Urheberrecht und Cloud Computing
Das Urheberrecht schützt Werke. Darunter versteht man kreative Schöpfungen wie die Komposition eines Musikstücks, Texte, Computerprogramme und vieles mehr. Ist ein Werk urheberrechtlich geschützt, darf man es nicht beliebig verwenden, weder in der Cloud noch in anderen Zusammenhängen. Neben dem Urheberrecht gibt es die so genannten Leistungsschutzrechte (auch verwandte Schutzrechte genannt). Sie schützen beispielsweise Musikproduktionen, Datenbanken, die Leistungen von Sängern, Musikern, Schauspielern und anderen.
Ob und inwieweit Urheberrecht in der Cloud eine Rolle spielt, hängt vor allem von der Frage ab, ob man den jeweiligen Inhalt selbst geschaffen hat oder ob es sich um Werke eines Dritten handelt. Wenn ich einen Roman verfasse oder einen Blogeintrag, bin ich selbst der Urheber und kann damit machen, was ich will. Wenn ich jedoch ein E-Book, das ich bei Amazon gekauft habe, kopieren, ins Netz stellen oder in der Cloud speichern will, muss ich die urheberrechtlichen Regelungen und zudem die Nutzungsbedingungen des Anbieters beachten. Hierbei ist die Grundregel: Nutzungen fremder Werke sind nur erlaubt, wenn mir das a) vom Rechteinhaber (Anbieter) oder b) vom Gesetz gestattet wird.
Nutzungserlaubnis vom Anbieter
Wenn ich Cloud-Dienste nutze, bezahle ich Geld dafür, dass ich Zugriff auf Inhalte wie Musik, Filme, Computerspiele oder Bücher habe. Dafür dass ich die Nutzungsgebühren zahle, darf ich natürlich die Musik hören, die Filme sehen, die Spiele spielen und die Bücher lesen. Ob und unter welchen Bedingungen ich die Dateien jedoch darüber hinaus auf meinem Rechner, Telefon, MP3-Spieler oder E-Book-Reader dauerhaft speichern oder gar mit anderen teilen darf, hängt von den jeweiligen Nutzungsbedingungen des Anbieters ab.
Gemeint ist das „Kleingedruckte“, das man akzeptieren muss, bevor man sich registrieren und einen Inhalt anschauen oder herunterladen kann. Hierin steht in aller Regel, was man mit den Inhalten machen darf und was nicht. Wenn man auf die Schaltfläche „Akzeptieren“ klickt, geht man damit einen Vertrag mit dem Anbieter ein. Hält man sich nicht an dessen Regelungen, kann man unter Umständen abgemahnt oder verklagt werden. Es empfiehlt sich also generell – wenn es auch praktisch kaum jemand macht –, die Vertragsbedingungen zu lesen, bevor man sie akzeptiert. Immerhin steht dort drin, was man für sein Geld bekommt.
Nutzungserlaubnis per Gesetz
Cloud-Speicherdienste ermöglichen es, Dateien nicht nur auf einzelnen Geräten – dem eigenen Rechner, Tablet oder Handy – zu speichern, sondern auf Festplatten im Netz. Dienste wie Dropbox, Flickr oder Rapidshare (um nur einige zu nennen) ermöglichen es, seine lokalen Dateien auszulagern, damit man von überall und mit jedem Gerät hierauf zugreifen kann. Je nach Dienst kann man nur manche oder auch alle Arten digitaler Inhalte in der Cloud speichern, zum Beispiel Musik- oder Filmdateien, Sicherungskopien von Computerprogrammen oder Fotos. Tut man das und handelt es sich um fremde Inhalte, kommt das Urheberrecht ins Spiel.
Speichern oder Kopieren nennt man im Urheberrecht vervielfältigen, ganz gleich, ob die Speicherung auf dem eigenen Rechner oder auf einer Festplatte im Netz erfolgt. Das Urheberrechtsgesetz erlaubt es in bestimmten Konstellationen, urheberrechtlich geschütztes Material zu kopieren, ohne dass der Rechteinhaber dem zustimmen muss. Regelungen, die solche Befugnisse enthalten, heißen Schrankenbestimmungen.
