Dokumentation „Digital Amnesia“: Die Flüchtigkeit digitaler Speicher

Mit der Digitalisierung ist es zum ersten Mal möglich, praktisch alle Informationen über die Vergangenheit zu speichern. Der Großteil der digitalen Inhalte und Daten wird aber wahrscheinlich schneller verschwunden sein, als die meisten heute glauben. Das ist der Ausgangspunkt der sehenswerten Dokumentation „Digital Amnesia“.
Die Dokumentarfilmerin Bregtje van der Haak folgt darin unter anderem den Spuren der US-Mondmissionen aus den 1960ern, deren Datenbänder heute von NASA-Ingenieuren digitalisiert werden – in einer verlassenen, zum Digitalisierungszentrum umgebauten McDonald’s-Filiale in Mountain View, Kalifornien. Der Film begleitet die Sammlungen der in Amsterdam aufgelösten, von Hollands Regierung für wertlos erachteten Bibliothek des dortigen Tropeninstituts nach Ägypten, wo die neue Bibliotheca Alexandrina sie in Obhut genommen hat.
Natürlich kommt Brewster Kahle zu Wort, der Gründer des Internet Archive, ebenso Alexander Rose von der leicht schräg wirkenden „Long Now Foundation“, die auf die Kurzlebigkeit digitaler Speichermedien mit Projekten wie dem Bau einer „10.000-Jahre-Uhr“ reagiert. Jason Scott stellt sein Archive Team vor, das Webportale mithilfe einer Software archiviert, die verteilt auf den Computern von Freiwilligen läuft – eine „Distributed Preservation of Service Attack“ (Scott). Ein 17-jähriger Nutzer namens „myh“ hält mit 647 Gigabyte an archivierten Daten den Rekord.
Scott sagt darin auch den einprägsamen Satz, dass wir es de facto in die Hände von „Kindern und Verrückten“ gelegt hätten, die digitale Geschichte zu erhalten, denn öffentliche Einrichtungen sind dazu kaum in der Lage. Dass dabei unter anderem urheberrechtliche Regelungen eine Rolle spielen, greift der Film nicht auf, die „digitale Amnesie“ erscheint eher als Ausdruck eines etwas diffus bleibenden Zeitgeists.
„Digital Amnesia“ lief kürzlich beim holländischen Sender VPRO und lässt sich in der englischen Version jetzt in voller Länge online anschauen. Was man auch tun sollte.
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