Youtube-MP3: Mitschneidedienste müssen bei der Technik aufpassen
Der Bundesverband der Musikindustrie vermeldet einen gerichtlichen Erfolg gegen einen Mitschneidedienst für Musikstreams bei Youtube und stellt diesen gewohnt reißerisch als Sieg gegen eine „illegale Downloadplattform” dar. So weit, so üblich. Was ist dran?
Vorab: Auch in diesem Fall geht es erst einmal – wie so oft – nur um die Entscheidung eines Landgerichts. Noch dazu um die eines Gerichts, das für weitgehende Entscheidungen berüchtigt ist, die in späteren Instanzen oft korrigiert werden. Bei genauerem Hinsehen erweist sich die Plattform auch als keineswegs rundheraus illegal. Durch seine technische Umsetzung aber scheint der Youtube-MP3-Konverter mit dem Urheberrecht in Konflikt geraten, nebenbei auch den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Youtube. Ein vergleichbarer Dienst mit etwas anderer technischer Umsetzung dagegen wäre nach derzeitiger Rechtslage wohl legal.
Leider verrät der Musikindustrieverband nicht, welcher konkrete Dienst betroffen ist – unter dem Namen „Youtube-MP3” gibt es mittlerweile diverse. Update: Auf Nachfrage erklärt der BVMI, dass es youtube-mp3.org ist. Der fragliche Dienst jedenfalls ermöglicht es, sich als privater Nutzer die Musikanteile von Youtube-Videos zuschicken zu lassen, ins MP3-Format bereits umgewandelt. Was die Streamripper genannten Programme auf dem eigenen Rechner erledigen können, bietet der Dienst also serverbasiert an.
Streamkonverter im Urheberrecht
Rechtlich kann das hauptsächlich an drei Stellen anecken: Beim Recht auf Weitersendung, bei der Zulässigkeit von Zwischenspeicherung und bei der Einordnung unter die Privatkopie-Regel. Um das Weitersendungsrecht ging es beim Youtube-MP3-Konverter offenbar nicht; vermutlich weil die Kläger keine Sendeunternehmen waren. Im ähnlich gelagerten Bereich der Online-Videorekorder war das Weitersendungsrecht jüngst in den Schlagzeilen – diese Dienste müssen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs Lizenzen erwerben.
Der MP3-Konverter-Streit vor dem Hamburger Landgericht drehte sich – nach dem was bisher bekannt ist – vielmehr um die Zwischenspeicherung nach Paragraf 44a Urheberrechtsgesetz. Dieser erlaubt ausdrücklich solche Zwischenspeicherungen, die technisch erforderlich sind. Im Wortlaut sind das:
vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist, (…) eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes (…) zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.
Jeder serverbasierte Dienst, der etwas übers Internet an Nutzer ausliefert, macht zwangsläufig solche temporären Kopien – was ja gerade der Grund für die Einführung des Paragrafen im „ersten Korb” der Urheberrechtsreform war. Auch die Bedingung einer rechtmäßigen Nutzung ist beim Youtube-MP3-Konverter zumindest dann erfüllt, wenn und soweit die am Ende entstandene MP3-Datei als Privatkopie erlaubt ist. Dass durch private Nutzer gesteuerte Serverdienste zulässige Privatkopien erzeugen können, gilt seit den entsprechenden Entscheidungen zu Online-Videorekordern als gerichtlich weitgehend geklärt.
Exkurs: Allerdings steht die Entscheidung des Landgerichts München zu Save-TV – einer der zahlreichen Streits zum Onlinevideorekorder – dem entgegen. Offen bleibt auch, ob die Ausnahmeregelung für Privatkopien durch einen Verstoß gegen AGB des Anbieters (den es beim Youtube-MP3-Konverter offenbar gibt) ausgeschaltet wird – und ob das zu Lasten der privaten Nutzer, des Dienstanbieters oder sogar beider wirkt. Dazu müssten die AGB aber auch vollständig wirksam sein gegenüber den anderen Akteuren, was im Einzelfall zu prüfen wäre.
Jedenfalls: Einen klassischen Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz – wie ihn der Musikindustrieverband in seiner Stellungnahme suggeriert – gibt es bei den nutzergesteuerten Mitschneidediensten aber gerade nicht.
Anbieter speicherte nicht nur flüchtig
Was also war das Problem beim Streit um den Youtube-MP3-Konverter? Das Problem entstand offenbar nur durch eine technisch vielleicht sehr sinnvolle, rechtlich und wirtschaftlich aber problematische Lösung bei der konkreten Umsetzung des Dienstes: Die Musikdateien werden nur beim ersten Aufruf des jeweiligen Youtube-Videos durch irgendeinen Nutzer neu erzeugt. Anschließend aber werden sie nicht gelöscht, sondern erst einmal weiter auf den Servern aufbewahrt. Möchten später andere Nutzer denselben Track erzeugt haben, muss der Stream nicht erneut abgerufen und in eine weitere identische Datei konvertiert werden; stattdessen wird die bereits erzeugte Datei einfach mehrfach und ohne Beteiligung der Youtube-Server ausgeliefert.
Das spart natürlich Rechenleistung und Bandbreite, ist aber erkennbar kaum noch als „flüchtige” und nur mit viel gutem Willen als „begleitende” Vervielfältigung anzusehen. Zudem sind die Abrufzahlen der Videos bei Youtube ein wichtiger Faktor für die Werbevermarktung. Der Mitschneidedienst greift durch die Zwischenspeicherung „auf Vorrat” in die Abrufzahlen ein und spart sich eigene Rechner- und Bandbreitekosten. Daher hat die hier gewählte Art der Speicherung gleich in mehrfacher Hinsicht eigenständige wirtschaftliche Bedeutung – und ist damit nicht mehr als „flüchtige Kopie” von Paragraf 44a gedeckt.
Würden die zwischengespeicherten Kopien gleicht wieder gelöscht, hätte es wohl keine Handhabe gegen den Youtube-MP3-Konverter gegeben. Ein „illegales Downloadportal” sieht aber dennoch anders aus.
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