Broschüre: Folgen, Risiken und Nebenwirkungen bei nichtkommerziellen CC-Lizenzen
Creative-Commons-Lizenzen sind eine feine Sache. Sie bieten Urhebern eine einfache Möglichkeit ihre Werke freizugeben, und dabei zu steuern, was mit ihnen gemacht werden darf. Allerdings ist es nicht immer einfach zu entscheiden, welche Lizenz für welchen Zweck die richtige ist.
Um diese Entscheidung zu erleichtern und transparenter zu machen, hat iRights.info zusammen mit Wikimedia Deutschland und Creative Commons Deutschland eine Broschüre erstellt, die erklärt, welche ungewollten Nebenwirkungen die Bedingung NC – nicht-kommerziell mit sich bringen kann. Der Autor der Broschüre ist Paul Klimpel, Rechtsanwalt und vormals Verwaltungsdirektor der deutschen Kinemathek.
Wir stellen die Broschüre am Donnerstag, den 3. Mai, um 12:30 h am Wikipedia-Stand (Halle 3, Stand 12) auf der re:publica vor. Mit dabei sind Paul Klimpel (iRightsLab Kultur), John Weitzmann (Creative Commons Deutschland) und Jan Engelmann (Wikimedia Deutschland e.V.). Die Broschüre ist kostenlos am Stand erhältlich.
9 Kommentare
1 Valie Djordjevic am 3. Mai, 2012 um 19:42
Bei Heise.de gibt es einen Artikel über die Vorstellung der Broschüre: http://www.heise.de/newsticker/meldung/re-publica-Creative-Commons-mit-Nebenwirkungen-1567568.html
2 Martin Enderlein am 4. Mai, 2012 um 10:58
Ich finde es sehr bedenklich, dass sich CreativeCommons Deutschland dermaßen weit aus dem Fenster lehnt zu Ungunsten der eigenen NC-Lizenzen.
Beruhigen würde mich ein wenig, wenn es in Kürze auch ein vergleichbares Pamphlet zu den Risiken der kommerziellen Ausnutzung von BY und BY-SA Lizenzen gäbe.
Aber man kann auch mal wieder Lawrence Lessigs schönes Buch “Freie Kultur” lesen, da heißt es u.a.:
“Indem das Internet ein Teil des Lebens wurde, hat es das Leben auch verändert. Manche dieser Veränderungen sind technischer Natur – das Internet hat die Kommunikation beschleunigt, es hat die Kosten der Informationsbeschaffung verringert und so weiter. Um diese technischen Ver ? nderungen geht es in diesem Buch nicht. Dabei wären sie durchaus wichtig und unbedingt weiterer Aufklärung würdig. Aber sie würden einfach verschwinden, wenn wir alle zusammen das Internet abschalten würden. Sie betreffen nicht diejenigen, die das Internet nicht nutzen, oder wenigstens betreffen sie sie nicht unmittelbar. Sie wären das richtige Thema für ein Buch über das Internet. Aber dies ist kein Buch über das Internet.
Vielmehr geht es diesem Buch um eine Wirkung des Internet über das Internet hinaus: die Wirkung darauf, wie Kultur geschaffen wird. Ich behaupte, dass das Internet einen wichtigen und unerkannten Wandel in diesem Vorgang hervorgerrufen hat. Dieser Wandel wird eine Tradition grundlegend verändern, die so alt ist wie die Republik selbst. Diese Veränderung würde weitgehend auf Ablehnung stoßen, wenn sie denn erkannt wurde. Doch die meisten sehen die Veränderung, die das Internet eingeleitet hat, nicht einmal.
Wir können ein Gefühl für diese Veränderung bekommen, indem wir zwischen kommerzieller und nichtkommerzieller Kultur unterscheiden und den Niederschlag beider in den sie behandelnden Gesetzesregelungen nachvollziehen. Mit kommerzieller Kultur“ meine ich den Teil unserer Kultur, der erzeugt und verkauft oder zum Zwecke des Verkaufs erzeugt wird. Mit nichtkommerzieller Kultur meine ich alles ubrige. Wenn alte M ? nner in Parks oder an Straßenecken saßen und Märchen erzählten, denen Kinder und andere zuhörten, dann war das nichtkommerzielle Kultur.”
http://www.fosdoc.de/downloads/OSP_lessig_freiekultur.pdf
Dieses Buch steht interessanterweise unter einer NC-Lizenz…
3 John Hendrik Weitzmann am 5. Mai, 2012 um 00:46
Creative Commons hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass die NC-Einschränkung eine sehr weitreichende ist und zu ebenso weitreichenden Inkompatibilitäten führt. Leider bewegt sich diese Diskussion häufig auf rein rechtstheoretischem Terrain. In der Broschüre wird darum dem übermäßig unreflektierten Einsatz von NC-Lizenzen ein deutlicher Hinweis auf die vielfach unbekannten weiteren Folgen gegenüber gestellt. Das war lange überfällig. “Pamphlete” über die Ausnutzung frei lizenzierten Contents gibt es dagegen bereits reichlich. Dass es Szenarien gibt, in denen die NC-Einschränkung Sinn ergibt, wird in der Broschüre ausdrücklich erwähnt.
