20 Veranstaltungstipps für die re:publica 2016
Zehn Jahre re:publica – dieses Jahr ist Jubiläum. Wie immer ist die Liste der Vorträge und Workshops lang, die Vortragenden sind kompetent und die Auswahl fällt schwer. Wir wollen helfen und haben eine kleine, subjektive Vorauswahl getroffen. Wir sehen uns auf der #rpTEN!
Rechtsfragen auf der re:publica
Rechtsfragen gehen im Netz uns alle an, denn die Unterscheidung zwischen Konsument und Produzent wird schwerer. Rechtsfragen spielten immer eine große Rolle auf der re:publica. Seit letztem Jahr gibt es das Law Lab. Es gibt Vorträge zu den Rechtsgebieten Persönlichkeitsrecht, Urheberrecht, Fotorecht, Presserecht, Hatespeech und Schleichwerbung. Ramak Molavi von iRights.Law erklärt dabei die was Schleichwerbung ist und worauf man achten muss. Im Lawyer’s Meetup kann man am Montag nachmittag, die Anwälte persönlich kennenlernen und Fragen stellen.
Montag, 2. Mai
12:15 – 13:15 Uhr, Stage 1, Fight for your digital rights
Markus Beckedahl von Netzpolitik.org und re:publica-Mitgründer stellt die vergangenen und aktuellen Debatten rund um Netzpolitik – Vorratsdatenspeicherung, Snowden, Netzneutralität, Zensursula und ACTA – vor und bietet eine Rückschau auf zehn Jahre re:publica. Ein guter Einstieg in die nächsten drei Tage.
13:30 – 14:30 Uhr, Stage 5, The Fourth Revolution
Ein Gespräch zwischen dem Philosophen Luciano Floridi und Edward Snowden, Whistleblower. Floridi sieht eine „vierte Revolution“: Informations- und Kommunikationstechnologien bestimmen die Art, wie wir einkaufen, arbeiten, für unsere Gesundheit vorsorgen, Beziehungen pflegen, unsere Freizeit gestalten, Politik betreiben und sogar, wie wir Krieg führen. Die Trennung zwischen online und offline schwindet. Diskussion auf Englisch mit Simultanübersetzung.
16:00 – 17:00 Uhr, Stage 1, We all are Homo Faber: Making, Open Systems and terms of cooperation
Die Keynote von Richard Sennett behandelt offene Systeme und die Bedingungen der Zusammenarbeit. Sennett gehört zu den renommiertesten Soziologen unserer Zeit und beschäftigt sich seit den 1990er Jahren mit den Bedingungen, wie Arbeit und Umwelt auf uns einwirken. Eines seiner bekannten Bücher ist „Der flexible Mensch“ von 1998, das beschreibt, wie sich die festen Rollen in der kapitalistischen Gesellschaft auflösen. Vortrag auf Englisch mit Simultanübersetzung.
16:00 – 17:00 Uhr, Stage 7, Ist die Netzneutralität in Europa noch zu retten?
Die neuen Netzneutralitätsregeln sind so vage formuliert, dass sich viele Experten Sorgen machen, dass sie die Netzneutralität nicht ausreichend schützen werden. Barbara van Schewick erklärt zusammen mit der Journalistin Ingrid Scheithauer, welche Fragen offen sind und was auf dem Spiel steht. Gleich danach stellt van Schewick mit Thomas Lohninger auf Stage 2 das Projekt SaveTheInternet.eu vor, das Bürger animieren möchte, bei der anstehenden Konsultation zur Netzneutralität ihre Meinung kundzutun.
19:00 – 19:30 Uhr, Stage 3, Memewars: Of Gif Campaigns And Gamer Politics
Die Politik hat die Macht von Internet-Memes entdeckt. GIFs (animierte Bilder ohne Ton von ein paar Sekunden Länge) werden anstelle von Wahlkampf-Aussagen benutzt. Schon die New York Times stellt die politischen GIFs neben Radio und Fernsehen („Political GIFs Are the New Sound Bites This Campaign Season“). Victor Fleurot und Leonard Cohen vom Berliner Thinktank 2084, der sich mit visuellem Aktivismus und digitaler Politik beschäftigt, stellen politische Kampagnen vor und denken darüber nach, was das für die zukünftige politische Kommunikation bedeutet. Vortrag auf Englisch.
19:45 – 20:45 Uhr, Stage 1, The Age of Trotzdem
Sascha Lobos Vorträge auf der re:publica haben Tradition. 2015 hat er seine „Rede zur Lage der Nation“ ausfallen lassen, weil er sein Diktum „Das Internet ist kaputt, die Idee der Vernetzung ist es nicht“ erst einmal sacken lassen wollte. 2016 ist er wieder da. Außer dem Titel steht noch nichts auf der re:publica-Webseite, aber Lobo muss man gesehen haben, und sei es nur, um nachher im Hof darüber lästern zu können.
