EU-Kommission prüft Neuregelung der Urheberabgaben
McCreevy sieht das Forum als Einstieg in einen neuen Diskussionsprozess, um die Differenzen zwischen Künstlern und Verwertern auf der einen Seite und Geräteherstellern auf der anderen Seite zu überbrücken. Seit Jahren gibt es in der Angelegenheit Stellungskämpfe und keine Fortschritte.
Anfang des Jahres hatte die EU-Kommission eine Konsultation organisiert, die jedoch nicht zu Annäherungen geführt hat. Die 130 Antworten, die im Rahmen der Konsultation bei der EU-Kommission eingegangen waren, hätten gezeigt, so McCreevy, dass „der Streit weiter ginge und die beiden wichtigsten Gruppen von Akteuren auf ihren Positionen beharren“. Aus diesem Grund will McCreevy einen Neuanfang wagen. Er rief die Kontrahenten zu Kompromissbereitschaft auf. „Verwertungsgesellschaften und Gerätehersteller müssen eine gemeinsame Basis finden und vorankommen“, sagte McCreevy in Brüssel, als er seine Idee vorstellte, ein Verhandlungsforum einzurichten.
Forum als Ideengeber
McCreevy hat drei Punkte ausgemacht, mit denen sich das Forum wesentlich auseinandersetzen soll. Erstens will McCreevy das Free-Rider-Problem angehen. Unternehmen, die sich davor drücken, Urheberabgaben zu zahlen, ließen „ehrliche Unternehmen die Last der Zahlungen alleine schultern“. Zum Zweiten sollten „grundsätzliche Prinzipien für die Erhebung und Auszahlung der Urheberabgaben beim Export von Konsumelektronik von einem Mitgliedstaat in den anderen erarbeitet werden“. Und drittens wünscht sich McCreevy eine Antwort auf die Frage, „wie bei der Berechnung der Urheberabgaben zukünftige technologische Entwicklungen angemessen berücksichtigt werden können“.
In seiner Rede wies McCreevy ausdrücklich darauf hin, dass die eingesammelten Urheberabgaben nicht nur dazu dienten, „den wirtschaftlichen Schaden der Künstler auszugleichen, deren Werke kopiert werden“, sondern auch der Förderung junger Talente und der Altersversorgung älterer Künstler. Die meisten Verwertungsgesellschaften investieren einen Teil der von ihnen eingesammelten Urheberabgaben für soziale Zwecke und um Talente zu fördern. So gab die GEMA im vergangenen Jahr 10,7 Millionen Euro für „soziale Aufwendungen“ aus.
Tonträgerindustrie für Internet-Abgabe
Auf der Anhörung in Brüssel wurden die unterschiedlichen Positionen der Betroffenen noch einmal deutlich. Künstler und Verwertungsgesellschaften sprachen sich laut Intellectual Property Watch deutlich dafür aus, Urheberabgaben nicht nur beizubehalten, sondern auch auszuweiten. Der Vizepräsident der französischen Verwertungsgesellschaft SACEM, Thierry Desurmont, berichtete, dass französische Künstler „nur fünf Prozent ihres Einkommens aus den Urheberabgaben beziehen“. „Künstler und Autoren sind keinesfalls reich, wie manche Leute glauben“, so Desurmont. Er verwies darauf, dass die von SACEM eingesammelten Urheberabgaben seit 2003 von 150 Millionen auf 120 Millionen gesunken seien. Die Einnahmen aus den Urheberabgaben seien aber wichtig für die Künstler und Autoren „und sollten nicht unterminiert werden“.
Eine Gegenposition vertrat Irena Bednarich von Hewlett-Packard. Sie kritisierte die „Unklarheiten“ bei der Berechnung von Urheberabgaben, „die eine Menge Gerichtsverfahren mit sich bringen“. So seien zwischen 1999 und 2005 in Deutschland 85 Prozent aller festgelegten Urheberabgaben vor Gericht angefochten worden. Bednarich verwies auf Schätzungen, nach denen die Gerätehersteller mehr als drei Milliarden Euro Urheberabgaben zu zahlen hätten, wenn die Gerichte die Forderungen der Verwertungsgesellschaften bestätigen würden.
Der Sprecher der Recording Media Industry Association of Europe (RIAE), Joe Gote, monierte die europaweit herrschenden Unterschiede bei den Urheberabgaben, die zu einer „Marktverzerrung“ führen würden. Urheberabgaben auf Produkte „funktionieren nicht und werden nie funktionieren, da immer mehr Produkte grenzüberschreitend vertrieben werden“, so Gote. Die von ihm vorgeschlagene Lösung: Das bestehende Abgabenregime sollte aufgegeben werden. Stattdessen sollte eine Pauschalabgabe auf private Internetzugänge erhoben werden. Eine solche „Flatrate“ fordern Bürgerrechtler schon lange.
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