Kopiervergütung: Vogel sieht Nachzahlung für Autoren gefährdet
Der Urheberrechtler Martin Vogel hat sich im Streit um das Geld der VG Wort erneut zu Wort gemeldet und fordert ein Eingreifen der zuständigen Aufsichtsbehörde, des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA). Das Amt müsse tätig werden, um eine „ordnungsgemäße und vollständige“ Verteilung der Vergütungen sicherzustellen, die den Autoren zustünden. Der Perlentaucher hat heute zwei Briefe Vogels an das DPMA veröffentlicht (PDF Nr. 1, PDF Nr. 2).
Vogels Klage gegen die VG Wort hatte dazu geführt, dass die Verwertungsgesellschaft nicht mehr pauschal Geld aus Kopiervergütungen an Verlage überweisen darf. Als Folge des BGH-Urteils vom April muss die Verwertungsgesellschaft nachträglich mehr Geld an Autoren überweisen und ihre Verteilungspläne ändern.
Doch auch bei dazu geplanten Änderungen gehe sie teilweise rechtswidrig vor, wirft Vogel nun der VG Wort vor. Die für eine Mitgliederversammlung im September geplanten Beschlüsse bärgen für Autoren unter anderem die Gefahr, „dass ihre Nachforderungsansprüche teilweise verjähren würden“ und Geld falsch verrechnet würde.
Zugleich bekräftigt Vogel in seinem Schreiben den Vorwurf einer „vorsätzlichen Fehlverteilung“ durch die VG-Wort-Funktionäre. Schreite die Behörde nicht ein, handele sie ebenfalls rechtswidrig und mache sich sogar der Beihilfe schuldig. Vogel hatte die Aufsichtsbehörde, der er eine „Nähe zu Verwertungsgesellschaften“ nachsagt, bereits mehrfach für Untätigkeit kritisiert. Derzeit tourt die VG Wort zusammen mit dem Deutschen Journalistenverband (DJV) und der Gewerkschaft Verdi durch deutsche Städte und lädt zu Veranstaltungen, auf denen über die Zukunft der Verwertungsgesellschaft informiert werden soll (PDF).
3 Kommentare
1 David Dambitsch, Journalist am 31. August, 2016 um 21:05
Als Urheber gilt Herrn Dr. Vogel mein uneingeschränkter Dank für seinen unermüdlichen Einsatz vs. VG Wort. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Vorstand der VG Wort kontinuierlich seit dessen Veröffentlichung die Meinung vertritt, dass ein BGH-Urteil keine Rechtswirkung hat. Die Argumente für den zweifelhaften “Verteilungsplan” zugunsten der Verleger werden auch durch großflächige Publikation nicht schlagender. Zu hoffen bleibt für mich als Urheber einzig, dass sich am Ende rechtsstaatliches Denken auch bei der VG Wort durchsetzt.
2 Kirsten Liese am 10. September, 2016 um 13:19
Ich schließe mich dem Dank an Herrn Vogel an, ihm gebührt das Bundesverdienstkreuz!
3 Michael Stein, Autor (Wissenschaft) am 14. September, 2016 um 23:37
Vogel ist zuzustimmen, während am 10.9 die (infolge Vogel’s Intervention beim DPMA?) weitgehend geänderte “Tischvorlage zu TO 2” des Vorstandes zu begutachten war. Fraglich aber bleibt, weshalb Vogel zur Verjhährungsfrage schweigt: Die VG Wort hatte eine Frankfurter Kanzlei mit der Klärung der Verjährungsfrage beauftragt. Das Ergebnis dieses Privatgutachtens hat Eingang in die den Mitgliedern am 10.9.2016 vorgelegten Beschlussvorlage gefunden: Rückforderungen an Verlage nur bis 2012. Indessen: Das rechtliche Umfeld wie es sich in dem hiesigen Klärungsprozess zur Frage der Rechtmäßigkeit einer Verlegerbeteiligung darstellt, stimmt etwa mit demjenigen Klärungsprozess überein, welchen dem BGH dazu veranlasst hat, darüber zu entscheiden, ob seine Rechtsprechung, in welcher er Rückforderungen infolge von unwirksam (§ 307 BGB) vereinbarten Kreditbearbeitunggebühren als rechtens beurteilt hat, dazu führen musste, dass der Verjährungsbeginn für nämliche Ansprüche deshalb erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen begann, weil zuvor einzelnen Darlehensnehmern die Erhebung einer Rückforderungsklage nicht zumutbar war (BGH, Urteil vom 28.10.2014, XI ZR 348/13, WM 2014, 2261: Beginn der der kenntnisunabhängigen Verjährung in Ansehung unklarer Rechtslage). Die Vergleichbarkeit der Situation (Hintergrund des Klärungsprozesses) liegt darin, dass im Falle des BGH (WM 2014, 2261) zunächst eine sichere Rechtslage deshalb anzunehmen war, weil die alte Rechtsprechung des BGH sogar die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgeltes von 2 % als zulässig ansah, sodann nach und nach anderslautende Urteile von Instanzgerichten ergingen und schließlich der BGH im Jahre 2014 die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgeltes gänzlich als unzulässig benachteiligende AGB beurteilte. In Sachen Verlegerbeteiligung ist die Klärungssituation eine Ähnliche: Zunächst bestand die Annahme, die VG Wort schütte rechtmäßig aus, sodann wurde die Rechtslage immer unklarer, um schließlich in 2015 (EuGH „Reprobel“) bzw. 2016 (BGH v. 21.4.2016, I ZR 198/13) geklärt zu werden. Der Beginn der Regelverjährung ist danach wegen Unkenntnis der Rechtslage (§ 199 Abs. 1 BGB) auch in Sachen „Verlegeranteil“ verschoben bis zum Jahr 2015 bzw. gar bis zum Jahr 2016. Bis Mitte des Jahres 2015 war es einem Urheber nicht ernstlich zuzumuten, „seine“ Verwertungsgesellschaft zu verklagen, weil die Gefahr diesen Prozess zu verlieren, als zu hoch einzuschätzen war. Als Mitte des Jahres 2015 die Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Chruz Villalón vom 11.6.2015 in der seinerzeit bei der vierten Kammer des EuGH anhängigen belgischen Vorlagesache C-572/13 – Hewlett-Packard Belgium SCRL bekannt gemacht worden sind, waren gute Erfolgsaussichten einer Klage von Urhebern gegen die VG Wort zu erkennen. Verjährt sind sonach nur solche Rückforderungsansprüche von Urhebern gegen VG Wort, bei denen – gerechnet vom Zeitpunkt ihrer Entstehung – innerhalb der absoluten kenntnisunabhängigen 10jähringen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind (vgl. etwa: BGH, WM 2014, 2261 Rn. 44). Umgekehrt gilt dies auch für die Ansprüche, welche die VG Wort nun gegen Verlage wegen ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen muss. Weshalb also hat Dr. Vogel im Rahmen seiner Beanstandung des ihm als Mitglied übersandten Beschlussentwurfes der VG Wort nicht auch die Verjhährungsfrage begründend beanstandet?
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