Verbraucherschützer wollen „Abmahn-Abzocke“ stoppen
“Im Urheberrecht müssen Verbraucher besser vor Abmahn-Abzocke geschützt werden”, begründete der VZBV am Dienstag seine Initiative. Bei Verstößen dürfe die erste Abmahnung den privaten Verbraucher maximal 100 Euro kosten. Obwohl das Urheberrechtsgesetz seit 2008 eine solche Kostendeckelung unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht, fallen die Abmahngebühren in der Praxis laut VZBV meist deutlich höher aus. Anwälte und Rechteinhaber verlangten oft Summen von mehr als 1.000 Euro.
Durchschnittlich würden im Rahmen eines für die Verbraucher nur scheinbar günstigen Vergleichsvorschlags Forderungen von 800 Euro geltend gemacht. “Die derzeitige Regelung enthält zu viele Schlupflöcher und kann die Abmahnindustrie nicht stoppen“, so die VZBV-Expertin Cornelia Tausch.
„Lukratives Geschäftsmodell”
Es gehe dem VZBV nicht darum, Rechtsverstöße zu bagatellisieren, so Tausch. “Aber es drängt sich der Eindruck auf, dass Rechteinhaber und Anwälte Abmahnungen als lukratives Geschäftsmodell entdeckt haben.” Der VZBV hat ein Positionspapier zu “Abmahnungen im Urheberrecht” erarbeitet. Der VZBV fordert, die Kostenbegrenzung müsse speziell für Personen gelten, die die Rechtsverletzung selbst nicht begangen haben, aber als sogenannter Störer haften. Gemeint sind beispielsweise Eltern, deren Kinder Musiktitel illegal ins Netz stellen.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte Ende 2011 in der Rede “Das Recht in der digitalen Welt” angekündigt, einen Gesetzentwurf gegen den “ausufernden Abmahnmissbrauch” vorzulegen. “Der eigentliche Zweck der Abmahnungen, nämlich berechtigte Interessen von Rechteinhabern bereits außerhalb von Gerichtsverfahren einfordern zu können, scheint angesichts von jährlich 700.000 Abmahnungen gegen Urheberrechtverletzungen und anwaltlichen Geschäftsmodellen, die allein auf die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern ausgerichtet sind, grundsätzlich in Frage gestellt”, so die Ministerin.
Wann ist der Urheberrechtsverstoß gewerblich?
Die Verbraucherschützer kritisieren, dass in vielen Fällen private und nicht-kommerzielle Verstöße, etwa das Einstellen eines einzelnen Films oder eines einzelnen Musikabulms in eine Tauschbörse, als “gewerblich” gewertet werden, was die hohen Abmahngebühren ermögliche. “Der Begriff des `gewerblichen Ausmaßes` muss durch eine klare und unmissverständliche Formulierung konkretisiert werden, die ausschließt, dass Handlungen zu privaten Zwecken von Verbrauchern ohne Gewinn- oder Einnahmeerzielungsabsicht unter den Begriff des `gewerblichen Ausmaßes` fallen”, so die Forderung des VZBV. Nach bisheriger Rechtsprechung sei es unerheblich, ob jemand als Privatperson beziehungsweise “normaler Verbraucher” handelt oder als Mitglied einer kommerziell agierenden Piratenplattform. Die vom VZBV in Auftrag gegebene Studie “Verbraucherschutz im Urheberrecht” (April 2011) beleuchtet die rechtlichen Hintergründe.
Die breite Auslegung des Begiffs “gewerbliches Ausmaß” führt dem VZBV zufolge auch zu “massenhaften Auskünften auf der Basis richterlicher Beschlüsse”. So würden bei deutschen Internetzugangsprovidern monatlich etwa 300.000 IP-Adressauskünfte von Anschlussinhabern erfragt.
Ein Millionengeschäft
Der Verein gegen den Abmahnwahn e.V hat jüngst eine Jahresstatistik 2011 zum Filesharing-Abmahnwesen in Deutschland veröffentlicht. Der Verein zählte im vergangenen Jahr rund 220.000 Abmahnungen wegen Filesharing mit einem Gesamtumsatz von etwa 165 Millionen Euro.
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