Die Privatkopieschranke
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Schrankenbestimmungen, zum Beispiel für Zitate, für den Unterricht an Schulen oder Universitäten oder für die Nutzung durch Bibliotheken. Was das Speichern von geschützten Werken wie Musik, Filmen, Dokumenten oder Bildern durch Privatpersonen angeht, ist die so genannte Privatkopieschranke von großer Bedeutung. Sie gestattet es, einzelne Kopien von geschützten Werken anzufertigen, wenn sie nur zu privaten Zwecken genutzt werden sollen.
Die Privatkopierregelung gilt für eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Nutzungsformen. Als sie 1966 eingeführt wurde, ging es vor allem darum, Aufzeichnungen von Musik mit Tonbandgeräten und Fotokopien aus Büchern und Zeitschriften zu gestatten. Durch die technische Entwicklung hat sich die Privatkopieschranke weiterentwickelt. Es kamen Aufnahmen mit Kassetten- und Videorekordern hinzu, später noch digitale Kopien auf CD-Rohlingen, USB-Sticks und anderen Speichermedien.
Heute deckt die Privatkopierregelung auch Downloads aus dem Internet oder – sehr eingeschränkt – Uploads ins Netz ab. Seine Musik- oder Filmdateien bei einem Cloud-Speicherdienst (also auf einer Festplatte im Netz) zu speichern, kann also auch unter die Privatkopie-Regelung fallen – immer vorausgesetzt, diese Vervielfältigungen dienen rein privaten Zwecken.
Privater Zweck und Teilen von Inhalten
„Privat“ im Sinne des Urheberrechts ist nicht gleichzusetzen mit „nicht-kommerziell“. Zwar fallen Vervielfältigungen zu kommerziellen Zwecken niemals unter die Privatkopieschranke, aber nicht alle Kopien, die zu nicht-kommerziellen Zwecken gemacht werden, sind auch Privatkopien. Es ist zum Beispiel ein Irrtum, dass das Teilen von Inhalten, zum Beispiel über Filehoster oder Filesharing-Dienste wie Bittorrent, nach der Privatkopieschranke generell zulässig ist (weil man damit schließlich kein Geld verdient).
Richtig ist, dass man bei solchen Handlungen unterscheiden muss. Dateien, die man über solche Dienste auf den eigenen Rechner lädt, können Privatkopien sein. Gleiches gilt, wenn man seine Musik- oder Filmdateien bei einem Sharehoster oder einem Cloud-Speicherdienst hochlädt, aber sie anderen Dritten gar nicht oder nur eingeschränkt zugänglich macht. Wenn man aber seine Dateien für jeden beliebigen Nutzer zum Download bereitstellt, etwa über Bittorrent oder die Downloadlinks von Dateien, die man bei Rapidshare abgelegt hat, ins Netz stellt, ist das eine „öffentliche Zugänglichmachung“ und keine Privatkopie. Öffentlich zugänglich machen darf man Kopien von urheberrechtlich geschützten Inhalten nur, wenn man dafür die Erlaubnis vom Rechteinhaber hat, was bei kommerziellen Inhalten wie Kinofilmen oder Popmusik normalerweise nicht der Fall ist.
„Privat“ bezieht sich im urheberrechtlichen Sinn also nicht auf „nicht-kommerziell“ (kein Geld verdienen), sondern auf den privaten Zweck. Zu rein privaten Zwecken dienen Kopien, wenn man sie nur im privaten Umfeld verwenden will. Das private Umfeld schließt den engeren Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreis mit ein. Das heißt: Wenn man seine Musikstücke mit ein paar Freunden teilen will, indem man sie auf den eigenen Dropbox-Ordner zugreifen lässt, dient die Kopie in der Dropbox noch einem privaten Zweck und der Upload ist im Zweifel noch eine rechtmäßige Privatkopie.
Wenn ich den Ordner aber für alle meine vierhundert Facebook-Freunde öffne, damit sie meine Musikdateien herunterladen können, ist der private Zweck überschritten, weil es sich nach den urheberrechtlichen Regeln um eine öffentliche Zugänglichmachung handelt. Der Grund hierfür liegt weniger in der großen Anzahl von Facebook-Kontakten. Vielmehr geht es um die persönlichen Beziehungen zu den Personen, die auf meine Dateien Zugriff haben. Privatkopien dürfen nur Personen zur Verfügung gestellt werden, zu denen man eine wirklich enge persönliche Beziehung hat.
