Urteil: Facebook darf Foto-Metadaten nicht löschen

Foto-Metadaten. Screenshot: Claus Hesseling
Facebook darf Informationen, die an hochgeladenen Fotos angebracht sind, nicht eigenmächtig löschen oder ändern: Der Fotografenverband Freelens weist auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg hin, das nun rechtskräftig ist. Das Urteil vom 9. Februar 2016 sei Facebook vor sechs Monaten in Dublin zugestellt worden, das Unternehmen habe keine weiteren Rechtsmittel eingelegt, teilt der Verband mit.
Der Verband unterstützte eine Klage seines Mitglieds Rainer Steußloff, um zu erreichen, dass Foto-Informationen nach dem IPTC-IIM-Standard auf der Plattform erhalten bleiben. Der Standard soll dazu dienen, Informationen wie Angaben über Urheber oder Rechteinhaber, Ort und Zeit, Bildbeschreibungen oder Kontaktdaten an der Bilddatei anzubringen, wenn sie ausgetauscht oder veröffentlicht werden.
Freelens berief sich auf eine Regelung im Urheberrecht, nach der „Informationen für die Rechtewahrnehmung“ nicht entfernt werden dürfen (Paragraf 95c), Facebook der Mitteilung zufolge unter anderem auf den Datenschutz. Auch iRights.info hat untersucht, wie Fotoplattformen mit Metadaten umgehen. Dabei zeigte sich, dass bei den meisten gängigen Diensten mehr oder weniger Informationen verloren gehen. Lediglich bei Flickr sah das Ergebnis anders aus.
Nun lässt sich gut warten, ob Facebook auf das Urteil reagieren sollte. Das Aktenzeichen lautet 308 O 48/15.
Update, 24.11.2016: Mittlerweile liegt auch der Urteilstext vor (Link entfernt). Auf Anfrage hat sich Facebook noch nicht zu seinem weiteren Vorgehen geäußert, aber versprochen, sich das Urteil anzusehen, so eine Sprecherin.
Update II, 25.11.2016: Das Landgericht hat offenbar eine fehlerhafte Version des Urteils übersandt. Wir tragen die richtige nach, sobald sie vorliegt.
Update III, 6.12.2016: Nun liegt eine korrigierte Version des Urteils (PDF) vor.
7 Kommentare
1 Schmunzelkunst am 20. November, 2016 um 18:07
Irgendwo – ich glaub bei Möhring/Nicolini – habe ich einmal gelesen, dass § 95c nur den “Schutz technischer Maßnahmen” gem. § 95a um den “Schutz der zur Rechtewahrnehmung erforderlichen Informationen” erweitert – was auch immer das heißen mag – und dass § 95c nur eine geringe praktische Bedeutung hat.
Wer z. B. einen Screenshot eines Bildes erstellt, darf diesen m. E. im Rahmen der Schrankenregelungen des UrhG (z.B. für ein Zitat) benutzen, ohne § 95 c beachten zu müssen. Außerdem glaub ich, dass Plattformen wie Facebook 95c in ihren Nutzungsbedingungen ganz leicht abbedingen können, wenn sie verstehen, was gemeint ist ;-).
Bei den vielen “m.e.’s” und “ich glaub’s” kann das hoffentlich jemand genauer erklären.
MfG
Johannes
2 David Pachali am 20. November, 2016 um 22:34
Mag sein, aber welchen Schluss ziehen Sie daraus?
3 Schmunzelkunst am 21. November, 2016 um 12:19
Wenn es irgendwie möglich sein sollte, würde ich als Plattformbetreiber versuchen, die Verpflichtungen lt. § 95c in meinen Nutzungsvereinbarungen abzubedingen. Das schafft Klarheit. Denn § 95c ist kompliziert und zum Teil sogar schwamming formuliert (“… dürfen nicht … wenn dem Handelnden bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass er dadurch die Verletzung von Urheberrechten oder verwandter Schutzrechte veranlasst, ermöglicht, erleichtert oder verschleiert”). Eine Verletzungshandlung ist anscheinend nur bei grober Fahrlässigkeit (vgl. Dreier/Schulze) gegeben, was ich bei Facebook nicht einmal unbedingt ausschließen will ;-).
4 nk am 21. November, 2016 um 14:32
Technisch betrachtet löscht Facebook die Daten nicht, sondern erzeugt neue, skalierte Bildinstanzen (bearbeitete Kopien), bei diesem Prozess müssten dann die Metadaten neu gesetzt werden. Ob das jetzt juristisch das gleiche ist, wäre dann wohl zu klären. Und technisch wäre die Frage interessant, ob alle Bildformate die selben Metadatanangaben erlauben, wenn FB also bspw. ein PNG in ein JPG überführt, es den Vorgaben überhaupt nachkommen kann.
5 David Pachali am 21. November, 2016 um 14:35
@Schmunzelkunst: Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Facebook ein eigenes Interesse an der Erhaltung von Metadaten entwickelt, wenn man die Sache im Kontext z.B von Initiativen wie Instant Articles und den Debatten über Fake-Inhalte sieht. Es wäre m.E. auch sinnvoll und muss ja nicht automatisch bedeuten, dass nun alle postenden Nutzer ihre Standortdaten veröffentlichen.
Dass ein einzelnes Urteil des LG Hamburg dafür ausreicht, dass daraus Code wird, ist wohl eher unwahrscheinlich. Wie weit sich da Verpflichtungen über Nutzungsbedingungen zulässig abbedingen lassen, ist für Facebook sicher nicht die dringendste Frage, sodass eine Anpassung der Terms wahrscheinlich nahe liegt.
6 David Pachali am 21. November, 2016 um 14:40
@nk: Flickr hat das Parsen übrigens hier mal (im Kontext von Encodings) beschrieben:
https://code.flickr.net/2010/01/08/a-chinese-puzzle-unicode-and-exif-metadata-parsing/
Fazit: „Computers: an exact science?”
7 The Real FreeLens am 24. Februar, 2017 um 11:37
Wie auch bei dem o. g. Versäumnis Urteil des Hamburger LG, besteht wohl die begründete Befürchtung besteht das einige Fotografen sich durch solche Urteile ermutigt sehen könnten in Deutschland Abmahnungen gegen die Blogger-Szene durchzuführen. In einem Artikel einer bekannten Frankfurter Zeitung ( Fotografen siegen vor Gericht … Facebook ) war zu lesen das weitere Fotografen nun Klagen könnten. Ob sich daraus eine gigantische Abmahnwelle entwickeln könnte wird sich in der Zukunft zeigen.
Passend zu dem hier heiß diskutierten Thema, wie sich sogenannte Fotografen eine mit Hilfe der Justiz eine Einnahmequelle erschaffen zeigt nun auch die aktuelle Diskussion mit Wikipedia und den CC-Lizenzen.
Was sagen Sie dazu?