„Anna Kournikova“ in den Startlöchern
Die Kollegen vom Hartware MedienKunstVerein arbeiten mit Hochdruck am Aufbau der Ausstellung “Anna Kournikova deleted my Memeright Trusted Systems. Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums” (Info auch bei iRights.info).
Noch ist natürlich viel zu tun: Wände streichen, Videobeamer einrichten, Lichter setzen, aber alles sieht schon ganz beeindruckend aus.
Die Phoenixhalle befindet sich im Dortmunder Stadtteil Hörde und gehört zum stillgelegten Hochofenwerk Phoenix West. Auf dem Gelände stehen noch die stillgelegten Hochöfen und neben der Phoenixhalle, die früher als Reserveteillager diente, eine zweite Lagerhalle, die zum Bürogebäude umgebaut wird.
Die Stahlproduktion auf dem Gelände ist 1998 beendet worden. Jetzt sollen sich dort Mikro- und Nanotechnologiebetriebe, Informationstechnologiefirmen und überhaupt alles, was grade so Geld verspricht, ansiedeln. Noch ist alles eine riesige Baustelle – das Alte ist zu Ende, das Neue hat noch nicht angefangen. Aber es wird fleissig getrommelt und die Pläne sind ehrgeizig.
Auf der anderen Seite, dort wo Phoenix Ost war, entsteht ein riesiger See, der als Naherholungsgebiet für Dortmund und Aufwertungsgadget für den Stadteil Hörde dienen soll. Das Video der Dortmunder Stadtentwicklungsfirma DSW21 stellt die schöne neue Welt vor, samt Gangsterrap von “The Marshall” (“I got big plans wanna own houses and land” – ‘ne Yacht soll auch dabei sein). Auch der “kleine Mann” wird was davon haben: Musterfamilie Mayer, an deren Haus früher Wagoms mit glühendem Eisen vorbeifuhren (wie wir in einem früheren Video erfahren können) wird jetzt freien Blick auf den See haben – etwas, das sich neue Bewohner, die sich auf die neu entstehenden Baugrundstücke stürzen sollen, teuer bezahlen werden.
Noch sind das alles nur Pläne und Träume, von Nanotechnologien keine Spur. Die Medienkünstler in der Phoenixhalle sind allerdings die Vorboten des strukturellen Umbaus, was ihnen natürlich vollkommen klar ist. Doch die Arbeit des Hartware MedienKunstVereins zeichnet sich dadurch aus, dass die dort vorgestellten Künstler die Entwicklungen der Informationsgesellschaft durchaus kritisch reflektieren.
Bei “Anna Kournikova deleted by Memeright Trusted Systems” geht es um Urheberrecht und wie es die Produktion kultureller Güter – Musik, Film, Bild, Text – beeinflusst. Und die Schlussfolgerungen sind durchaus nicht immer im Sinne der Kulturwirtschaft, die ja einen wichtigen Wirtschaftsfaktor im Umbau von der Schwerindustrie zur Postindustrie darstellt. In der Kurzbeschreibung der Ausstellung auf der HMKV-Website stellen die Kuratoren Inke Arns und Francis Hunger die These auf, dass die gegenwärtige Entwicklung des Urheberrechts im Sinne der Verwerter – Verlage, Musik- und Filmindustrie – die Interessen von Verbrauchern und Urhebern an der Nutzung und Weiterverwendung von künstlerischen Werken nicht ausreichend berücksichtigt:
Ein noch stärker im Sinne der Verwerter verschärftes Urheberrecht würde sich gegen die Freiheit der Kunst wenden und zu einem effektiven Instrument der Unterbindung von Neuem mutieren. Es würde immer schwieriger, über Kultur unter Verwendung von Bildern, Logos oder Soundschnipseln eben dieser Kultur zu sprechen.
(Ein längerer Katalogtext von Inke Arns zum Thema folgt). Auch bei iRights.info versuchen wir die Interessen der Verbraucher und mit Arbeit 2.0 auch die der Urheber zu betonen und ihnen Munition in Form von Argumenten zu geben, warum es wichtig ist, dass das Urheberrecht einen Ausgleich schaffen muss zwischen den Teilnehmern und nicht ausschließlich dem Schutz wirtschaftlicher Interessen dienen darf. Sonst gibt es am Ende gar keine Kunst und Kultur mehr, die zu schützen ist.
3 Kommentare
1 Christine Wollny-Riemann am 18. Juli, 2008 um 09:48
Die Darstellung von Frau Djordjevic, dass auf PHOENIX West „das Neue noch nicht angefangen hat“, entspricht NICHT der Realität. Bereits seit der Eröffnung am 8. April 2005 wird die MST.factory dortmund ( http://www.mst-factory.com ), das erste und in dieser Form einzige Kompetenzzentrum der Mikrosystemtechnik (MST), erfolgreich auf PHOENIX West betrieben. Im Jahr 2006 wurde Dortmund dafür sogar mit dem EUROCITIES Award in der Kategorie „Innovation“ ausgezeichnet. Der Innovationsstandort PHOENIX existiert und hat längst das Stadium der „Pläne und Träume“ überwunden: „Der Strukturwandel ist vorbei, der Wettbewerb kommt!“ In unmittelbarer westlicher Nachbarschaft zur PHOENIX Halle kann man das neu errichtete Zentrum für Produktionstechnologie sehen. Das Team des dortmund-project informiert gerne über PHOENIX West (www.dortmund-project.de , http://www.phoenixdortmund.de ). Allen, die sich gerne ein Bild über „Das neue Dortmund“ machen wollen, sei der Besuch der gleichnamigen Ausstellung im Foyer der PHOENIX Halle empfohlen.
2 Valie Djordjevic am 19. Juli, 2008 um 23:29
Dass mir das “Kompetenzentrum der Mikrosystemtechnik” während meines Aufenthalts auf dem Phoenix-West-Gelände nicht aufgefallen ist, liegt wahrscheinlich daran, dass es für Leute, die einfach so auf das Gelände kommen, einfach nicht zu sehen ist, jedenfalls nicht auf den ersten Blick (und auch nicht auf den zweiten). Auch die Phoenixhalle als Ausstellungsort ist nicht ohne weiteres zu finden, wenn man nicht weiß, dass sie da ist. Läuft man vom Bahnhof Hörde die Hochofenstraße runter, endet man irgendwann vor einem Bauzaun. An der Seite gibt es dann einen Durchgang, der zwischen Baggern, Absperrgittern und Kieshaufen hinüber zur Halle führt. Im Hintergrund steht das Stahlwerk, zwischen dessen Gerüst kleine Bäume und Büsche wachsen. Um diesen Koloss herum arbeiten einige Bagger und schaufeln Kies hin und her. Der Augenschein erzählt also eine andere Geschichte als die Leuchttafeln im Eingangsbereich der Phoenixhalle.
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