Keine Privatkopien aus illegalen Quellen
Die Privatkopieschranke ist in verschiedener Hinsicht eingeschränkt. Eine wichtige Einschränkung liegt darin, dass man keine Privatkopien von illegalen Quellen machen darf, sofern es offensichtlich ist, dass die Quelle illegal ist. Was diese Einschränkung bedeutet und wo sie relevant ist, ist im iRights-Text „Privatkopie & Co.“ beschrieben (Link am Ende des Textes)
Keine Privatkopie von kopiergeschützten Vorlagen
Eine weitere Einschränkung der Privatkopieschranke liegt darin, dass Vervielfältigungen selbst zu privaten Zwecken nicht zulässig sind, wenn sie von einer kopiergeschützten Vorlage gemacht werden und der Kopierschutz (oder eine andere technische Schutzmaßnahme) für den Kopiervorgang umgangen werden muss. Die Regelung nennt man Umgehungsverbot (zu finden in Paragraf 95a UrhG). Bei Filmen ist diese Einschränkung äußerst relevant, weil DVDs, Bluray-Disks und auch Streams aus der Cloud fast immer kopiergeschützt sind.
Auch E-Books oder Computerspiele sind sehr häufig mit Digital-Rights-Management- (DRM) oder Kopierschutzsystemen versehen. Sie dürfen nicht einmal dann kopiert werden, wenn man nur eine Sicherungskopie machen will. Allerdings ist das bei Inhalten, die man in der Cloud erwirbt, meist auch gar nicht nötig, beziehungsweise passiert schon automatisch. Bücher oder Musik aus der Cloud können – sofern man Downloads kauft – meist erneut geladen werden, wenn sie verloren gegangen oder die Dateien zerstört sind. Allerdings darf man diese Downloads in der Regel nicht mit anderen teilen, weil man hierfür Kopierschutzsysteme überwinden müsste und das nicht erlaubt ist.
Zum Thema Kopierschutz, Umgehung und Privatkopien finden sich weitere Detailinformationen in dem iRights-Text „Privatkopie & Co.“.
Einzelne Kopien
Auch von rechtmäßig erworbenen Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken (wie zum Beispiel den Musikfiles auf einer CD) darf man nicht beliebig viele Privatkopien machen. Nach Paragraf 53 UrhG sind nur „einzelne Vervielfältigungen“ zulässig. Wie viele das sind, kann man nicht pauschal sagen, sondern hängt vom Einzelfall ab. Nach einer alten Entscheidung des Bundesgerichtshofs sollen „bis zu sieben“ Privatkopien zulässig sein.
Kopien von fremden „Originalen“
Grundsätzlich darf man Privatkopien auch dann machen, wenn man kein eigenes Original besitzt. Das bedeutet zum Beispiel, dass man sich eine CD kopieren darf, die ein Freund gekauft hat oder dass man aus einem Buch in der Bibliothek Kopien machen darf, wenn sie zu privaten Zwecken dienen sollen. Vorausgesetzt, die Vorlage ist nicht kopiergeschützt oder wurde nicht „offensichtlich rechtswidrig hergestellt“.
Das Umgehungsverbot wird bei den Inhalten, die über Cloud-Streaming-Services genutzt werden kann, die Privatkopiermöglichkeiten erheblich einschränken. Denn wenn der Anbieter mit technischen Mitteln verhindert, dass die Streams ohne Weiteres dauerhaft kopiert („abgegriffen“) werden können, darf man sie nicht abspeichern. Die Privatkopierregelung spielt daher bei kostenpflichtigen Video-Stream-Angeboten (wie etwa iTunes) kaum eine Rolle.
Die Anbieter erlauben in der Regel nur, die Datei für einige Zeit zwischenzuspeichern, so dass man sich den Film innerhalb eines bestimmten Zeitraums mehrmals anschauen kann. Danach kann man auf die Filmdatei nicht mehr zugreifen. Anders ist es, wenn man einen Film „zum Kauf“ herunterladen kann. Hier erwirbt man das Recht, ihn dauerhaft zu speichern. Ob von der heruntergeladenen Original-Datei wiederum weitere Privatkopien gemacht werden dürfen, hängt von den Nutzungsbedingungen des Anbieters ab und davon, ob sie kopiergeschützt ist.
Einzelheiten zu urheberrechtlichen Fragen bei der Speicherung von Musik, Filmen, E-Books und anderen Inhalten in der Cloud finden sich in den entsprechenden Texten der jeweiligen Kategorie.
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