Freihandels-Mathematik: TPP noch weit vom Konsens entfernt
In der Washington Post analysiert der Politikwissenschaftler Gabriel Michael von der George Washington University, wie der Verhandlungsstand beim Freihandelsabkommen TPP der Pazifikanrainerstaaten aussieht. Bemerkenswert ist sein Vorgehen: Mathematik. Mit einer Ähnlichkeitsstrukturanalyse arbeitet er Konsens und Dissens heraus, soweit die zuletzt bei Wikileaks öffentlich gemachten Dokumente darüber Aufschluss geben.
Die daraus resultierenden Graphen – oben der zum Kapitel über „geistige Eigentumsrechte” – lassen sich so lesen: Im Zentrum steht der Konsens, Abstände repräsentieren Differenzen. Hier zeigt sich: Australien und die USA stehen mit ihrer Position noch allein, während zwischen allen anderen beteiligten Staaten weitgehende Übereinstimmungen herrschen. Beim Urheberrecht geht es den Vereinigten Staaten unter anderem darum, die Schutzfristen auf einheitlich 70 Jahre anzuheben. Auf anderen Gebieten, etwa den Freihandels-Kernthemen Zölle, Exportquoten und Subventionen sieht das Bild wieder anders aus.
Michaels Analyse zeigt: Mit den optimistischen Verlautbarungen des US-Handelsbeauftragten (USTR) zum Abkommen ist es nicht weit her – und bestätigt damit auch Einschätzungen wie die von Knowledge Ecology International. Dass die Positionen der Beteiligten nicht übereinstimmen, ist bei einem solchen Abkommen natürlich nicht grundsätzlich überraschend – ohne Differenzen müsste man nicht verhandeln. Die Analyse Michaels zeigt aber auch, wo Bruchlinien zwischen den Beteiligten verlaufen, die – wie etwa die Geschichte des ACTA-Abkommens zeigt – dann aufbrechen können, wenn neue Faktoren ins Spiel kommen. Zwischen welchen Staaten sich dabei Allianzen ergeben könnten, hat Michael bereits in einem weiteren Beitrag herausgearbeitet.
Eingeschränkt wird die Aussagekraft von Michaels Analysen unter anderem dadurch, dass sie nur den letzten bekannten Stand als Momentaufnahme wiedergeben und damit bereits überholt sein könnten. Ohne die Leaks allerdings wüssten wir nicht mal von Momentaufnahmen der Verhandlungen.
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