EU-Länder wollen dem WIPO-Blindenvertrag beitreten
Wie Heise Online berichtet, wollen die EU-Mitgliedstaaten neun Monate nach Verabschiedung des „Blindenvertrags“ der Welturheberrechtsorganisation WIPO die internationale Übereinkunft unterzeichnen. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten hat demnach vergangene Woche den Beitritt auf den Weg gebracht. Die nun noch notwendige Einigung der Regierungsvertreter im Rahmen einer Plenarsitzung des EU-Rates gelte als Formsache.
Der im Juni vergangenen Jahres in Marrakesch geschlossene internationale WIPO-Blindenvertrag (PDF) erlaubt es, Bücher in für Blinde und Sehbehinderte lesbare Varianten zu überführen, ohne dafür bei den Rechteinhabern Lizenzen einholen zu müssen. Zudem enthält der Vertrag Regelungen, die den Export und den Import von barrierefreien Werken erlauben – dies nicht nur bestimmten Einrichtungenm sondern auch Individualpersonen, sofern sie unter den Kreis der Berechtigten fallen.
EU-Kommission hat Unterzeichnung empfohlen, Umsetzung entscheidend
Um in Kraft zu treten, muss der Marrakesch-Vertrag von mindestens zwanzig WIPO-Mitgliedsstaaten unterzeichnet werden. Dafür haben diese noch bis Ende Juni dieses Jahres Zeit. Laut Heise hatte die EU-Kommission bereits im Dezember empfohlen, den Vertrag zu unterzeichnen, worüber jedoch zunächst keine Einigkeit bei den Ländern herrschte. Aufgrund eines noch nicht öffentlich zugänglichen Kompromissansatzes, den die griechische Ratspräsidentschaft kürzlich vorgelegt hatte, sei die Unterzeichnung des WIPO-Vertrages nun akzeptabel und damit in greifbarer Nähe.
In der Folge stellt sich die Frage, welche Folgen die Unterzeichnung des WIPO-Vertrages in Deutschland haben wird. Kaya Köklü vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb schrieb in einer Analyse des WIPO-Blindenvertrags bei iRights.info:
Deutschland wird mit einer Ratifizierung des Marrakesch-Vertrages sein Urheberrechtsgesetz anpassen müssen. Als Ausgangspunkt bieten sich hierfür die Regelungen für behinderte Menschen in Paragraf 45a Urheberrechtsgesetz an, auch wenn die Vorschrift derzeit noch nicht zwischen verschiedenen Arten der Behinderung unterscheidet. Zu erweitern wäre die Vorschrift in jedem Fall um das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.
Köklü nahm als Beobachter an der Marrakesch-Konferenz teil.
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