20:15 – 21:15 Uhr, Stage L, New Kids on the Blockchain
Der Datenbank-Technologie Blockchain wird großes Potenzial zugesprochen, weit über die erste Anwendung bei der digitalen Währung Bitcoin hinaus. Eignet sich die verteilte Datenbank auch in der Musik- und Kreativwirtschaft? Steffen Holly vom Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT sieht in der Blockchain-Technologie ein mögliches Werkzeug bei neuen Verwertungsmodellen etwa für MusikerInnen. Vortrag und Diskussion auf Englisch.
Dienstag, 3. Mai
10:00 – 11:00 Uhr, Stage T, Schleichwerbung – Alles ist erlaubt…, oder?
Ramak Molavi, Anwältin bei iRights.Law, erklärt zusammen mit Rechtsanwalt Thomas Schwenke, welche Regeln Blogger, Unternehmen, Youtuber und andere Inhalteanbieter befolgen müssen, wenn sie Werbung schalten wollen. Wann muss ich Produktrezensionen kennzeichnen, um keine Abmahnung zu riskieren? Die Session erklärt praxisorientiert, wie weit die rechtlichen Grauzonen bei der Vermischung von redaktionellen und werblichen Inhalten reichen.
10:00 – 11:00 Uhr, Stage 1, Cargo-Kulte
Gunter Dueck, Mathematiker und Sachbuchautor, lädt zum Quer-und-um-die-Ecke-Denken ein. 2015 sprach er über Schwarmdummheit und 2016 geht es nun um Cargo-Kulte. Ein Cargo-Kult ist eine religiöse Bewegung, die glaubt, dass symbolische Ersatzhandlungen westliche Waren zu ihnen bringen. Was das mit uns und mit dem Internet zu hat, werden wir hier in einem ziemlich sicher ziemlich vergnüglichem Vortrag erfahren.
10:00 – 10:30 Uhr, Stage 2, The art of revolt. Snowden, Assange, Manning
Der französische Soziologe Geoffroy de Lagasnerie hat ein Buch über Edward Snowden, Julian Assange und Manning geschrieben („Die Kunst der Revolte. Snowden, Assange, Manning“, Suhrkamp). Für ihn repräsentieren diese drei Personen eine Bewegung, die grundlegend in Frage stellt, nach welchen Regeln unsere Gesellschaft funktioniert. Sie fordern uns auf, neue Gedanken zu Politik, Demokratie, Aktion und Widerstand zu formulieren. Vortrag auf Englisch.
10:30 – 11:00 Uhr, Stage 2, How to defend civil liberties with lawsuits – and kick governments’ butts in the process
Matthias Spielkamp, auch Herausgeber von iRights.info, tritt hier in seiner Rolle als Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen Deutschland auf. Er diskutiert mit Ulf Buermeyer von netzpolitik.org darüber, wie man mithilfe von Gerichten dafür sorgen kann, dass staatliche Überwachung kontrolliert wird. In Deutschland haben Reporter ohne Grenzen gegen den Bundesnachrichtendienst Anzeige erstattet, in Großbritannien verklagen NGOs wie Privacy International, Amnesty International oder die englische Dependance des PEN-Verbands den Geheimdienst GCHQ regelmäßig. Session auf Englisch.
11:15 – 12:15 Uhr, Stage 1, What is behind the new migrations: A massive loss of habitat
Saskia Sassen meint, dass die Rede von „Migranten“ und „Flüchtlingen“ eine neue Art von Migration ignoriert. Menschen werden vertrieben, weil Unternehmen sie vertreiben, um das Land auszubeuten, sei es durch Bergbau, sei es für Immobilienspekulation. Sassen ist Soziologin und für ihre Forschung zu Globalisierung und Migration bekannt. Vortrag auf Englisch.
17:30 – 18:30 Uhr, Stage T, Was tun gegen den Hass im Netz?
Joerg Heidrich, Justiziar beim Heise-Verlag, gibt einen Überblick über die rechtliche Lage bei Hasskommentaren im Netz. Was darf man sagen, was nicht? Wenn ich angegriffen werde, wie kann ich dagegen vorgehen? Wer ist verantwortlich? Angesichts des immer rauer werdenden Umgangstons im Netz können NutzerInnen mit dem Gesetz zurückschlagen.
