlich nicht der Grund sein, weshalb sie Adapter kaufen.
Die wichtige Fragestellung aber entschied der Bundesgerichtshof nicht selbst, sondern trug dem Oberlandesgericht München auf, sie zu prüfen: Sind die technischen Schutzmaßnahmen von Nintendo aus anderem Grund unzulässig? Dies wäre dann der Fall, wenn sie legale Nutzungsmöglichkeiten zu stark eingeschränkt hätten, also unverhältnismäßig wären. Sollte Nintendo hier unterliegen, wäre es ein schwacher Trost für die Firma SR-Tronic, die aufgrund des Verfahrens bereits Insolvenz angemeldet hat.
Spieleindustrie hat sich bereits gewandelt
Wie auch immer das Oberlandesgericht München entscheiden wird: Der Streit um technische Schutzmaßnahmen ist ein Abwehrkampf in einem Gaming-Modell, das in Zukunft eine kleinere Rolle spielen wird als in der Vergangenheit. Für die Konsolenindustrie wird es allgemein immer schwieriger, ihre scharfen DRM-Maßnahmen und die damit verbundenen Gebrauchseinschränkungen aufrecht zu erhalten.
Der Grund liegt nicht allein in rechtlichen Hürden. DRM-Techniken im Wettlauf mit den Hackern und den Anbietern von Umgehungstools zu entwickeln, ist kostspielig und zeitaufwändig. Viele Anbieter haben sich schon länger davon verabschiedet. Zum Teil wird das nur nicht offen gesagt, aus Gründen, die auf der Hand liegen. Die Akzeptanz der Nutzer gegenüber DRM-Maßnahmen war schon immer schlecht, was sicher von manch einer Kaufentscheidung abgehalten hat.
Hinzu kommt der allgemeine Wandel in der Spieleindustrie: Bei den Konsolenherstellern läuft es nicht mehr so rund wie in den vergangenen Jahren. Sony etwa arbeitet schon an alternativen Plattformen, die sich weg von der klassischen Konsole bewegen. „Cloud Gaming“ und die Playstation Now sollen diese ergänzen und später vielleicht ganz ersetzen. In Japan etwa verkaufen sich Konsolen schon lange nicht mehr gut. In Europa verkauft sich die Playstation 4 nicht schlecht, aber Nintendos Wii U ist wenig gefragt. Smartphones und mobile Geräte (Handhelds) dagegen werden immer wichtiger.
Konsolenspiele werden zur Nische
Dass das klassische Konsolenmodell auf dem Rückzug ist, zeigt sich etwa daran, dass Sony 2012 für 380 Millionen Dollar die Cloud-Gaming-Firma Gaikai kaufte. Deren Serverfarmen und Streamingdienste erlauben es, ein Spiel ohne Softwarebindung auf allen möglichen Geräten zu spielen. Damit werden sich auch die Verwertungsmodelle ändern, denn die Hardwareabhängigkeit und die dadurch nötigen Anpassungsschleifen in der Entwicklung fallen weitgehend weg. Spiele in der Cloud mit In-App-Käufen ersetzen dann zunehmend starre, durch DRM geschützte Vertriebsmodelle.
Dennoch werden die Konsolen so schnell nicht komplett verschwinden. Sie werden eher zu einer Liebhaber-Nische werden, ähnlich wie Vinyl für Musikgenießer. Nur auf Konsolen kann man in absehbarer Zeit Games spielen, in denen jeder Grashalm und jedes Tierfell einzeln animiert wird und der Produktionsaufwand sichtbar hoch ist. Doch unabhängig davon, wie der Streit weiter entschieden wird, geht es um Geschäftsmodelle der Vergangenheit, auf die sich die Konsolenhersteller nicht allzu sehr konzentrieren sollten.
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