Trotz dramatischer Artikel bislang keine Anzeichen für Facebook-Abmahnwelle

Foto: melenita2012, CC BY-SA
Gestern wurde die Nachricht bekannt, dass eine Facebook-Nutzerin abgemahnt wurde, weil sie einen Artikel auf bild.de bei Facebook geteilt hatte. Das dabei erzeugte Vorschaubild auf Facebook zeigte den Fußballspieler Marco Reus, der Rechteinhaber – offenbar der Fotograf des Bildes selber – verlange in der Abmahnung insgesamt mehr als 1000 Euro, weil das Vorschaubild Urheberrechte verletze, so jedenfalls die Schilderung der beteiligten Kanzlei WBS.
Es ist nicht der erste Bericht über Vorschau-Abmahnungen auf Facebook, aber nach Schilderung der Kanzlei eine besondere Konstellation: Die Nutzerin soll den Link in diesem Fall nicht über die Facebook-Website gepostet haben, sondern indem sie den „Teilen“-Button auf bild.de drückte. Dann liegt es allein am Seitenbetreiber und Facebook, ob ein Vorschaubild angezeigt wird.
Viele dramatische Schlagzeilen
Die Kanzlei malt hier bereits das Bild einer drohenden Abmahnwelle – ein Szenario, das diverse Medien aufgegriffen haben, wobei die Anwaltspost in den Artikeln teilweise zu einem „Urteil“ erhoben wird.
Vorsicht beim Anklicken des “Teilen”-Buttons von #Facebook – sonst winkt eine Abmahnung! http://t.co/vfxVx07G5T (wt) pic.twitter.com/xvK8kdGpzV
— stern (@sternde) 23. März 2015
Erste Abmahnung wegen Facebooks Share-Button: Wer teilt, macht sich haftbar http://t.co/HoGXQrb7gn
— MEEDIA (@MEEDIA) 23. März 2015
Rechtslage umstritten
Was stimmt: Tatsächlich liegen die Vorschaubilder auf Facebook zumindest im urheberrechtlichen Graubereich, nur ein Urteil des Landgerichts Frankfurt hat sich damit einmal beschäftigt, allerdings nur indirekt.
- Manche Juristen argumentieren, dass sie mit der Bildersuche bei Suchmaschinen vergleichbar – und damit unproblematisch – sind. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass Rechteinhaber nicht gegen Vorschaubilder vorgehen könnten, wenn allgemein bekannt ist, dass sie von den Plattformen erzeugt werden und sie technisch nichts dagegen unternehmen.
- Die Gegenposition lautet, dass auch Vorschaubilder jeweils einzeln erlaubt werden müssten – etwa, indem der Rechteinhaber es dem Website-Betreiber zusätzlich erlaubt hat, dass die Vorschaubilder beim Teilen auf Facebook angezeigt werden.
Bislang keine Abmahnwelle
Bislang gab es zwar immer wieder Warnungen vor neuen Abmahnwellen auf Facebook, eingetreten sind sie aber nicht – es blieb bei wenigen Fällen. Facebook-Nutzer im großen Stil abzumahnen, scheint für Kanzleien nicht zuletzt auch praktisch schwieriger umzusetzen als zum Beispiel bei Filesharing. Möglich bleibt natürlich trotzdem, dass weitere Rechteinhaber nun versuchen, mit ihren Forderungen durchzukommen.
Ob Gerichte sich ihnen anschließen werden, ist damit aber noch nicht gesagt. Schlupflöcher für Abmahnanwälte haben sich im Urheberrecht jedenfalls immer wieder aufgetan. Der Anwalt Carsten Ulbricht unternimmt in seinem Blog den „Versuch einer rechtlichen Aufklärung“ der Konstellation, Thomas Schwenke gibt weitere Hinweise vor allem für gewerbliche Seitenbetreiber, für die das Risiko höher liegt. Gerade hat auch Stefan Niggemeier einen Artikel veröffentlicht, der das ungeprüfte Weitertragen von Kanzleimitteilungen unter die Lupe nimmt.
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