20:00 – 20:30 Uhr, Stage 6, Representation of Secret Services in Pop Culture
Seit den Enthüllungen von Edward Snowden sehen Menschen und manchmal auch Staaten ihre Geheimdienste in einem anderen Licht. Wie spiegelt sich das in den populären Medien wider, in fiktiven Fernsehserien oder Spielfilmen? Dieser Frage gehen Theresia Reinhold und Laura Ede in ihrer Session nach und untersuchen, wie das Bild der Geheimdienste mal gut, mal böse ist. Vortrag und Diskussion auf Englisch.
Mittwoch, 4. Mai
10:00 – 11:00 Uhr, Stage 1, Change the story, change the world
Laurie Penny, Journalistin und Aktivistin, erklärt, warum Erzählungen wichtig sind. Die Art und Weise, wie Gender, Hautfarbe und sexuelle Minderheiten dargestellt werden verändert sich – es gibt aber auch Widerstand. Warum ist es wichtig, dass Menschen, die nicht weiß, männlich und heterosexuell sind, Heldenrollen übernehmen? Laurie Penny hat im vergangenen Jahr mit ihrem Buch „Unsagbare Dinge: Sex, Lügen und Revolution“ einen neuen, jungen Feminismus ausgerufen. Vortrag auf Englisch.
10:00 – 11:00 Uhr, Stage 8, The Blockchain: A crash course and challenging consensus
Blockchain ist das neue Schweizer Taschenmesser und soll für Transaktionsabsicherung, intelligente Verträge oder E-Voting-Systeme einsetzbar sein. Was Blockchain ist, behandelt dieser Crashkurs. Im Anschluss ist man vielleicht gewappnet, den anderen Vorträgen zum Thema Blockchain zu lauschen, die im selben Raum stattfinden, zum Beispiel Blockchain, Smart Contracts and The Future Of Democracy oder Blockchain and The Future Of Governance Der Vortrag findet auf Englisch statt.
13:15 – 14:15 Uhr, Stage L, Emphatic Technology
Fitness-Tracker und Smart-Watches liefern uns viele Daten über unser Verhalten, am Ende vielleicht zu viele. Dabei geht es um die Erfahrungen und Erlebnisse, die hinter den Daten stehen, um Gefühle, die damit zusammenhingen. Firmen wie „Doppel“ untersuchen, auf welche Weise sich die Daten erweitern und auswerten lassen, um Rückschlüsse und Rückkopplungen auf unser Denken, Fühlen und Handeln führen zu können. Klingt spannend genug, um Doppel-CEO Fortini Markopoulou zuzuhören.
15:30 – 16:00 Uhr, Stage 2, Do androids dream of electric copyright?
Wenn Googles „Deep Dream“-Algorithmus anfängt zu träumen und Hundegesichter (oder Schlimmeres) in Nudeltellern sieht, wer ist dann der Urheber dieser Bilder? Neuronale Netze sind selbstständig und brauchen keinen bis wenig Input von Seiten des Programmierers. Andres Guadamuz, Professor an der Universität Sussex für Intellectual Property Law, schaut sich die Probleme genauer an. Der Vortrag findet auf Englisch statt.
16:15 – 17:15 Uhr, Stage 9, Netz-Innenpolitik – Grundzüge einer Politik der Plattformgesellschaft
Der Autor Michael Seemann („Das neue Spiel“) zeigt, dass Plattformen wie Google oder Facebook heute im Netz eine Rolle übernommen haben, die sonst staatlichen Stellen überlassen wird. Was bedeutet es, wenn private Unternehmen ohne Kontrolle regulative Entscheidungen treffen können?
17:30 – 18:30 Uhr, Stage 6, Techniktagebuch Live Let’s Play
Zum Schluss noch etwas Unterhaltung. Im Techniktagebuch sammeln Autoren persönliche Geschichten und Erlebnisse mit ihren technischen Geräten. Dazu gehört der Akustikkoppler, mit dem man ins Netz kam (oder nicht), aber auch wie man versuchte, einen Videorecorder zu programmieren. In der Let’s-Play-Session auf der re:publica begleiten Autoren des Techniktagebuchs verschiedene Live-Interaktionen mit Technik: Wie kauft man online ein BVG-Ticket? Wie bezahlt man Onlineporto? Wie meldet man sich vom Newsletter des Notebookherstellers wieder ab? Und wie komme ich in das freie WLAN?
Korrektur vom 30. April: Ramak Molavi hält in diesem Jahr keinen Vortrag über das Urheberrecht, wie ursprünglich verlinkt, sondern über Schleichwerbung. Ergänzt haben wir die zweite Veranstaltung zu Netzneutralität mit Barbara Schewick.
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