Webschau Teil 2: Uploadfilter pro und kontra – und kein Ende in Sicht
Die EU-Urheberrechtsreform erhitzt die Gemüter – Befürworter und Gegner diskutieren leidenschaftlich, wie es weitergehen soll – leider nicht immer miteinander. Nach unserer ersten Webschau vergangene Woche, haben wir weitere Pro- und Kontra-Stellungnahmen, Aufrufe, Artikel und Kommentare im Netz gesammelt.
Aufrufe pro EU-Urheberrechtsreform
Impala, die Independent Music Companies Association, hat gemeinsam mit vielen europäischen Verbänden (viele Verwerterverbände, aber auch einige Urheberorganisationen) einen Aufruf unter dem Hashtag #Yes2copyright gestartet. Auf ihrer Webseite schreiben sie, dass es Zeit sei, die Urheberrechtsverordnung zu verabschieden, da sie auf der einen Seite einheitliche Wettbewerbsbedingungen für alle Beteiligten im Kreativsektor schaffe, gleichzeitig den Bürger*innen einen besseren Zugang zu Inhalten biete.
Die „Initiative Urheberrecht“ besteht aus 35 Verbänden und Gewerkschaften, die laut eigenen Angaben rund 140.000 Urheber*innen vertreten. Darunter sind etwa die Deutsche Journalisten Union (DJU), der Deutsche Künstlerbund und Verdi. Sie fordert ihre Mitglieder auf, an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu schreiben, dass sie für die Urheberrechtsrichtlinie stimmen. Dabei begrüßt die Initiative ausdrücklich, dass die großen Plattformen in die Haftung genommen werden. Uploadfilter sehen sie nicht als problematisch an, da es dafür Regelungen gebe.
Es geht um Haftung und Lizenzierungen
Der CDU-EU-Abgeordnete Sven Schulze hat in einem Kommentar für den MDR erklärt, wieso er für die Reform stimmen wird. Seiner Ansicht nach geht es bei Artikel 13 nicht um Uploadfilter, sondern darum, dass die großen Plattformen die Inhalte, die sie jetzt ohne die Urheber zu beteiligen zeigen, endlich lizenzieren. „Bislang wälzen die Konzerne die Haftungsfrage einfach auf die Nutzer ab, weshalb Upload-Filter im Übrigen längst zum Einsatz kommen.“ Artikel 13 abzulehnen heißt nicht, dass es keine Uploadfilter geben wird.
Micki Meuser, auf dessen Facebook-Post wir in der letzten Webschau schon hingewiesen haben, hat auf Welt.de noch einmal nachgelegt: „Dies [die Debatte über Uploadfilter] alles ist in großen Teilen Panikmache und Mobilmachung für die Profite von Silicon-Valley-Monopolen, die schon bei Steuern und Datenschutz in Europa außerhalb demokratischer Regeln agieren.“ Seiner Meinung nach sorgt der „umstrittene Artikel 13 […] in Wahrheit für mehr Gerechtigkeit“ und gibt den Kreativen endlich einen fairen Anteil an den Profiten durch Werbung und Datenhandel.
Aufrufe gegen die EU-Urheberrechtsreform
Aber auch die Gegner der EU-Urheberrechtsreform sind nicht untätig geblieben. In einem offenen Brief fordern Internetwirtschaft und zivilgesellschaftliche Organisationen – unter anderen der Verbraucherzentrale Bundesverband, Wikimedia Deutschland und der Chaos Computer Club – „die verpflichtende Einführung von Upload-Filtern zu verhindern“, wie es im Brief heißt: „Die freie Entfaltung und Kreativität im Rahmen der Ausnahmen (Schrankenregelungen) des Urheberrechts sowie die Vielfalt von Inhalten insgesamt im Internet wären bedroht. Den Uploads der Nutzerinnen und Nutzern würde eine Zensurinfrastruktur vorgeschaltet.“
Auch die Lehr- und Lernmaterialien-Plattform ZUM hat einen offenen Brief an die Abgeordneten des EU-Parlaments geschrieben, in dem sie diese auffordert, gegen die Reform zu stimmen. Sie würde eine zeitgemäße und offene Bildungsarbeit verhindern. Eine Haftung von Plattformbetreiber würde gerade kleinere Plattformen verunsichern, so dass diese im Zweifel ihren Betrieb einstellen müssten, da sie in der Regel ehrenamtlich arbeiten und sich Rechtstreitigkeiten nicht leisten können. Artikel 13 „würde den Betrieb und Bestand unseres Angebots gefährden“.
Heise berichtet, dass in Schleswig-Holstein der Landtag mit den Stimmen der mitregierenden CDU einen Antrag beschloss, in dem dieser seine Sorge bezüglich Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform artikuliert. Dessen Anforderungen könnten „Dienste nur durch Einrichtung von Upload-Filtern erfüllen“. Diese lehne der Landtag jedoch strikt ab, da sie „das Risiko einer automatisierten Zensur im Internet beinhalten“.
Die deutschsprachige Wikipedia wird am 21. März für 24 Stunden komplett abgeschaltet. Damit protestiert die Online-Enzyklopädie gegen die Einführung der umstrittenen Artikel 11 und 13. Die Wikipedia sei zwar ausgenommen, weil nicht-kommerziell, aber die Community setze sich für „ein insgesamt freies Netz ein“. Dabei protestiert die deutsche Wikipedia nicht nur gegen Artikel 13 und die Uploadfilter, sondern auch gegen das Leistungsschutzrecht für Presseverlegen, durch das auch kleinste Teile von Artikeln lizenzpflichtig werden könnten.
Fair Use ist notwendig
Im FAZ Einspruch Magazin schildert Anna K. Bernzen, wie Schüler auf die Regulierung des Netzes reagieren – größtenteils mit „total egal“. Artikel 13 scheint aber Emotionen hervorzurufen: „Damit werde die EU das Netz kaputtmachen“. Sie sieht ein grundsätzliches Problem: „Es mangelt auf breiter Front an Akzeptanz für das geltende Urheberrecht. […] Ein Recht, das großen Teilen der Bevölkerung „total egal“ ist, ja: so großen Widerstand hervorruft, kann auf lange Sicht keinen Bestand haben – auch und gerade, wenn der Gesetzgeber es mit immer rigideren technischen Mitteln durchzusetzen versucht.“ Daher sei eine Fair-Use-Regelung auch für Europa notwendig.
Wolfgang Tischer von literaturcafe.de kritisiert die Schriftsteller*innen, die die Urheberrechtsreform bejubeln und meinen, dass sie dadurch gerechter bezahlt werden würden. Tischer gibt zu bedenken, dass Autoren dann ihre eigenen Texte unter Umständen nicht mehr online stellen dürfen:
„So wie bei der GEMA gemeldete Musiker ihre eigenen Konzerte anmelden müssen (bzw. der Veranstalter), so werden künftig – geeignete Filter vorausgesetzt – auch Schriftsteller Ausschnitte aus ihren Texten oder Gedichte nicht mehr auf den Plattformen veröffentlichen können, wenn sie die Rechte an einen Verlag abgetreten haben. Die Filter würden ihnen eine unerlaubte Veröffentlichung von urheberrechtlich geschütztem Material attestieren.“
Das Argument mit dem Geld zählt seiner Meinung nach nicht – man solle endlich Steuerschlupflöcher stopfen, die die großen Konzerne nutzen und mit diesem Geld die Urheber bezahlen.
Was sagen Sie dazu?