4 Martin Enderlein am 5. Mai, 2012 um 13:08
Sätze wie: “Für Privatleute gibt es in der Regel keine guten Gründe für eine Beschränkung auf nicht-kommerzielle Nutzung.” sind schon mehr als informativ, das ist tendenziös.
Und zu behaupten: “Insofern privilegiert eine NC-Lizenzierung in gewisser Weise sogar die Nutzung von Inhalten durch Extremisten.” ist auch keine differenzierte Darstellung mehr. Da kann man auch behaupten, illegales Filesharing finanziere Al-Qaida…
5 Martin Enderlein am 6. Mai, 2012 um 01:35
Gibt es wirklich “übermäßig unreflektierten Einsatz von NC-Lizenzen”?
Studien? Quellen? Facts?
6 Marco Trovatello am 6. Mai, 2012 um 12:37
Mein Kommentar zu Eurer Broschüre wurde leider etwas lang – und für mich auch so wichtig, dass ich ihn in meinem Blog veröffentlicht habe: http://superpolar.org/de/deutsch-offener-kommentar-zur-cc-by-nc-broschure-von-creative-commons-deutschland-irights-info-und-wikimedia-de/
Kurze Zusammenfassung: Ich finde die Broschüre für Bildungs- und Kulturschaffende zwar sehr wertvoll, mir fehlt allerdings ein stärkerer Bezug zum Kreativsektor.
7 John Hendrik Weitzmann am 7. Mai, 2012 um 00:33
Was soll undifferenziert daran sein, darauf hinzuweisen, dass Extremisten aufgrund der von ihnen genutzten Organisationsformen durch eine NC-Lizenzierung im Vergleich zu Wirtschaftsunternehmen zu Privilegierten werden?
8 Martin Enderlein am 7. Mai, 2012 um 08:02
“Kann eine CC-Lizenz
mit NC-Modul verhindern,
dass meine Inhalte durch
Rechtsradikale oder
andere Extremisten
genutzt werden?”
Fehlt eigentlich nur noch sowas:
“Kann eine CC-Lizenz
mit NC-Modul verhindern,
dass meine Inhalte für amateur-pornographische Videos und
anderen Schmuddelkram im
Internet genutzt werden?”
Da müßte man doch eigentlich auch drauf hinweisen, dass Produzenten von Amateur-Pornos aufgrund der von ihnen genutzten Verbreitungswege durch eine NC-Lizenzierung im Vergleich zu Kunstschaffenden zu Privilegierten werden?
Oder?
Aber fragen wir mal andersrum: Kann überhaupt eine CC-Lizenz verhindern, dass meine Inhalte durch Rechtsradikale oder andere Extremisten genutzt werden?
Bleibt die Frage: Gibt es tatsächlich “übermäßig unreflektierten Einsatz von NC-Lizenzen”?
Bauchgefühl oder Fakt?
9 Gnurfel42 am 25. März, 2023 um 15:33
Die Broschüre ist sehr gut und zeigt sehr gut die sehr realen Probleme auf. Richtig gut geschrieben mit vielen starken Argumenten. Die Leute, die hier Polemik vorwerfen, sind selbst polemisch.
Denn es ist ja gerade nicht so, dass NC ja nur den großen gierigen Megakonzernen schadet. Sondern eben auch dem bedeutungslosen Blog, der irgendwo ein Werbebanner hat, das nicht mal 1€ im Monat einspielt. Und der Wikipedia. Und archive.org. Und ALLEN Freie-Software-Projekten.
Leider rede ich mir regelmäßig bei NC-Befürwortern den Mund fusselig. Und in 99% der Fälle haben die selbst nicht mal was davon. Die wollen einfach nur ihren Dickkopf durchsetzen. Das ist so frustrierend.
Wenn man trotz all der klar nachgewiesenen Probleme immer noch auf NC besteht, dann sollte man wenigstens ehrlich sein und zugeben, dass einem freie Kultur dann halt scheißegal ist.
Ich muss da auch ganz klar Creative Commons kritisieren, dass sie sich auf der einen Seite als Streiter für die »freie Kultur« sehen, dann aber solche Lizenzen promoten, die exakt das Gegenteil davon sind.
Was sagen Sie dazu?