Frankreich: iTunes-Gesetz verstößt gegen Menschenrechte
Zu den vom Verfassungsrat für ungültig erklärten Bestandteilen des Gesetzes gehören die niedrigen Strafsätze für Filesharer und die Verpflichtung, DRM-Schnittstellen kostenlos für Konkurrenten offen zulegen. Mehr als 100 Abgeordnete der französischen Nationalversammlung hatten nach Verabschiedung des Gesetzes den Verfassungsrat zu dessen Überprüfung angerufen. Aufgabe der Verfassungsrat das ist es, Gesetze nach ihrer Verabschiedung und vor ihrer Unterzeichnung durch den Präsidenten auf Konformität mit der französischen Verfassung, der Deklaration der Menschenrechte und der Präambel zur Verfassung der Vierten Republik zu prüfen. Anders als das deutsche Verfassungsgericht kann der Verfassungsrat einmal erlassene Gesetze nicht mehr überprüfen.
Schutz des geistigen Eigentums hat Vorrang
Der Verfassungsrat begründete seine Entscheidung damit, dass das Gesetz in entscheidenden Passagen gegen den von der Verfassung und der Deklaration der Menschenrechte garantierten Eigentumsschutz verstoßen würde. Die niedrigen Strafsätze für Filesharer würden den Anspruch auf Schutz des geistigen Eigentums unterhöhlen. Auch dürften Anbieter proprietärer DRM-Systeme nicht dazu gezwungen werden, ohne finanzielle Kompensation Schnittstellen zu ihrer Technologie offenzulegen.
Kernbestimmungen des von der französischen Nationalversammlung und dem französischen Senat bereits verabschiedeten Gesetzes können somit nicht in Kraft treten. Der französische Gesetzgeber hat nunmehr entweder die Möglichkeit, das Gesetz mit den vom Verfassungsrat vorgenommenen Streichungen zu verabschieden, oder einen neuen Gesetzentwurf einzubringen. Mit dem Gesetz soll die EU-Urheberrechtsrichtlinie von 2001 in französisches Recht umgesetzt werden.
Gemischte Reaktionen
Die ersten Reaktionen auf die Entscheidung des Verfassungsrates fielen gemischt aus. Während die Rechteinhaber und Rechteverwerter die Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums begrüßten, äußerten Interessenvertreter der Filesharer Kritik. Jean-Baptiste Soufron von den Audionauten erklärte das französische zum „härtesten Internetgesetz, das weltweit verabschiedet wurde“. Lionel Thoumyre, Vertreter der Verwertungsgesellschaft Spedidam, sieht gar „Millionen Internetnutzer mit einem Bein im Gefängnis“.
Unter französischen Parlamentariern ist umstritten, wie das weitere Vorgehen aussehen soll. Während Abgeordnete der konservativen Regierungspartei UMP keine größeren Probleme mit dem vom Verfassungsrat gekürzten Gesetzestext haben, sehen insbesondere die Sozialisten dringenden Handlungsbedarf. Spätestens nach den Neuwahlen nächstes Jahr müsse wohl ein neues Gesetz her, zitiert Heise Online den sozialistischen Parlamentsabgeordneten Christian Paul. Der Verfassungsrat habe das Gesetz „inakzeptabel und unanwendbar“ gemacht.
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